...in Eurem Bunde der Dritte."
War ich zu Oberstufenzeiten doch eher seinem Weimarer Nachbarn Goethe verbunden, so wurde mir bei der heutigen Abendveranstaltung im H1 "Görner spricht Schiller" der in Marburg geborene Dichterfürst näher gebracht.
Na klar, waren auch mir Gedichte wie "Die Glocke", "Der Taucher" und natürlich auch "Die Bürgschaft" vertraut. Und "Maria Stuart" hatte ich mir mit meinem Mann vor ein paar Jahren im Theater angesehen. Sogar sein Wohnhaus in Weimar habe ich bereits zweimal besucht.
Heute verschaffte uns nun der in Weimar lebende Rezitator Lutz Görner einen unterhaltsamen und äußerst kurzweiligen Einblick in das Leben des Dichterfürsten. Unterstützt wurde er von dem Gitarristen Stefan Sell.
Mann, Mann, Mann, was war das für ein Hallodri, der Herr von Schiller! Naja, all das ist - wie ja eigentlich bei all jenen Kreaturen, bei denen Genie und Laster dicht beieinander liegen - wohl auf Ereignisse in der Kindheit zurückzuführen: Schiller wollte und sollte ja eigentlich Pastor werden und war auch bereits einem Stift zugewiesen. Dann aber musste er eine Militärakademie besuchen, wurde dort erst zum Juristen, dann zum Militärarzt ausgebildet. Er verlebte seine komplette Jugend kaserniert und lernte daher keinen Umgang mit Geld oder dem anderen Geschlecht.
Als er die Enge nicht mehr aushielt und ihm zu allem Übel noch das Dichten verboten wurde, riss er aus und floh nach Mannheim. Dort verschuldete er sich zum ersten - aber nicht zum letzten - Mal in seinem Leben so richtig ordentlich: Er brauchte Geld, weil er sein erstes Werk "Die Räuber" drucken lassen wollte. Der Erfolg ließ zunächst auf sich warten. Erst, als das Stück uraufgeführt und höchst emotionale Reaktionen bei den Zuschauern auslöste, begann die Welt, Schiller wahrzunehmen. In Mannheim hatte er dann ein Verhältnis mit der verheirateten Charlotte Kalb, die für ihn Jahre später in Weimar sogar ihren Mann verlassen wollte.
Als sie und auch seine Gläubiger zu eng auf den Pelz rückten, nahm Schiller die Einladung vier junger (heute würde man wohl sagen) Fans aus Dresden an. Einer von ihnen lieh Schiller immer wieder größere Summen Geld - die aber irgendwie nie ausreichten!
In Dresden, nun, kam der junge Dichterfürst völlig auf die schiefe Bahn: Alkohol, Opium, Bordellbesuche - also, ich bin doch jetzt echt etwas desilusioniert. Der war ja ein wahrer Junkie! So ein Lotterleben, auch! Kein Wunder, dass er jetzt in eine kreative Krise rutschte und kein Werk mehr gelingen wollte!
Wieder floh er. Jetzt nach: Weimar. Hier kam er allerdings auch erst nicht so richtig an, spürte aber zumindest, dass er unmöglich weiter so ein Lotterleben führen konnte. Er sehnte sich nach einer Frau, die ihm zur Seite steht! Jetzt kam wieder Charlotte Kalb ins Spiel - aber zum Heiraten war sie ihm zu kapriziös.
Viel verlockender fand er das Geschwisterduett Charlotte und Caroline von Lengefeld. Schiller verliebte sich in beide und - schlug ihnen doch tatsächlich eine ménage à trois vor! Das also ist die wahre Bedeutung des berühmten Schluss-Zitats aus der "Bürgschaft": Ich sei, gewährt mir die Bitte, in Eurem Bunde der Dritte."!
Nun, aus dem flotten Dreier konnte aber auf Dauer nichts werden. Es müssen ja auch nicht alle Träume verwirklicht werden.
Immerhin heiratete Schiller eine der Schwestern, Charlotte, und schien mit ihr auch in den ersehnten, ruhigen Hafen der Ehe eingefahren zu sein. Jetzt klappte es auch mit dem Schreiben wieder, bis - ja, bis er schwer erkrankte und ihn wiederkehrende Krankheitsschübe mehrfach an den Rand des Todes brachten.
Eigentlich heißt es ja "totgesagte leben länger" - aber auf ihn traf das leider nicht zu: Eine Stuttgarter Zeitung hatte wenige Monate vor seinem Tod verkündet, Schiller sei gestorben (gab es damals schon die BILD??), obwohl er noch lebte. Dann aber, am 9. Mai 1805, starb das Genie, das nicht nur Dichter, sondern auch noch Historiker und Philosoph war - ermutlich an den Folgen einer Tuberkulose. Als man seinen Leichnam obduzierte, fand man fast alle Organe außer Blase und Magen total zerstört! Er muss in seinen letzten Lebensjahren Höllenqualen gelitten haben. Er hinterläßt neben seinen großartigen Werken eine Biografie, die ihn uns grade wegen seiner Widersprüche und all seiner Unvollkommenheit noch näher bringt.