In diesem Jahr hatten wir eigentlich vor, auf die Teilnahme am KS zu verzichten, da uns Wangen im Allgäu doch zu weit weg war. Als wir dann hörten, dass Kurihara Sensei geladen war, änderte dies für uns aber alles! Zu viel hatten wir von diesem brillanten Kata-Mann schon gesehen und gehört! Also war kurzfristig ein Zimmer im nahe Wangen gelegenen Dörfchen Kißlegg gebucht und der Termin eingetragen. Termin? Moment - am Abend stand schon was im Kalender "Foreigner Konzert in Düsseldort"....das bedeutete dann An- und Rückfahrt mit Konzert am Mittwoch - im Bett war ich um viertel vor 1 und habe dann knapp zwei Stunden geschlafen, da Torsten mich um 3 Uhr in der Nacht abgeholt hat. Schließlich wollten wir um 10 Uhr am Morgen bei Kurihara Sensei in der Reihe stehen! Vorteil war, dass wir ohne jeden Stau über die Bahn geflogen sind :-)
Kurihara Sensei lehrte uns die Unsu. Hier verwies er vor allem auf folgende Schwerpunkte:
- Tate Shuto Uke und Gyaku Tsuki: den Tate Shuto Uke mit Kime und nicht zu hastig ausführen, sonst wirkt es "geschlabbert"
- beim Anschließenden zu Boden Fallen diagonal über das vordere Knie sinken (nicht: vorderen Fuß zurück ziehen)
- Mawashi Geri: eigentlich nicht mit dem Becken hoch kommen, wenn man treffen will, muss man das aber (sagte auch Kurihara Sensei)
- bei der Wendung etwas vor und 45 Grad positionieren (hierzu gab es auch dann eine Partnerübung)
- beim Hochkommen in den Kiba Dachi Arme und Beine zeitgleich abschließen
- anschließend Hüfteinsatz beim ZK mit Ippon Nukite vorne und Teisho Uke (!) hinten
- Besonderen Wert legte der Sensei auf den häufigen Wechsel vom Fudo Dachi in den Zenkutsu Dachi in der Kata.
Es war einfach fantastisch, dem Sensei bei der Ausführung der Unsu zuzusehen! Soviel Präzision und Kraft! Wahnsinn!
Nach einer Mittagspause in der Sonne forderte uns Toribio Sensei mit einer erstklassigen Einheit zur Nijushiho:
Wir starteten mit einigen Runden Randori, im Wechsel mit vorbereitender Gymnastik.
Anschließend ging es mit dem Partner weiter in einer Gohon-Kumite-Übung: Angriff Tsuki Chudan, Abwehr rückwärts in KK mit Te Osae Uke (Beginn Nijushiho) und dies fünfmal. Nach dem fünften Mal Gyaku Tsuki, aber den anderen Arm nicht stehen lassen, sondern Hikite.
Als nächstes dann Konter mit dem anderen Arm in der Te-Osae-Uke-Position und anschließend den linken Ellenbogen zum Hebel ansetzen.
Dann gab es eine neue Kombination: Tori sollte jetzt links zurück gehen und zunächst mit Tsuki Jodan angreifen. Uke geht links zurück und führt den Angriff mit Jodan Age Empi seitlich am Ohr vorbei. Tori: Gyaku Tsuki und Uke gleitet ein Stück in den Angriff rein mit Jodan Soto Uke rechts, linken Arm dem Partner entgegen strecken. Dritter Angriff chudan Tsuki, der mit einem Gedan Barei geblockt wird, den Uke im leicht rausgleitenden KB ausführt.
Im folgenden wurde der letzte Tsuki durch einen Mae Geri ersetzt, den Tori hinten absetzen sollte. Ich entschied mich dafür, den Keri mit der Rückseite des Arms blocken, so war für mich der Block am wirkungsvollsten.
Dann gab es die Kata am Stück und Kata auf einer Linie, wobei die Techniken zum Teil nicht in der selben Richtung ausgeführt wurden, wie bei dem normalen Ablauf. Eine Drehung wurde z. B. beim Heito Uchi durch einen Schritt rückwärts ersetzt und so gab es zahlreiche Varianten. Das war recht anspruchsvoll, aber im Ende gut machbar und sehr interessant, zumal wir auch die Ausgangslage mehrere Male um 180 Grad drehten.
Zum Abschluss teilte Toribio Sensei die Gruppe in zwei Untergruppen aus: Gruppe 1 bildete einen Außenkreis am Hallenrand entlang, alle den Blick in dieselbe Richtung. Die andere Gruppe stellte sich innen daneben. Zunächst führten wir die Kata dann quasi im Kreis aus - alle in dieselbe Richtung. Im Folgenden drehte der Innenkreis sich anders herum und die Kreise bewegten sich entgegengesetzt.
