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Freitag, 27. Mai 2016

Das Ego stibt auf dem Kissen

Meditation im Jugendkloster Bottrop Kirchhellen


Am Donnerstag, den 26.05.2016 (Fronleichnam) veranstalteten wir wieder eine Zen-Meditation im Jugendkloster Bottrop Kirchhellen. Neben Ines, Matthes und mir fuhren weitere 7 Fujis & friends mit nach Bottrop, um dort fünf Stunden lang zu sitzen und zu schweigen; „zu sitzen“ deshalb, weil die Meditation überwiegend sitzend – z. B. auf einem Kissen, auf einem Meditationsbänkchen oder auch auf einem Stuhl – abgehalten wird. Aber es gibt auch Meditation im Schreiten, Kinhin genannt oder auch im Liegen.


Klostergarten - Foto: M.Elzinga

Wir wurden durch unsere liebenswerte und geduldige Zen-Lehrerin Katharina Gaßmann durch alle drei Meditationsformen geführt, wobei wir erstmals das Kinhin auch im schönen Klostergarten praktizierten. Die Meditation erfolgt meist schweigend und in einer bestimmten Position verharrend. Herumrutschen auf dem Bänkchen oder Stuhl sollte vermieden werden, auch wenn die gewählte Position nach einer Weile unbequem erscheint. „Wenn es irgendwo zwickt oder der Körper sich sonst wie meldet, dann ist das vermutlich nur Euer Ego, das um Aufmerksamkeit bettelt“, so Katharina bei einer Meditations-Einführung in den vergangenen Jahren. Wir sollten also versuchen, in den Phasen der stillen Meditation, eventuelle „Störsignale“ des Körpers oder der Außenwelt zu ignorieren bzw. sie wahrzunehmen, ihnen aber keine Bedeutung zuzumessen. Um zu seinem inneren Ich zu gelangen, so Katharina, müsse man lernen, das Ego auszublenden. Was wie ein Widerspruch scheint, hat bei genauerer Betrachtung seine Berechtigung: Wir sollen üben, Gedanken wie „ich will“, „ich muss“ oder „ich möchte“ außer Acht zu lassen und uns für die Dauer der Meditation nur auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren. Gedanken, die uns dabei in den Kopf kommen, sollen wir ziehen lassen, vielleicht kurz betrachten, aber nicht weiter verfolgen. „Es ist wie im Kino: Stellt Euch vor, die Gedanken tauchten auf der Leinwand auf. Ihr könnt sie ansehen, aber ihr seid keine Schauspieler in dem Film, ihr spielt nicht mit.“ Auf diese Weise und durch andere Gleichnisse und Metaphern wurden wir regelmäßig erinnert, uns wirklich nur auf diese beiden Momente im Hier und Jetzt zu konzentrieren: Einatmen. Ausatmen.
Sorgen, Ängste, Bedürfnisse – all dies könnten wir schließlich mit ausreichender Übung hinter uns lassen, denn: „Das Ego stirbt auf dem Kissen.“


Foto: M.Elzinga


 „Wo bist Du mit Deinen Gedanken?“, rief Katharina gelegentlich in den Raum hinein. Und wie schön war es für mich an diesem Tag, dass ich durch diese Erinnerung tatsächlich nicht aus irgendwelchen Gedankengängen gerissen wurde! Tatsächlich war es mir diesmal gelungen, mein Sein auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren. „Wir sind im Alltag viel zu hektisch und meinen, immer alles auf einmal machen zu müssen. Das sorgt für innere Unruhe. Versucht einmal, auch im Alltag eins nach dem anderen zu tun. Man kann im Grunde nicht mehrere Sachen gleichzeitig machen – das ist genauso wie beim Ein- und Ausatmen. Auch hier geht immer nur eines von beidem zur selben Zeit!


