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Montag, 2. Juni 2025

JKA-Standardisierung beim KATA-Spezial 2025 - es geht nicht nur um KATA ....


KATA Spezial 2025 transportiert JKA-Standards

Das KATA-Spezial 2025 stand unter dem Stern der JKA-Standardisierung. Im DJKB wurde mit Rücksicht auf unseren SHIHAN Ochi bisher weitgehend auf die Umsetzung der aktuellen JKA-Standards verzichtet. Dies ist einerseits nachvollziehbar - andererseits bedauerlich und oftmals auch verwirrend. Denn speziell die auf unseren Großveranstaltungen eingeladenen JKA-Instrucor*innen vermitteln bereits seit vielen Jahren KARATE im Rahmen der JKA-Standardisierung. Werden auf Lehrgängen konkrete Details erklärt, sorgt dies zuweilen für Widerspruch oder Unverständnis. Ich erinnere mich an ein Ereignis beim GASSHUKU 2016 in Konstanz: Hirayama SENSEI erklärte die BASSAI DAI mit einer extra Zählzeit beim KOSHI GAMAE vor dem ersten YAMA TSUKI. Es kam die Frage aus der Riege der Trainierenden: "Seit wann wird dass denn so gemacht?" - Hirayama SENSEI reagierte irritiert: "Schon immer!" (fairerweise muss man sagen, dass selbst Ochi SENSEI diese Extra-Zählzeit berücksichtigt). 

KATA richtig zählen

Jede KATA hat also eine festgelegte Anzahl gezählter Bewegungen und jeder Bewegung ist eine bestimmte Zählzeit zugeordnet. Die Trainings beim Czech GASSHUKU sind durchgehend an den JKA-Vorgaben orientiert. Daher haben wir in der Schwarzgurt-Trainingsgruppe dort bereits intensiv geübt, verschiedene KATA entsprechend der Vorgaben zu zählen. Man zählt dabei die Bewegungen von eins bis zehn und beginnt dann wieder bei eins. Die KATA HEIAN SHODAN umfasst auf diese Weise 21 Zählzeiten, HEIAN NIDAN  26, HEIAN SANDAN 20, ... BASSAI DAI 42 ... CHINTE 32 und so weiter. Auch die Positionen der KIAI müssen dann natürlich auf bestimmten Zählzeiten liegen - bei HEIAN SHODAN beispielsweise immer genau auf 9 und 17. All das sind keine neuen "Erfindungen" und nicht einer "Mode" geschuldet - werden im DJKB aber selten angewandt. Richtig "neu" ist dieser Standard jedoch nicht: Ich erinnere mich an einen Lehrgang mit Shirai SHIHAN in 2011, den Torsten und ich in Braunschweig besucht hatten. Dort hieß es plötzlich: "So, nun BUNKAI GOJUSHIHOSHO - Techniken 28 bis 34." Alle Shirai-Schüler*innen legten fleißig los, während Torsten und mir die KATA-Zählweise damals noch komplett unbekannt war und mit großen Fragezeichen im Kopf wie dumm da standen! Das war für uns eine ganz neue Trainingswelt. 

KIAI können wandern oder entfallen

Ein KARATEKA aus einem anderen Münsteraner Dojo äußerte sich in einer Trainingspause des diesjährigen GASSHUKU irritiert über die Verschiebung der KIAI in der Kata CHINTE, auf die Toribio Sensei hingewiesen hatte. Tatsächlich hat Toribio Sensei die neuen Standars ausführlich erklärt und auch die standardisierte Zählweise berücksichtigt. Um die Akzeptanz der Standards zu erhöhen, macht es Sinn, möglichst auch noch die Hintergründe der Änderungen zu nennen. Das Aufheben des ersten KIAI bei der CHINTE an der ursprünglichen Stelle geschah meines Wissens nach, weil die Technik nur über eine sehr kurze KIME-Phase verfügt, da sofort danach eine 180-Grad-Wendung erfolgt. Ähnlich verlief es bei der KATA MEIKYO, die aktuell nur noch über ein KIAI verfügt. 

Es geht nicht nur um KATA

Aber es geht nicht nur um KATA-Feinheiten: Auch die Art Ausführung der einzelnen Techniken ist von der JKA vorgegeben. Die Ausholbewegung zum MANJI UKE wird beispielsweise  seit vielen Jahren so unterrichtet, dass sie mit geöffneten Handflächen erfolgt. KATA sind kein Selbstzweck, sondern eine Trainingsmethode, durch die wir Techniken wiederholt üben und durch die sich eine Routine einschleifen soll. MANJI UKE wird daher selbstverständlich nicht nur in KATA so ausgeführt, sondern auch im normalen KIHON Training. Und es muss bereits 2012 gewesen sein, als Ogata SENSEI auf dem GASSHUKU in Konstanz erklärte, das hintere Bein müsse im ZENKUTSU DACHI bei der Hüft-Stellung "HANMI" leicht gebeugt sein - und nicht grade durchgestreckt. Inzwischen ist die durch die leichte Bein-Beugung erzeugte Vorspannung bei der HANMI-Poisiton  allseits bekannt. 

Auch bestimmte Bewegungsmuster wie "Vorgehen ohne Stoppen am Standbein" oder Ausweichen mit "Belasten und Benutzen" - die z.B. auch Risto Kiiskilä seit vielen Jahren vermittelt, gehören zum JKA-Standard. Es geht im KARATE ja nicht nur darum, irgendwann in einer bestimmten Position zu "stehen" (z.B. ZENKUTSU DACHI mit AGE UKE) - mindestens genauso wichtig ist die Frage, wie man in diese Position gelangt, wie man sich allgemein bewegt. 