Fazit: eine vielseitige Einheit mit spannenden Aufgaben!
Den Nachmittag und Abend verbrachtem wir zunächst in der hoteleigenen Sauna und anschließend in einem von außen recht unscheinbar aussehenden italienischen Restaurant (es sah irgendwie sogar geschlossen aus), das eine spitzenmäßige Küche hatte (Oktopustartar!). Auf dem Zimmer holte Torsten dann noch seine mitgebrachte Les Pauls heraus und wir jammten sicher noch eine Stunde Bon Jovi, BAP, Brian Adams und co., bevor wir tot in die Betten vielen!
Tag 2 begann mit einem köstlichen Frühstück im Hotel. An der Halle angekommen freuten wir uns auf eine Einheit mit Thomas Schulze Sensei, der mit uns die Meikyo trainierte. Eigentlich ist das keine Kata, die bei mir eine Vorfreude auslöst, aber ich trainiere sehr gerne bei Thomas Sensei und darum war ein interessanter und lehrreicher Vormittag garantiert.
Thomas übte mit uns einige Etappen der Kata. Er legte z. B. einen großen Schwerpunkt auf die Gleichzeitigkeit der Arme und Beine bei der ersten Bewegung. Bunkai gab es vor allem zu den Bo Ukes, die wir als Block- und Konter-Kombinationen anwandten. Auch zum Sprung gab es eine Anwendung. Zum Abschluss der Einheit ließ er uns mit einem Partner die Kata ausführen, wobei der Partner uns korrigieren sollte.
Nachdem wir am Mittag in örtlichen Geschäften für Essen und Trinken gesorgt hatten, ging es zur Einheit mit Julian Chees Sensei und der Gojushiho Sho.
Julian startete mit Kihon-Sequenzen: Oi Tsuki und Gyaku Tsuki mit Hüfteinsatz. Dann kam der Mae Geri dazu: Zur Förderung unseres Hiki Ashi sollten wir nach dem Zurückschnappen den Unterschenkel kurz festhalten. So ging es weiter mit zahlreichen Sequenzen aus der Kata.
In der Anwendung ließ uns Julian eine Sequenz am Anfang der Kata in zwei Richtungen üben.
Abends ging es in ein Lokal im Zentrum Wangens. Leckeres Essen und sehr nette Gesellschaft mit Petra und Fred Fritzel sowie Vladi. Ein kleiner Abstecher zum Festzelt konnte uns nicht zum Bleiben bewegen und wir sind dann zurück zum Hotel.
Samstagmorgen startete mit einer Einheit "Chinte" beim Chef! Die Chinte haben wir tatsächlich dreimal ausgeführt - ansonsten gab es das volle Shotokan-Kata-Programm, wie donnerstags im Arawashi Dojo! Die Bassai Dai sowie Heian Shodan und Niedan liefen wir (auch) ura!
Mittagspause im herrlichen Sonnenschein - bzw. möglichst im Schatten! Auch ein Eis auf die Hand saß drin, bevor uns Kurihara Sensei mit Sochin forderte. Die Sochin war (und ist?) ja seine Wettkampfkata, so dass der Mann weiß, wovon er redet :-)
Wir starteten nach einem Warmup bei Michi Jarchau mit einigen Kihon-Vorübungen, bei denen es dem Sensei vor allem auf den Hüfteinsatz ankam. So machten wir z. B. Gyaku Tate Shuto Uke und Oi Tsuki, die Hüfte sollte vor dem Tsuki kurz gelockert werden, damit sie beim Tsuki wieder einrasten konnte.
Wichtige Aspekte zur Sochin:
- Startbewegung mit Beinbewegung über Neko Ashi Dachi denken
- rechten Arm "natürlich" hochstrecken, nicht übertreiben und nicht nach hinten zum Ausholen
- rechten Arm relativ grade fallen lassen, der Ellenbogen beugt sich so, dass die Faust nach innen zeigt. Nicht: Ellenbogen seitlich am Körper rausragen lassen. Die Faust zeigt zur Mittelachse und steht nicht in der Linie über dem hinteren Bein.
- Kurihara Sensei verwendete viel Zeit darauf, den Sochin Dachi zu erklären: man sollte ihn nicht über den Kiba Dachi entwickeln, sondern über den Zenkutsu Dachi. Das hintere Knie muss deutlich seitlich rausragen. Beim Hüfteinsatz bewegt sich das vordere Knie nicht.