Ich lernte Katharina im Jahr 2008 auf einer Zugfahrt nach München kennen. Wir kamen ins Gespräch und waren uns sofort sympathisch! Wir tauschten Kontaktdaten aus und vereinbarten seit diesem Tag zweimal jährlich Meditationstermine mit Karateka und Freunden in Bottrop.  All die Jahre hatte ich die Meditation als Aufgabe empfunden, als Disziplinierung für mich und meinen umtriebigen Geist. Anders als die meisten Teilnehmenden konnte ich bei den Abschluss-Gesprächsrunden nicht von „tiefer Stille“ berichten, die mich umfasst hatte oder von einem „unglaublich schönen Gefühl“. Ich war meist einfach nur frustriert, weil es mir nie gelungen war, hier zu „funktionieren“. Beim vorletzten Termin im November 2015 hatte ich dann endlich einen Weg eingeschlagen, der mir ein bisschen so etwas wie inneren Frieden gab – ich war nicht mehr so ärgerlich auf mich selbst, sondern schaffte es, über mich zu lächeln, weil ich meine Gedanken, mein Ego offenbar immer noch nicht im Griff hatte.  Und an Christi Himmelfahrt war es dann tatsächlich so weit: Bei den letzten beiden Sitzungen vor der Heimfahrt spürte ich das zwicken im Rücken, das Drängen meines „Ego“ nach einer bequemeren Körperhaltung, Das Flüstern der inneren Stimme: “Komm, las gut sein, jetzt, mach’s Dir bequem, lass die Gedanken fliegen!“ Da lächelte mein Ich, streichelte das Ego kurz und schickte es wieder in seine Ecke. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Ich war fast enttäuscht, als die Meditation beendet war und freute mich unglaublich über das belebende und befreiende Gefühl, das mich noch den Rest des Tages begleitete.

Die nächste Meditation ist für November geplant. Wer gerne noch dabei sein möchte, ist herzlich eingeladen.

Montag, 23. November 2015

Zen Meditation im Jugendkloster Bottrop Kirchhellen

Am 22.11.2015 folgte ich mit einigen Fujis und Gästen der Einladung meiner Freundin Katharina Gaßmann in das Jugendkloster Bottrop Kirchhellen. Katharina und ich haben uns vor einigen Jahren (es muss Januar 2008 gewesen sein) bei einer zufälligen Begegnung im Zug nach München kennen gelernt. Als sie mir damals berichtete, dass sie Zen Lehrerin sei, war mir sofort klar, dass wir uns nicht mehr aus den Augen verlieren durften! In den Folgejahren wurde die ein- bis zweimal im Jahr stattfindende Zen-Meditation in Bottrop zu einer schönen Tradition für mich und viele andere.

Wer glaubt, dass es sich bei der Zen-Meditation um reine Entspannung handelt, geht fehl!  Das „Sitzen“ im Zen bedeutet für mich vollständige Konzentration auf das Loslassen aller Gedanken und Befindlichkeiten. In unserem hektischen Alltag sind viele von uns es gewohnt, ständig mit den Gedanken irgendwo anders zu sein, nur nicht bei dem, was wir grade tun, nicht im „Hier und Jetzt“. Wenn wir essen, lesen wir gleichzeitig in der Zeitung oder sehen fern. Beim Autofahren wird Radio gehört oder gegessen und getrunken. Beim Joggen lenken wir uns durch Musik ab. Beim Spazierengehen unterhalten wir uns. Beim Geschirrspülen überlegen wir schon, was wir gleich einkaufen etc. pp. Das alles lässt sich meist gar nicht verhindern, wenn wir zielgerichtet und effizient durch den Alltag  kommen wollen. Allerdings ist es wichtig, gelegentlich aus diesem Gedankenkreisel auszusteigen, um Ruhe zu finden. Andernfalls kann dies zu Schlaflosigkeit, fehlender Entspannung und unzureichender Regeneration führen und auf Dauer zu großer Unzufriedenheit . Ich bin keine Ärztin, meine aber behaupten zu können, dass dieses Gehetztsein auch (psychosomatische) Erkrankungen fördern kann.

Gedanken loslassen, also. Katharina kennt mich und weiß, wie schwer grade mir das fällt! Dennoch nimmt sie auch mich immer wieder liebevoll und mit nachsichtigem Lächeln in die Meditationsrunde auf. Die Meditation findet in der beschaulichen und stimmungsvollen Atmosphäre eines Bewegungsraums in der Anlage des Jugendklosters Bottrop Kirchhellen statt. Jede/r von uns sucht sich zu Beginn einen schönen Platz aus. Es ist dabei gar nicht so unwichtig, wie man sich auf Stuhl, Meditationskissen oder –bänkchen platziert! Ich hatte mich z. B. beim letzten Mal zunächst eine Zeit lang so ausgerichtet, dass ich mit halb geöffneten Augen immer ein „halbes Fenster“ und eine „halbe Gardine“ vor mir hatte. Menschen, denen das Meditieren leicht fällt, nehmen die äußeren Umstände vielleicht gar nicht mehr wahr, aber mich hat dieser Anblick so durcheinander gebracht, dass ich mich erst ein Stück weiter nach rechts setzen musste, wo ich vor eine leere Wand blicken konnte.