Irrtümer durch traditionelle BUDO-Lehrweise und Übersetzungsfehler

Aber wie kann das kommen, dass die Regeln der JKA (noch) nicht weltweit gelten? Zunächst mag vielen Dojo-Leitenden die direkte Anbindung zum JKA-Headquater fehlen. KARATE-Fortbildungen in Japan sind kostspielig und zeitaufwändig, so dass es auch für die meisten DOJO-SENSEI ein Traum bleiben wird, direkt an der Quelle unseres KARATE-Wissens zu lernen. Zudem basierte das traditionelle BUDO-Training jahrhundertelang auf "Zusehen und Nachmachen". Dass Techniken, Bewegungsmuster, Hintergründe konkret erklärt wurden - selbst dass ein Nachfragen im Unterricht erlaubt wäre - das gehört erst seit wenigen Jahren zu den Unterrichtsmethoden asiatischer Kampfkünste. Die JKA-Instructor-Ausbildung hat sich hier in den vergangenen zwei Jahrzehnten erheblich modernisiert, so dass nun auch im KARATE nach aus unserer Sicht "modernen" Lehrmethoden unterrichtet wird. Wenn es in der Vergangenheit mündliche Erklärungen gab, so waren diese zum Teil sehr vereinfacht und führten vielleicht auch durch unsere mangelnden Japanisch-Kenntnisse oder Übersetzungsfehler zu Missverständnissen. So möchte ich nicht ausschließen, dass man früher bei der Beschreibung des ZENKUTSU-DACHI gesagt hat: "Das vordere Bein ist gebeugt und das hintere Bein ist (im Vergleich zur starken Beugung des vorderen Beins) eher grade." Dass es trotzdem nicht im Gelenk ganz durchgestreckt sein sollte, war vermutlich erstmal nicht so wichtig und sollte dann eben durch "Nachmachen" erkannt werden. 

Wichtige Zeitenwende im DJKB

Für uns KARATEKA des DJKB ist es nun an der Zeit, die JKA-Standards zu übernehmen. Ochi SENSEI hat sich damit einverstanden erklärt. Auf dem Kata Spezial haben in unserer Trainingsgruppe neben Ogura SHIHAN vor allem Thomas Schulze SENSEI und Toribio Osterkamp SENSEI diesen Transfer gut umgesetzt. SENSEI Jean-Pierre Fischer vermittelt viele der Standards bereits seit ich ihn kenne. Die KYU-Grade werden mit dem Wandel groß. Es fällt eher uns langjährigen KARATEKA schwer, uns umzustellen. Gleichwohl ist die geistige Flexibilität wichtig und wegweisend. Denn künftig werden zunächst die DAN-Prüfungen nach JKA-Vorgaben durchgeführt und wer die Umstellung verschlafen hat, wird zwangsläufig erneut antreten müssen. Auch auf Wettkämpfen wird sich durch eine engere Anbindung des DJKB an die JKA ein Erfolg künftig nur noch einstellen, wenn die internationalen Standards vermittelt wurden. Bei den internationalen Wettkämpfen ist dieser Wechsel bereits vollzogen und auch bei größeren nationalen Wettkämpfen wird die Umstellung unumgänglich sein. Last but not least sind wir weltweit eine große JKA-KARATE-Familie! Und wer bei japanischen Instructoren oder auch in fremden Ländern weltweit trainieren möchte, sollte nicht nur die japanischen Fachbegriffe für verschiedene Techniken beherrschen, sondern auch die übrigen Standards unseres JKA-KARATE. Tradition zu leben bedeutet bekanntlich nicht, jegliche nützliche Modernisierung zu verweigern. 

Das Vermächtnis SHIHAN Ochis

Es äußern sich noch immer einige Stimmen kritisch, man würde das Vermächtnis SHIHAN Ochis entehren, wenn man nun die Neuheiten mitmachte. Meiner Ansicht nach ist dies ein Trugschluss - und vielleicht auch eine kleine Ausrede, warum man sich nicht mit neuem KARATE-Wissen beschäftigen möchte? Das Lebenswerk SHIHAN Ochis besteht nicht in der Art der Ausführung einzelner Techniken oder seiner Art, Kata zu zählen. Sein Vermächtnis an uns und sein unendlich großer Verdienst ist es, einen der größten (wenn nicht DEN größten) JKA-Verband der Welt aufgebaut und diesen durch die Kraft seiner Persönlichkeit über Jahrzehnte hinweg zusammengehalten zu haben. Wenn es unser Anliegen sein sollte, Ochi SENSEI weiterhin und auch zukünftig zu ehren, dann sollten wir uns als große DJKB-Gemeinschaft auf die für uns neuen Pfade begeben und mit der weltweiten JKA-Familie zusammenwachsen. 