- Wir übten viel "Vorgehen im Sochin Dachi mit Oi Tsuki und dann Gyaku Tsuki. Hier die Hüftbewegung beachten - der Oi Tsuki ist fast wie sonst Kizami Tsuki
- Nach den Yoko Geris darauf achten, dass wir beim Absetzen mit Empi nicht das Gewicht zu weit nach vorne nehmen, sondern so absetzen, dass der Sochin Dachi noch korrekt ist.
- Sehr interessant war Kurihara Senseis Erklärung zur ersten Drehung in KK mit Shuto Uke: Hier kann man wählen zwischen zwei Varianten des Hüfteinsatzes - einer "geschnittenen" und einer "starken", wenn ich das richtig verstanden habe. Bei der geschnittenen wird nach der Drehung die Hüfte zunächst grade gestellt und dann schnell ("schneidend") seitlich abgedreht (koshi gyaku kaiten). Bei der starken (koshi jun kaiten) Variante wird die Hüfte des nach der Drehung vorderen Beins durch kraftvolle Drehung des vorderen Oberschenkels arretiert. Hier gibt es nur eine Hüftbewegung. Die anderen Shuto Uke im KK sind alle "starke" Varianten. Kurihara verglich die "schneidende" Variante mit dem Auftakt und den großen Wendungen in der Heian Shodan.
- Die Armbewegungen bis zum ersten Kiai (Uraken und Jodan Uke mit Seitenwechsel) beschrieb Kurihara Sensei so, dass der Jodan Uke eng am Kopf sein muss, der Ellenbogen eher nach unten zeigt.
- Zum Mikazuki Geri nach dem ersten Kiai bestätigte Kurihara Sensei das, was wir bei Chubachi Sensei schon gehört hatten: Der Arm, in den der Mikazuki Geri tritt, ist nicht gestreckt, sondern angewinkelt und die Hand möglichst nah am eigenen Kopf.
- Bei den folgenden Uchi Ukes im Sochin Dachi wies Kurihara auf den korrekten Hüfteinsatz hin, den wohl nur wenige in der Gruppe richtig ausgeführt hatten: Die Hüfte bleibt beim Vorgehen grade, bis der Block folgt, dann wird sie stark ausgedreht.
- nach dem Mae Geri soll das Knie (natürlich, wir machen ja Shotokan ;-) ) oben bleiben. Danach soll der Fuß so langsam nach hinten gesetzt werden, wie die Arme für das Auseinanderziehen brauchen. Ich hatte hier Kirsten Manske als spitzenmäßiges Vorbild vor mir. Wahnsinn! So muss das!
Nach der Sauna kamen und Margot und Christian in Kißlegg besuchen und wir gingen ins Dolce Vita essen. Ein sehr schöner Ausklang des Tages!
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Freitag, 26. Mai 2017
Sonntag, 17. Mai 2015
Kata Special 2015 - Details
Bunkai Sochin bei Toribio Osterkamp:
Uke: erste Technik der Kata, allerdings schnell, nicht langsam wie in der Kata ausführen; dann Drehung nach links in KK mit Manji Uke, Umsetzen zu ZK mit Gyaku Uraken auf die Schläfe des Gegners; hinten rum drehen in KK mit Manji Uke, wieder umsetzen mit Gyaku Uraken wie eben; linkes Bein umsetzen in KK mit Shuto Uke, einen Schritt schräg vorwärts gehen mit KK und Shuto Uke gefolgt von nem leichten Suri Ashi mit Te Osae Uke und Nukite Jodan im ZK; jetzt Kizami Mae Geri und beim Absetzen Griff an die Kehle des Gegners (wie in der Hokkyokuko); Umsetzen mit Drehung Uchi Uke, Gyaku Uchi Uke. Mae Geri, hinten absetzen, mit einer Hand den anderen ranziehen und Fauststoß zur Kehle des Gegners
Tori: Angriff mit rechts Tsuki Jodan; dann an Ukes rechte Seite stellen, Mae Geri mit rechts, dasselbe an der anderen Seite, aber Mae Geri mit links, rechts um Uke herum gehen und Angriff Tsuki chudan mit links (?), Nochmal vor Angriff Tsuki Chudan plus Gyaku Tsuki; von der anderen Seite kommen, Angriff mit links (?) Chudan Tsuki
Bunkai Gojushiho Dai bei Julian:
Uke steht li vor, ihm gegenüber stehen zwei Angreifer, etwa in V-Stellung aus Sicht des Uke; der von Uke aus linke Angreifer steht rechts vor, der andere links vor (beide vordere Beine quasi nebeneinander); der linke Angreifer packt Uke mit dem linken Arm am Kragen, Uke schlägt dem Tori mit der linken (?) Hand ins Gesicht und wischt den Griff Gedan-Barei-ähnlich ab; es folgt ein Angriff Tuki Jodan von dem anderen Angreifer. Uke blockt zunächst diesen Angriff mit einer Art Age Uke nach rechts weg, schlägt dann den Arm weiter nach unten und kontert dann mit einem Tettsui Uchi
Kihon Omura Sensei
Im Shizentai mit Fausttechniken in verschiedene Richtungen - ähnlich den Naka-Sequenzen, Fokus auf Hüfteinsatz
Aus Shizentai mit li und re abwechselnd zurück in ZK mit Age Uke / Gyaku Tsuki, bereits beim Absetzen mit Age Uke auf Hüftrotation achten!
