Seit einiger Zeit treffen sich alle paar Monate insgesamt rund 40 Schüler Risto Kiiskiläs irgendwo in Deutschland zu einem Workshop zum Thema "dynamisches Karate". Zum ersten Mal war jetzt auch ich dabei - bin heute früh rund 270 km nach Rotenburg/Fulda gefahren und nach dem Training wieder zurück. Dazwischen gab es rund sechs Stunden Training bei Andreas Einecker (Freiburg), Jens "Skrupi" Skarupski (Kamenz) und Jürgen Mosler (Berlin).
Das erste Trainingsdrittel leitete Andreas. Zu Beginn gab es reichlich Hampelmänner zum Aufwärmen - nur Spaaaß! ;-) Natürlich wärmten wir uns mit karatespezifischen Bewegungen auf: Es gab zahlreiche Fußwischer und Wechselschritte im Kreis. Dann ging es auch schon los mit dem Schwerpunkt des Lehrgangs: der von Risto Kiiskilä entwickelten Halbfreikampf-Kata Hokkyokuko ("Polarlicht"). Der Ablauf wurde vorausgesetzt und wir arbeiteten an den Feinheiten und an der Umsetzung der Kata im Partnertraining.
Hm. Das hört sich zunächst mal an nach einem klassischen Karatelehrgang mit drei verschiedenen Trainern. Ganz dasselbe war es aber nicht. Basiert ein "normaler" Lehrgang eher auf einer Art Frontalunterricht, während dem die Trainingsteilnehmer die Klappe zu halten und schlicht und ergreifend miteinander zu üben haben, war hier ein gegenseitiges Feedback nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Und dies war umso wertvoller, als sich auch unter den Trainierenden einige Karatecracks befanden, deren berechtigte Kritik (nicht nur) bei mir so einige Baustellen offenbarten.....
Die zweite Einheit leitete nach einer Viertelstunde Pause Skrupi. Er hatte vor, mit uns die gesamte Hokkyokuko in der Anwendung durchzugehen. Tatsächlich reichte es allerdings nur für die Hälfte der Kata. Nun, wenn ich bedenke, dass der Erfinder des "Polarlichts" sich selbst drei Trainingseinheiten dafür Zeit nimmt, die Kata den Gruppen zu vermitteln, war das tatsächlich ein sehr ehrgeiziges Ziel! Aber im Grunde kam es auch nicht darauf an, alles vollständig "durchzuspielen" - letztlich war die Idee der Trainingseinheit, der Gruppe dynamische Bewegungsabläufe zu vermitteln, die vom "Standard" abweichen. Skrupi wandelte hierzu die den meisten von uns von zahlreichen Trainingscamps unter der Leitung von Sensei Risto Kiiskilä bekannten Kombinationen etwas ab. Selbst alte Karate-Hasen hatten an diesen Übungen ganz schön zu "knacken"! Aber nach einer Weile funktionierte alles etwas besser.
Ich muss sagen, dass diese zweite Einheit von der Intensität her ein sehr hohes Level hatte! Während ich mich vielleicht in der Einheit bei Andreas physisch etwas zu sehr verausgabt hatte, ging es jetzt von der Konzentration her definitiv an meine Grenzen. Das lag zum Einen an den anspruchsvollen Kombinationen und zum Anderen auch daran, dass ich einfach in den letzten 20 Minuten schrecklichen Durst hatte! Aber das hatten sicher alle und warum sollte ausgerechnet ich mir die Freiheit herausnehmen, schnell etwas trinken zu gehen? Meine Trainingspartnerin Nicole Salama und ich spekulierten schon, wie lange die Einheit noch dauern möge, wo wir doch grade erst knapp die Hälfte durchgearbeitete hatten....als Skrupi dann auch schon "Yame" sagte.
"20 Minuten Pause", wurden uns in Aussicht gestellt. Danach ging es in die letzte Runde. Wohl wissend um unseren Erschöpfungszustand gab es unter Jürgens Anleitung ein Training zum Auspowern: Partnertraining mit Schlagkissen und hier in erster Linie Mawashi-Tsuki und Kage-Tsuki. Diese beiden wurden eingebunden in Partnerübungen: Tori greift Uke an den Kragen (alternativ: Angriff Tsuki), Uke blockt den Arm rechts zurück mit Osae-Uke (ähnlich wie zu Beginn der Kata Jitte) und Konter mit dem Arm, der auch geblockt hatte und zwar entweder mit Mawashi-Tsuki oder Kage-Tsuki (je nachdem, mit welcher Seite angegriffen wurde). Beim Mawashi-Tsuki galt es, darauf zu achten, dass "die Schulter zuerst" schlägt und der Schlag von oben kommt. Wir übten das in zahlreichen Varianten und mal mit, mal ohne Pratze. Mir persönlich machte das einen Riesenspaß, vor allem, wenn ich mal so richtig zulangen konnte ;-) Die Trainingspartner schonten uns Mädels (ganze drei an der Zahl, neben Nicole und mir noch Caro aus Jena) wahrlich nicht, passten ihre Schlagstärke aber schon nach Rücksprache mit uns an unsere "Nehmerqualitäten" an. Ein- oder zweimal dachte ich kurz, meinen Brustschutz habe das Zeitliche gesegnet, aber nach eingehender Prüfung erwies sich diese Sorge als unbegründet ;-)
Gegen 17 Uhr war dann plötzlich auch diese Einheit vorbei. Und ich war doch grade so schön mittendrin! :-) Das war gut geplant, zum Ende des Lehrgangs keine komplizierten "Denksportaufgaben" aufzugeben, und uns nur noch powern zu lassen!
Nach dem Duschen und dem ein- oder anderen Kaltgetränk oder Kaffee gab es dann noch eine eingehende Video-Analyse. Hier ging es jetzt weniger darum, einzelne Trainingsteilnehmer "vorzuführen" oder zu korrigieren, sondern eher darum, worauf beim nächsten Training noch mehr geachtet werden müsse. Ich hörte heraus, dass es bei einem vorangegangenen Workshop dieser Art den ein- oder anderen Kritikpunkt am Trainingsaufbau gegeben habe - auch das ist wohl ein großer Unterschied an einem herkömmlichen Training bzw. Lehrgang - welcher Trainer bittet sonst schon aufrichtig um ein Feedback? Wie auch immer - diesmal gab es keine Kritik, die Einheiten schienen gut aufeinander abgestimmt zu sein.
Leider musste ich schon vor Ende der Analyse fahren. Ich habe mir darum nur zu einem Teil davon Notizen machen können. Aber ich habe auch so zahlreiche neue Impulse für die nächsten Trainingseinheiten bekommen! Für mich war es ein sehr wichtiger Lehrgang - und ich würde mich sehr freuen, wenn ich noch einige Male an einem Workshop der Gefährten teilnehmen kann. :-)
Samstag, 21. April 2012
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