PS: Anbei der Link auf das JKA Instructor Manual in dem sich auf den Seiten 15 und 16 die Kata mit ihren vorgegebenen Zählzeiten befinden :-)



Freitag, 26. Mai 2017

Kata Special Course 2017

In diesem Jahr hatten wir eigentlich vor, auf die Teilnahme am KS zu verzichten, da uns Wangen im Allgäu doch zu weit weg war. Als wir dann hörten, dass Kurihara Sensei geladen war, änderte dies für uns aber alles! Zu viel hatten wir von diesem brillanten Kata-Mann schon gesehen und gehört! Also war kurzfristig ein Zimmer im nahe Wangen gelegenen Dörfchen Kißlegg gebucht und der Termin eingetragen. Termin? Moment - am Abend stand schon was im Kalender "Foreigner Konzert in Düsseldort"....das bedeutete dann An- und Rückfahrt mit Konzert am Mittwoch - im Bett war ich um viertel vor 1 und habe dann knapp zwei Stunden geschlafen, da Torsten mich um 3 Uhr in der Nacht abgeholt hat. Schließlich wollten wir um 10 Uhr am Morgen bei Kurihara Sensei in der Reihe stehen! Vorteil war, dass wir ohne jeden Stau über die Bahn geflogen sind :-)

Kurihara Sensei lehrte uns die Unsu. Hier verwies er vor allem auf folgende Schwerpunkte:
- Tate Shuto Uke und Gyaku Tsuki: den Tate Shuto Uke mit Kime und nicht zu hastig ausführen, sonst wirkt es "geschlabbert"
- beim Anschließenden zu Boden Fallen diagonal über das vordere Knie sinken (nicht: vorderen Fuß zurück ziehen)
- Mawashi Geri: eigentlich nicht mit dem Becken hoch kommen, wenn man treffen will, muss man das aber (sagte auch Kurihara Sensei)
- bei der Wendung etwas vor und 45 Grad positionieren (hierzu gab es auch dann eine Partnerübung)
- beim Hochkommen in den Kiba Dachi Arme und Beine zeitgleich abschließen
- anschließend Hüfteinsatz beim ZK mit Ippon Nukite vorne und Teisho Uke (!) hinten
- Besonderen Wert legte der Sensei auf den häufigen Wechsel vom Fudo Dachi in den Zenkutsu Dachi in der Kata.
Es war einfach fantastisch, dem Sensei bei der Ausführung der Unsu zuzusehen! Soviel Präzision und Kraft! Wahnsinn!




Nach einer Mittagspause in der Sonne forderte uns Toribio Sensei mit einer erstklassigen Einheit zur Nijushiho:
Wir starteten mit einigen Runden Randori, im Wechsel mit vorbereitender Gymnastik.
Anschließend ging es mit dem Partner weiter in einer Gohon-Kumite-Übung: Angriff Tsuki Chudan, Abwehr rückwärts in KK mit Te Osae Uke (Beginn Nijushiho) und dies fünfmal. Nach dem fünften Mal Gyaku Tsuki, aber den anderen Arm nicht stehen lassen, sondern Hikite.
Als nächstes dann Konter mit dem anderen Arm in der Te-Osae-Uke-Position und anschließend den linken Ellenbogen zum Hebel ansetzen.
Dann gab es eine neue Kombination: Tori sollte jetzt links zurück gehen und zunächst mit Tsuki Jodan angreifen. Uke geht links zurück und führt den Angriff mit Jodan Age Empi seitlich am Ohr vorbei. Tori: Gyaku Tsuki und Uke gleitet ein Stück in den Angriff rein mit Jodan Soto Uke rechts, linken Arm dem Partner entgegen strecken. Dritter Angriff chudan Tsuki, der mit einem Gedan Barei geblockt wird, den Uke im leicht rausgleitenden KB ausführt.
Im folgenden wurde der letzte Tsuki durch einen Mae Geri ersetzt, den Tori hinten absetzen sollte. Ich entschied mich dafür, den Keri mit der Rückseite des Arms blocken, so war für mich der Block am wirkungsvollsten.
Dann gab es die Kata am Stück und Kata auf einer Linie, wobei die Techniken zum Teil nicht in der selben Richtung ausgeführt wurden, wie bei dem normalen Ablauf. Eine Drehung wurde z. B. beim Heito Uchi durch einen Schritt rückwärts ersetzt und so gab es zahlreiche Varianten. Das war recht anspruchsvoll, aber im Ende gut machbar und sehr interessant, zumal wir auch die Ausgangslage mehrere Male um 180 Grad drehten.
Zum Abschluss teilte Toribio Sensei die Gruppe in zwei Untergruppen aus: Gruppe 1 bildete einen Außenkreis am Hallenrand entlang, alle den Blick in dieselbe Richtung. Die andere Gruppe stellte sich innen daneben. Zunächst führten wir die Kata dann quasi im Kreis aus - alle in dieselbe Richtung. Im Folgenden drehte der Innenkreis sich anders herum und die Kreise bewegten sich entgegengesetzt.
Fazit: eine vielseitige Einheit mit spannenden Aufgaben!

Den Nachmittag und Abend verbrachtem wir zunächst in der hoteleigenen Sauna und anschließend in einem von außen recht unscheinbar aussehenden italienischen Restaurant (es sah irgendwie sogar geschlossen aus), das eine spitzenmäßige Küche hatte (Oktopustartar!). Auf dem Zimmer holte Torsten dann noch seine mitgebrachte Les Pauls heraus und wir jammten sicher noch eine Stunde Bon Jovi, BAP, Brian Adams und co., bevor wir tot in die Betten vielen!

Tag 2 begann mit einem köstlichen Frühstück im Hotel. An der Halle angekommen freuten wir uns auf eine Einheit mit Thomas Schulze Sensei, der mit uns die Meikyo trainierte. Eigentlich ist das keine Kata, die bei mir eine Vorfreude auslöst, aber ich trainiere sehr gerne bei Thomas Sensei und darum war ein interessanter und lehrreicher Vormittag garantiert.