Im Shizentai seitlich ausholen zu Shuto Uke und dann auch im Stand so zur Seite ausführen; dann andere Seite - Hüftrotation beachten - sehr anspruchsvoll! Dann seitlich rausgehen mit KK und Shuto Uke
Verschiedene weitere Kombinationen.....im Kiba Dachi doppelter Tsuki, dann 45 Grad raus mit Tsuki?! wieder zurück, dann in andere Richtung.....
Uke: erste Technik der Kata, allerdings schnell, nicht langsam wie in der Kata ausführen; dann Drehung nach links in KK mit Manji Uke, Umsetzen zu ZK mit Gyaku Uraken auf die Schläfe des Gegners; hinten rum drehen in KK mit Manji Uke, wieder umsetzen mit Gyaku Uraken wie eben; linkes Bein umsetzen in KK mit Shuto Uke, einen Schritt schräg vorwärts gehen mit KK und Shuto Uke gefolgt von nem leichten Suri Ashi mit Te Osae Uke und Nukite Jodan im ZK; jetzt Kizami Mae Geri und beim Absetzen Griff an die Kehle des Gegners (wie in der Hokkyokuko); Umsetzen mit Drehung Uchi Uke, Gyaku Uchi Uke. Mae Geri, hinten absetzen, mit einer Hand den anderen ranziehen und Fauststoß zur Kehle des Gegners
Tori: Angriff mit rechts Tsuki Jodan; dann an Ukes rechte Seite stellen, Mae Geri mit rechts, dasselbe an der anderen Seite, aber Mae Geri mit links, rechts um Uke herum gehen und Angriff Tsuki chudan mit links (?), Nochmal vor Angriff Tsuki Chudan plus Gyaku Tsuki; von der anderen Seite kommen, Angriff mit links (?) Chudan Tsuki
Bunkai Gojushiho Dai bei Julian:
Uke steht li vor, ihm gegenüber stehen zwei Angreifer, etwa in V-Stellung aus Sicht des Uke; der von Uke aus linke Angreifer steht rechts vor, der andere links vor (beide vordere Beine quasi nebeneinander); der linke Angreifer packt Uke mit dem linken Arm am Kragen, Uke schlägt dem Tori mit der linken (?) Hand ins Gesicht und wischt den Griff Gedan-Barei-ähnlich ab; es folgt ein Angriff Tuki Jodan von dem anderen Angreifer. Uke blockt zunächst diesen Angriff mit einer Art Age Uke nach rechts weg, schlägt dann den Arm weiter nach unten und kontert dann mit einem Tettsui Uchi
Kihon Omura Sensei
Im Shizentai mit Fausttechniken in verschiedene Richtungen - ähnlich den Naka-Sequenzen, Fokus auf Hüfteinsatz
Aus Shizentai mit li und re abwechselnd zurück in ZK mit Age Uke / Gyaku Tsuki, bereits beim Absetzen mit Age Uke auf Hüftrotation achten!
Im Shizentai seitlich ausholen zu Shuto Uke und dann auch im Stand so zur Seite ausführen; dann andere Seite - Hüftrotation beachten - sehr anspruchsvoll! Dann seitlich rausgehen mit KK und Shuto Uke
Verschiedene weitere Kombinationen.....im Kiba Dachi doppelter Tsuki, dann 45 Grad raus mit Tsuki?! wieder zurück, dann in andere Richtung.....