Da „die Münsteraner“ nicht zu Katharinas wöchentlichen Meditationsteilnehmer/inne/n gehören, werden wir meist behutsam durch die Meditationen geführt und wenn wir dabei sind, gestaltet sie die Sitz- und Schweigephasen vermutlich recht kurz: Katharina und die Menschen aus ihrer regulären Meditationsgruppe nehmen nämlich regelmäßig an mehrtägigen Meditationsveranstaltungen teil und dort wird meist mehrere Stunden am Stück gesessen und geschwiegen.

Für mich persönlich ist die Art und Weise, wie wir bei Katharina meditieren, auch so schon sehr anstrengend: Wir sitzen schweigend – entweder mit geschlossenen oder halb geöffneten Augen – und versuchen, nicht an Gedanken festzuhalten. Dies gelingt am Besten, wenn man sich auf das Ein- und Ausatmen konzentriert. Wir Karateka kennen das ja schon von unserer Kurzmeditation am Anfang und Ende jeder Trainingseinheit. Während wir aber in unserem Dojo nur kurz „versinken“, soll es im Kloster über eine längere Zeit gelingen. Das klingt so einfach und ist doch so schwer! Ich helfe mir, in dem ich z. B. zehn Atemzüge zähle – und dann wieder von vorne beginne. Auch das liest sich vermutlich viel einfacher, als es ist. Denn meist klopft  bereits nach kurzer Zeit wieder der ein oder andere Gedanke an und schiebt sich in das Bewusstsein. Oder mein Rücken, den wir ja bei der Meditation aufrecht halten sollen, meldet sich und quengelt nach einer Pause.  Manchmal begehrt auch das innere Kind in mir auf und fragt: „Boah, wie lange denn noch?“ Oder ein pubertierender Trotz kommt auf: „Schei.... auf Ein- und Ausatmen – die Gedanken sind schließlich frei, oder? Also kann ich denken, wann und was ich will!“ „Das ist das Ego,“ so Katharina. "Das Ego spielt sich auf, drängt sich in den Vordergrund und will Aufmerksamkeit. Wenn wir loslassen wollen, müssten wir lernen, das Ego auszuschalten." Bei unserer ersten Meditation vor einigen Jahren formulierte sie das sehr eindrucksvoll mit der Aussage: „Das Ego stirbt auf dem Kissen.“

Sehr dankbar bin ich Katharina dafür, dass wir nicht nur im Sitzen meditieren, sondern auch im Schreiten. Kinhin nennt sich diese Meditationsform, bei der man sehr bewusst immer einen Fuß vor den anderen setzt und so unzählige Kreise um den Sitzkreis herum zieht. Auch eine Entspannungsmediation im Liegen wurde durchgeführt, bei der ich aber leider gnadenlos eingeschlafen bin! Wer mag, kann in der etwa halbstündigen Pause schweigend oder sich leise unterhaltend durch den Klostergarten schreiten und sich bei Obst und Tee stärken. Dann geht es auf zur zweiten Runde. Und wieder gibt es nur das Sitzen oder Schreiten und vor allem das Schweigen.

„Wo bist Du mit Deinen Gedanken?“ klingt es plötzlich mahnend in die Stille hinein. Und wieder fühle ich mich von Katharina erwischt wie ein kleines Kind am Honigtopf! Natürlich war ich grade in diesem Moment wieder mit den Gedanken irgendwoanders! Aber Katharinas Stimme holt mich zurück in die Gegenwart und lässt mich wieder bewusst ein- und ausatmen!


Zum Abschluss des Tages reflektieren wir in der Gruppe über das Erlebte. Ich bin dann immer ganz beruhigt, dass nur wenige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von wirklich erhabenen Erlebnissen berichten wie:"Ich habe total die Zeit vergessen!" Oder:"Ich fühlte, wie alle Anspannung von mir abfiel." Bei den ersten Meditationstreffen war ich enttäuscht, weil  mir das Stillsitzen und Abschalten so schwer fiel! Ich hatte mich anfangs immer noch über mich selbst geärgert – es wollte mir einfach nicht gelingen, meine Gedanken auszublenden! Mittlerweile bin ich immerhin schon in dieser Hinsicht gelassener geworden: Ich kann inzwischen nachsichtig über mich und meinen unruhigen Geist lächeln und setze dann, wenn ich merke, dass ich die Ruhe verloren habe, einfach wieder neu an. Einatmen und Ausatmen. Mehr ist es nicht. Und es ist doch so viel.