Thomas übte mit uns einige Etappen der Kata. Er legte z. B. einen großen Schwerpunkt auf die Gleichzeitigkeit der Arme und Beine bei der ersten Bewegung. Bunkai gab es vor allem zu den Bo Ukes, die wir als Block- und Konter-Kombinationen anwandten. Auch zum Sprung gab es eine Anwendung. Zum Abschluss der Einheit ließ er uns mit einem Partner die Kata ausführen, wobei der Partner uns korrigieren sollte.

Nachdem wir am Mittag in örtlichen Geschäften für Essen und Trinken gesorgt hatten, ging es zur Einheit mit Julian Chees Sensei und der Gojushiho Sho.
Julian startete mit Kihon-Sequenzen: Oi Tsuki und Gyaku Tsuki mit Hüfteinsatz. Dann kam der Mae Geri dazu: Zur Förderung unseres Hiki Ashi sollten wir nach dem Zurückschnappen den Unterschenkel kurz festhalten. So ging es weiter mit zahlreichen Sequenzen aus der Kata.
In der Anwendung ließ uns Julian eine Sequenz am Anfang der Kata in zwei Richtungen üben.

Abends ging es in ein Lokal im Zentrum Wangens. Leckeres Essen und sehr nette Gesellschaft mit Petra und Fred Fritzel sowie Vladi. Ein kleiner Abstecher zum Festzelt konnte uns nicht zum Bleiben bewegen und wir sind dann zurück zum Hotel.

Samstagmorgen startete mit einer Einheit "Chinte" beim Chef! Die Chinte haben wir tatsächlich dreimal ausgeführt - ansonsten gab es das volle Shotokan-Kata-Programm, wie donnerstags im Arawashi Dojo! Die Bassai Dai sowie Heian Shodan und Niedan liefen wir (auch) ura!

Mittagspause im herrlichen Sonnenschein - bzw. möglichst im Schatten! Auch ein Eis auf die Hand saß drin, bevor uns Kurihara Sensei mit Sochin forderte. Die Sochin war (und ist?) ja seine Wettkampfkata,  so dass der Mann weiß, wovon er redet :-)

Wir starteten nach einem Warmup bei Michi Jarchau mit einigen Kihon-Vorübungen, bei denen es dem Sensei vor allem auf den Hüfteinsatz ankam. So machten wir z. B. Gyaku Tate Shuto Uke und Oi Tsuki, die Hüfte sollte vor dem Tsuki kurz gelockert werden, damit sie beim Tsuki wieder einrasten konnte.

Wichtige Aspekte zur Sochin:
- Startbewegung mit Beinbewegung über Neko Ashi Dachi denken
- rechten Arm "natürlich" hochstrecken, nicht übertreiben und nicht nach hinten zum Ausholen
- rechten Arm relativ grade fallen lassen, der Ellenbogen beugt sich so, dass die Faust nach innen zeigt. Nicht: Ellenbogen seitlich am Körper rausragen lassen. Die Faust zeigt zur Mittelachse und steht nicht in der Linie über dem hinteren Bein.
- Kurihara Sensei verwendete viel Zeit darauf, den Sochin Dachi zu erklären: man sollte ihn nicht über den Kiba Dachi entwickeln, sondern über den Zenkutsu Dachi. Das hintere Knie muss deutlich seitlich rausragen. Beim Hüfteinsatz bewegt sich das vordere Knie nicht.
- Wir übten viel "Vorgehen im Sochin Dachi mit Oi Tsuki und dann Gyaku Tsuki. Hier die Hüftbewegung beachten - der Oi Tsuki ist fast wie sonst Kizami Tsuki
- Nach den Yoko Geris darauf achten, dass wir beim Absetzen mit Empi nicht das Gewicht zu weit nach vorne nehmen, sondern so absetzen, dass der Sochin Dachi noch korrekt ist.
- Sehr interessant war Kurihara Senseis Erklärung zur ersten Drehung in KK mit Shuto Uke: Hier kann man wählen zwischen zwei Varianten des Hüfteinsatzes - einer "geschnittenen" und einer "starken", wenn ich das richtig verstanden habe. Bei der geschnittenen wird nach der Drehung die Hüfte zunächst grade gestellt und dann schnell ("schneidend") seitlich abgedreht (koshi gyaku kaiten). Bei der starken (koshi jun kaiten) Variante wird die Hüfte des nach der Drehung vorderen Beins durch kraftvolle Drehung des vorderen Oberschenkels arretiert. Hier gibt es nur eine Hüftbewegung. Die anderen Shuto Uke im KK sind alle "starke" Varianten. Kurihara verglich die "schneidende" Variante mit dem Auftakt und den großen Wendungen in der Heian Shodan.
- Die Armbewegungen bis zum ersten Kiai (Uraken und Jodan Uke mit Seitenwechsel) beschrieb Kurihara Sensei so, dass der Jodan Uke eng am Kopf sein muss, der Ellenbogen eher nach unten zeigt.
- Zum Mikazuki Geri nach dem ersten Kiai bestätigte Kurihara Sensei das, was wir bei Chubachi Sensei schon gehört hatten: Der Arm, in den der Mikazuki Geri tritt, ist nicht gestreckt, sondern angewinkelt und die Hand möglichst nah am eigenen Kopf.
- Bei den folgenden Uchi Ukes im Sochin Dachi wies Kurihara auf den korrekten Hüfteinsatz hin, den wohl nur wenige in der Gruppe richtig ausgeführt hatten: Die Hüfte bleibt beim Vorgehen grade, bis der Block folgt, dann wird sie stark ausgedreht.
- nach dem Mae Geri soll das Knie (natürlich, wir machen ja Shotokan ;-) ) oben bleiben. Danach soll der Fuß so langsam nach hinten gesetzt werden, wie die Arme für das Auseinanderziehen brauchen. Ich hatte hier Kirsten Manske als spitzenmäßiges Vorbild vor mir. Wahnsinn! So muss das!

Nach der Sauna kamen und Margot und Christian in Kißlegg besuchen und wir gingen ins Dolce Vita essen. Ein sehr schöner Ausklang des Tages!

Sonntag, 22. Mai 2016

Kata Special Course 2016 in Tauberbischofsheim

Vom 05. Bis 08. Mai fand auch in diesem Jahr wieder der Groß-Lehrgang Kata Special Course unseres Verbandes statt – diesmal wieder in Tauberbischofsheim, wo wir bereits vor 3 Jahren ein Karate-Event der Superlative erleben durften.

Und auch in diesem Jahr hatte Auschrichter „Schlatt“ es wieder richtig raus! Die Organisation ließ nichts zu wünschen übrig und als „i-Tüpfelchen“ hatte Schlatt noch vor, mit uns einen Weltrekord auf die Beine zu stellen. Aber dazu später mehr.

Rekordverdächtig war zunächst auch die Fuji-San-Beteiligung an diesem Lehrgang: Wenn wir Klaus Schowe noch zu unseren Mitgliedern zählen dürfen, waren wir mit  Sarah, Stephan, Torsten und mir insgesamt 5 Fujis, die den Weg ins schöne Taubertal gefunden hatten. Wir kamen alle im sehr schönen Hotel St. Michael unter, in dem auch die Senseis untergebracht waren. So konnte es passieren, dass man beim Frühstück das Vergnügen hatte, neben Toribio Sensei zu sitzen oder am Nachmittag mit Ochi Sensei in der Lounge plaudern konnte. Ein wenig ins Stottern komme ich leider immer bei Begegnungen mit Jean-Pierre Fischer Sensei, bei dem ich auf mein leider sehr schlechtes Schul-Französisch zurück greifen muss. Aber mit Händen und Füßen bekommen wir dann immer noch eine nette Unterhaltung hin.

Die Trainings waren auch in diesem Jahr wieder hervorragend! Wir übten bei Thomas Schulze Sensei eine anspruchsvolle Anwendungskombination am Partner mit der Kata Chinte. Julian Chees Sensei brachte uns mit Kata Sochin zum Schwitzen und bei Izumiya Sensei übten wir die Unsu. Izumiya Sensei hatte wie in den Vorjahren wieder viele interessante Anwendungen im Gepäck und überzeugte durch die Erklärung zahlreicher technischer Finessen. Leider waren diesmal keine Hilfsmittel (Handtuch, Obi) wie vor drei Jahren mit im Spiel. Aber seine Anweisungen waren – auch Dank der erstklassigen Übersetzung durch Michael „Mukki“ Reinhard auch ohne Requisiten wieder von unschätzbarem Wert.

Ochi Sensei überraschte uns am Samstagmorgen mit einer Kata-Einheit, in der wir außer der Unsu alle Kata unserer Stilrichtung ausführten, der Schwerpunkt wurde nur geringfügig auf die Nijushiho  gelegt, die eigentlich auf dem Trainingsplan stand. Ochi Sensei hatte die Trainingsgruppe – und ganz speziell den linken Oberschenkel – schon am ersten Trainingstag zum Schwitzen gebracht....Kenner wissen, dass hier nur die Gojushiho Dai trainiert worden sein kann J Nachmittags ging es dann am ersten Tag direkt mit der Gojushiho Sho weiter, unterrichtet von Toribio Sensei. Er hatte einige interessante Partnerübungen für uns im Gepäck, die uns mächtig auf Touren brachten, da Toribio zahlreich wiederholen ließ. Jean-Pierre unterrichtete bei uns die letzte Einheit vor der Abfahrt und zwar mit Bassai Sho. Hier achtete er auf zahlreiche Ausführungsfeinheiten und ließ uns die Kata in verschiedenen Stärke-Graden wiederholen. Als wir sie am Ende „ura“ ausführen sollten, hatten wir eine gute Denksportaufgabe zu erledigen!

Ich bin mir sicher, dass es auch in den anderen Trainingsgruppen sehr lehrreich zuging, auch wenn die Gruppe 1.+2. Dan sehr, sehr voll war. Vielleicht lässt sich hier noch etwas optimieren? Bei vielen Lehrgängen kann man inzwischen durch die Angabe der Graduierung bei der Vor-Anmeldung abschätzen, wie groß die einzelnen Gruppen etwa ausfallen werden. Eventuell auch eine Möglichkeit für das Kata Special?

Wie schon erwähnt war das Drumherum wieder erstklassig! Erst einmal locken das malerische Örtchen Tauberbischofsheim und die schöne Landschaft im Umland für Urlaubsflair. Und dann hatte Schlatt vom Catering über einen Karaoke-Abend bis hin zur Lehrgangsparty am Samstag wieder ein super Programm organisiert. Hinzu kam in diesem Jahr dann noch eine Besonderheit, die nicht nur den Ausrichter, sondern auch alle teilnehmenden Karateka beansprucht hatte: Schlatt hatte sich vorgenommen, mit dem „größten Karatetraining der Welt“ einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde vornehmen zu lassen. Hierzu sollten sich die Karateka am Samstagnachmittag auf einem freien Platz an der Tauber – zwischen den beiden Trainingshallen – versammeln. Die ordnungsgemäße Aufstellung in ordentlichen Reihen wurde vorab durch abgetrennte Trainingsfelder erleichtert und dann von Shihan Ochi persönlich fein getuned.

Das dauerte dann schon mal ne halbe Stunde, bis wir alle so ordentlich standen, dass man per Luftaufnahme die Anzahl der Teilnehmenden abzählen konnten. Dies war wichtig, da wir ja die Größe der Veranstaltung dokumentieren mussten und zu diesem Zweck wurden unter anderem Luftaufnahmen per Drohne angefertigt. Bei der anschließenden Trainingseinheit hatte Shihan Ochi sichtlich Spaß! Es war gar nicht so einfach, auf so engem Raum zu trainieren. Aber dennoch reichte der Platz aus für einige Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen, die Ochi Sensei lächelnd mixte und sich diebisch freute, wenn die Trainierenden in die falsche Richtung gingen.


Gut eine halbe Stunde schwitzten wir dann beim Training in der prallen Sonne, so dass der Kreislauf schon gut beansprucht war, als wir nach dem Weltrekordversuch dann in unsere Trainings sprinteten! Da bei uns Izumiya Sensei auf dem Plan stand, gab es natürlich keine Entschuldigung für ein Fernbleiben und wir nahmen die Anstrengungen der zusätzlichen Einheit gerne in Kauf. Ob der Weltrekordversuch glücken wird? Soweit ich weiß, sind an einen Eintrag in das berühmte Buch der Rekorde strenge Anforderungen geknüpft. Wie auch immer es ausgehen mag – die Idee zu so einem Event war super und einfach irgendwie wieder „typisch Schlatt“ J

Sonntag, 17. Mai 2015

Kata Special Course 2015 in Groß Umstadt

Unser Karateverband hat jährlich zwei ganz große Trainings-Events anzubieten – neben dem Gasshuku, welches regelmäßig Anfang August stattfindet, gibt es mit dem Kata Special Course noch eine Veranstaltung, die sich an dem verlängerten Wochenende um Christi Himmelfahrt herum ausschließlich mit der Trainingsform Kata beschäftigt. Wie auch beim Gasshuku wechseln die Austragungsorte jährlich und stets werden recht malerische Orte oder Orte, die auch für mitreisende Familien einen besonderen Freizeitwert besitzen, ausgesucht. In diesem Jahr war – bereits zum 10. Mal – Groß Umstadt im Odenwald Ort des Geschehens. Natürlich hatten auch Torsten und ich uns im Vorfeld Lehrgangskarten gesichert und eine Unterkunft reserviert. Aus organisatorischen Gründen reisten wir diesmal getrennt an, was sich im Nachhinein als sehr günstig erwies.


Unsere Unterkunft, das Gästehaus Regina, ist – naja, ich würde mal sagen: bedingt zu empfehlen und vor allem für Trainierende mit schmalem Geldbeutel günstig, die auch einen kurzen Weg zu den Trainingshallen wünschen. Ansonsten muss man schon ein Fan skurriler Baukunst und gefliester Schlichtheit sein, die vergeblich versucht, ihren Ausgleich durch recht schrille Wanddekorationen zu suchen. Ganz erstaunlicher Weise gewöhnte ich mich aber doch nach einer Weile an die Unterkunft, die mir zum Abschied beim Bezahlen mit einer recht günstigen Rechnung wie zur Versöhnung die Hand reichte.


Zauberhafte Wanddeko im Gästehaus Regina
Groß Umstadt ist ein nettes Örtchen mit einer umfangreichen Gastronomie – an jeder Ecke gibt es ein Restaurant, ein Eiscafé oder ein Bistro. Langeweile kommt so zwischen den Trainingseinheiten nicht auf und man trifft ja auch alle Nase lang Menschen in Karate-Gis, mit denen man in alten Zeiten schwelgt, oder die man neu kennen lernt.

Nachdem Torsten und ich den ersten Abend bei gutem Essen und einem Glas Wein hatten ausklingen lassen, ging am nächsten Morgen um sehr angenehme 10 Uhr das erste Training für uns los. Nach dem Motto „das Beste kommt zuerst“ hatten wir direkt 90 Minuten Training bei unserem „Chef“, Shihan Ochi. Ich kann nicht sagen, woran es liegt, aber die Trainings bei Ochi Sensei begeistern mich immer mehr! Ich hatte in den vergangenen Wochen mehrfach die Gelegenheit, in seinem Dojo in Bottrop trainieren zu dürfen und konnte auch zwei Einheiten unter seinen Anweisungen beim Instructor-Lehrgang in Bochum genießen. Auch der Lehrgang mit unserem Chief Instructor in Münster war für mich ein spitzenmäßiges Erlebnis und das vor einigen Wochen in Dresden stattfindende Karate-Seminar Takudai (Ochi Sensei mit  Naka Sensei und anderen Großmeistern, die zum Teil schon zu Lebzeiten wahre Karate-Legenden sind!) gehört für mich in die erste Liga der Karate-Events überhaupt. Es sind Trainings mit einem hohen Anspruch an die Konzentration und Koordination – sei es durch eine Abwandlung im klassischen Kumite oder durch neue und längere Kihon-Variationen – manchmal sind es nur Nuancen, die die gewohnten Bewegungsmuster aufbrechen und zu etwas Neuem werden lassen. Es ist immer empfehlenswert, in diesen Trainings besonders gut zuzuhören, sonst kann es schon einmal eine liebevolle Kopfnuss setzen oder es wird einem symbolisch der Schwarze Gürtel abgenommen. Ochi Sensei startete mit einer der höchsten Katas unserer Stilrichtung, der Gojuishiho Scho. Neunzig Minuten lang scheuchte uns der Karate-Großmeister durch die Halle und sorgte für einen fulminanten Start des Karate-Großereignisses!

Auch am Nachmittag wurde die Gruppe ab 2. Dan hinsichtlich der Trainingszeiten verwöhnt: Unsere zweite Einheit begann um 14.30 Uhr und war um 16.00 Uhr beendet, so dass noch genügend Freizeit für Gespräche, Ausflüge oder Entspannung blieb. Am ersten Tag ging es gleich hochkarätig weiter mit Training bei Sensei Toribio Osterkamp und einer meiner Lieblingskatas: Sochin! Sensei Toribio überraschte uns mit abgewandelten Kata-Sequenzen, aus denen heraus er mit uns  eine anspruchsvolle Bunkai-Übung erarbeitete. Ich kann mir vorstellen, dass diese Übung auch mit bis zu fünf Trainierenden funktioniert. Vermutlich wollte Toribio uns das Training aber erleichtern und hat uns die Sequenz daher zu zweit ausführen lassen, wobei jeweils einer den Part des Uke inne hatte, der andere von verschiedenen Seiten aus angreifen musste. Hier wurde mein Kampfgeist geweckt und am Ende hatte ich in meiner Vorstellung all meine Gegner zur Strecke gebracht – auch wenn ich manchmal in der Hitze des Gefechts rechts und links verwechselte oder eine ganz neue Technikvariante einbaute. Natürlich führten wir auch die Kata mehrfach aus und gingen dann glücklich-erschöpft in den Nachmittag.

Der zweite Trainingstag begann dann nicht so schön, da Torsten krankheitsbedingt abreisen musste. Ein Kata Special ohne meinen „Kata-Mann“ konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen – nichts desto Trotz machte ich mich tapfer auf zur ersten Einheit: Nijushiho mit unserem National Coach Sensei Thomas Schulze. Sein Fokus lag – wie auch schon beim Samurai Spirit Seminar in Siegen – auf Techniken mit viel Spannung und tiefer Basis – dies muss nicht zwingend bedeuten, tiefer zu stehen, aber wir sollten eine stabile Mitte haben und viel Kraft aus dem Hara generieren. All dies wurde gepaart mit einer Lockerheit im Oberkörper und heraus kam eine kraftvolle, dynamische und explosive Nijushiho! Ein super Training, ein motivierender Trainer und eine auf diese Art auch für mich schöne Kata. Ein bisschen wehmütig dachte ich zwischendurch daran, wie sehr mit Sicherheit auch Torsten diese Einheit gefallen hätte, da die Nijushiho zu seinen Kata-Favoriten gehört!

Sensei Julian Chees ist immer ein Garant für exquisites Kata-Training! So freute ich mich schon sehr auf seine Einheit am Nachmittag. Es stand die anspruchsvolle Gojushiho Dai auf dem Programm, die, wenn man sie nicht (wie schon einmal bei einem Chees-Lehrgang in Münster geschehen)  „ura“ ausführt, für eine extreme Kräftigung des linken Oberschenkels sorgt. Wir begannen mit der wohl schwierigsten Stellung der Kata: der Wendung im Neko Ashi Dashi. Julian Sensei riet uns, die Wendung aufzuteilen und zunächst den hinteren Fuß zu drehen, um für Stabilität zu sorgen. Es gab zahlreiche weitere Tipps und Basisübungen – aber was wäre ein Kata-Training bei Julian, wenn es nicht auch kniffelige Bunkai-Sequenzen hätte? So übten wir zu dritt und beherzt eine Anlehnung an die Starttechnik der Kata – Backpfeifen inklusive :-) 

Leider wurde das Training gut fünf Minuten vorzeitig abgebrochen, als wir grade mit einer zweiten Bunkai-Übung begonnen hatten, die wir so leider nicht vertiefen konnten: Unser DJKB-Präsident nutzte das Ende der Einheit dazu, dem Ausrichter des Groß-Umstädter-Lehrgangs für seinen Einsatz zu danken und überreichte ihm eine Urkunde. Eine mit Sicherheit verdiente Ehrung, aber meiner Meinung nach hätte diese besser im Rahmen einer Lehrgangsfeier vorgenommen werden können – so wären nicht nur die Trainierenden der Gruppe ab 2. Dan Zeuge der Laudatio geworden und wir hätten noch ein bisschen mehr vom Training bei Julian gehabt.


Den Nachmittag verbrachte ich dann alleine mit einem Mix aus Kultur und Wellness – sprich: Ich holte das nach, was Torsten und ich eigentlich am Vortag gemeinsam hätten unternehmen wollen. Also machte ich mich alleine auf die Suche nach der Ausgrabungsstätte der römischen Villa Haselburg und bestaunte bei herrlichstem Sonnenschein die Relikte aus alten Zeiten. Auf dem Weg dorthin war ich ich bereits eher zufällig auf die Veste Otzberg gestoßen, eine mittelalterliche Burgruine, und konnte auch hier ehrfurchtsvoll durch die alten Gemäuer spazieren. Schließlich hatte ich mir dann eine Erholung in der Odenwaldtherme verdient – eine kleine, aber feine Saunalandschaft im beschaulichen Ort Bad König, in der mich vor allem die vierteilige Aufgussprozedur namens „extra heiß“ kreislaufmäßig vollends forderte.




Burgruine Veste Otzberg 

Römische Villa Hasenburg (Ausgrabungsstätte) 
Gut erholt sprang ich am nächsten Morgen dann bereits um 7 Uhr aus den Federn, um die Einheit bei Shihan Omura um 08.30 Uhr mitzunehmen. Über den charismatischen Nationaltrainer Thailands hatte ich über meine Senseis Michael Jarchau und Andreas Klein schon viel Beeindruckndes gehört und so war ich sehr gespannt auf sein Training der Kata Gankaku! Ich hatte mich zu diesem Zweck der Gruppe bis 1. Kyu angeschlossen.


Nach dem Aufwärmen durch einen jungen Braungurt begann der Shihan direkt mit sehr anspruchsvollen Kihon-Kombinationen, bei denen es ihm vor allem auf den korrekten Hüfteinsatz ankam. Offensichtlich sah er bei uns hier noch einen erhöhten Trainingsbedarf – und er ging vielleicht auch davon aus, dass der Ablauf der Schwarzgurtkata, die das Bild eines Kranichs auf dem Felsen symbolisiert, schon bekannt ist. Jedenfalls verblieb für das eigentliche Kata-Training leider nur eine knappe halbe Stunde.


Omura Sensei auf den Plakat des diesjährigen Kata Special 
Zu Demonstrationszwecken suchte Omura Sensei einen fortgeschrittenen Karateka, der die Kata bereits beherrscht. Seine vortreffliche Wahl fiel auf Jakob Schmidt, der mit einer bewundernswerten Leichtigkeit und Akkuratesse Technik für Technik ausführte und sich dafür einen dicken Applaus verdiente! Das war Karate auf allerhöchstem Niveau und hinterließ einen optimalen Eindruck davon, wie die Kata aussehen kann! Wir anderen versuchten uns dann anschließend an der Ausführung der Kata, die über einige anspruchsvolle Drehungen und Wackelgefahr bergende Einbein-Stände verfügt. Insgesamt hätte sich wohl der Großteil der Gruppe noch eine weitere Vertiefung der Kata gewünscht – manchmal sind 90 Minuten einfach zu kurz – vor allem, wenn man das seltene Vergnügen hat, bei einem der im Ausland lebenden, japanischen Großmeister zu trainieren. Mir persönlich hat es sehr gut gefallen, dass der Shihan den Unterricht auf Englisch und ohne Übersetzung abhielt. So werden unnötige Trainingspausen verhindert und viele Aspekte lassen sich – mal abgesehen davon, dass Englisch den meisten Trainierenden geläufig ist – ja auch durch Zusehen und Nachahmung erkennen und ableiten.

Da ich bereits am späten Samstagnachmittag abreisen musste, hatte ich mir als letzte Einheit und weiteren Höhepunkt eine weitere Einheit in der Gruppe bis 1. Kyu ausgesucht: Chinte bei dem von mir sehr geschätzten Sensei Jean-Pierre Fischer. Der aus Frankreich stammende und heute in Luxemburg lebende Kata-Spezialist ist seit langem einer der Lieblingstrainer von Torsten und mir. Für ihn nahmen wir sogar vor etwa vier Jahren die Strapazen einer langen Autofahrt nach Crosne bei Paris auf uns und wurden dort mit einem erstklassigen Lehrgang bei ihm und seinem langjährigen Trainingspartner Jean-Michel Blanchard belohnt! Jetzt also mein aktueller Kata-Favorit Chinte bei Jean-Pierre – ich war sehr gespannt! Nach dem von Jean-Pierre persönlich ausgeführten Aufwärmtraining begannen wir mit Kihon-Übungen, bei denen der Sensei uns aufforderte, möglichst stabil und tief zu stehen. Vor allem bei Schritt- oder Stand-Wechseln sollten wir den Schwerpunkt auf einer Höhe lassen. Dies brachte natürlich ruckzuck unsere Oberschenkel zum Brennen und sorgte für eine gute Trainingsvorbereitung. Anschließend gab es – viele kannten es schon von dem Wahl-Luxemburger – verschiedene Sequenzen der Kata „auf der Stelle“, also lediglich die Armtechniken und Kicks der Kata aus dem Shizen Tai heraus. Schließlich fügten wir Stände und Techniken zusammen und führten die Kata Stück für Stück aus. Der Sensei ließ es sich nicht nehmen, uns umfassend zu korrigieren und da er meine Vorliebe für die Kata kannte, durfte auch ich vor der Trainingsgruppe eine Sequenz vorführen. Leider stießen die Feinheiten, die ich mir in den letzten Wochen und Monaten für die Chinte angeeignet hatte, bei Jean-Pierre nicht vollumfänglich auf Gegenliebe und so gab es zahlreiche Änderungswünsche, die mich zum Teil irritierten. Ich werde in den nächsten Wochen daran arbeiten, mir hier eine korrekte und zu mir passende Ausführungsversion zu überlegen.


Nachdenklich und etwas weniger euphorisch als zwischen den übrigen Einheiten trat ich den Heimweg an. Die vergangenen Tage waren ein Mix aus Technik und Kampfgeist, Ausführung und Partnertraining, Bekanntem und Neuem, Sicherheit und Zweifel – sechs eindrucksvolle Trainings, nicht immer nur in der eigenen Wohlfühlzone. Ich denke, so muss Karate sein, denn wie sagte mein Sensei Risto einst so schön? „Karate fängt dann an, wenn die Selbstzweifel schneller wachsen, als das Können.“ Oss.