Kata Special Course 2015 in Groß Umstadt
Unser Karateverband hat
jährlich zwei ganz große Trainings-Events anzubieten – neben dem Gasshuku,
welches regelmäßig Anfang August stattfindet, gibt es mit dem Kata Special
Course noch eine Veranstaltung, die sich an dem verlängerten Wochenende um
Christi Himmelfahrt herum ausschließlich mit der Trainingsform Kata
beschäftigt. Wie auch beim Gasshuku wechseln die Austragungsorte jährlich und
stets werden recht malerische Orte oder Orte, die auch für mitreisende Familien
einen besonderen Freizeitwert besitzen, ausgesucht. In diesem Jahr war –
bereits zum 10. Mal – Groß Umstadt im Odenwald Ort des Geschehens. Natürlich
hatten auch Torsten und ich uns im Vorfeld Lehrgangskarten gesichert und eine
Unterkunft reserviert. Aus organisatorischen Gründen reisten wir diesmal
getrennt an, was sich im Nachhinein als sehr günstig erwies.
Unsere
Unterkunft, das Gästehaus Regina, ist – naja, ich würde mal sagen: bedingt zu
empfehlen und vor allem für Trainierende mit schmalem Geldbeutel günstig, die
auch einen kurzen Weg zu den Trainingshallen wünschen. Ansonsten muss man schon
ein Fan skurriler Baukunst und gefliester Schlichtheit sein, die vergeblich versucht, ihren
Ausgleich durch recht schrille Wanddekorationen zu suchen. Ganz
erstaunlicher Weise gewöhnte ich mich aber doch nach einer Weile an die
Unterkunft, die mir zum Abschied beim Bezahlen mit einer recht günstigen
Rechnung wie zur Versöhnung die Hand reichte.
![]() |
Zauberhafte Wanddeko im Gästehaus Regina |
Groß Umstadt ist ein
nettes Örtchen mit einer umfangreichen Gastronomie – an jeder Ecke gibt es ein
Restaurant, ein Eiscafé oder ein Bistro. Langeweile kommt so zwischen den
Trainingseinheiten nicht auf und man trifft ja auch alle Nase lang Menschen in
Karate-Gis, mit denen man in alten Zeiten schwelgt, oder die man neu kennen
lernt.
Nachdem Torsten und ich
den ersten Abend bei gutem Essen und einem Glas Wein hatten ausklingen lassen,
ging am nächsten Morgen um sehr angenehme 10 Uhr das erste Training für uns
los. Nach dem Motto „das Beste kommt zuerst“ hatten wir direkt 90 Minuten
Training bei unserem „Chef“, Shihan Ochi. Ich kann nicht sagen, woran es liegt,
aber die Trainings bei Ochi Sensei begeistern mich immer mehr! Ich hatte in den
vergangenen Wochen mehrfach die Gelegenheit, in seinem Dojo in Bottrop
trainieren zu dürfen und konnte auch zwei Einheiten unter seinen Anweisungen
beim Instructor-Lehrgang in Bochum genießen. Auch der Lehrgang mit unserem
Chief Instructor in Münster war für mich ein spitzenmäßiges Erlebnis und das vor einigen Wochen in Dresden stattfindende Karate-Seminar Takudai (Ochi Sensei mit Naka Sensei und anderen Großmeistern, die zum Teil schon zu Lebzeiten wahre Karate-Legenden sind!) gehört für mich in die erste Liga der Karate-Events überhaupt. Es sind
Trainings mit einem hohen Anspruch an die Konzentration und Koordination – sei
es durch eine Abwandlung im klassischen Kumite oder durch neue und
längere Kihon-Variationen – manchmal sind es nur Nuancen, die die gewohnten
Bewegungsmuster aufbrechen und zu etwas Neuem werden lassen. Es ist immer empfehlenswert, in diesen Trainings
besonders gut zuzuhören, sonst kann es schon einmal eine liebevolle Kopfnuss
setzen oder es wird einem symbolisch der Schwarze Gürtel abgenommen. Ochi
Sensei startete mit einer der höchsten Katas unserer Stilrichtung, der
Gojuishiho Scho. Neunzig Minuten lang scheuchte uns der Karate-Großmeister
durch die Halle und sorgte für einen fulminanten Start des
Karate-Großereignisses!
Auch am Nachmittag wurde
die Gruppe ab 2. Dan hinsichtlich der Trainingszeiten verwöhnt: Unsere zweite
Einheit begann um 14.30 Uhr und war um 16.00 Uhr beendet, so dass noch genügend
Freizeit für Gespräche, Ausflüge oder Entspannung blieb. Am ersten Tag ging es
gleich hochkarätig weiter mit Training bei Sensei Toribio Osterkamp und einer
meiner Lieblingskatas: Sochin! Sensei Toribio überraschte uns mit abgewandelten
Kata-Sequenzen, aus denen heraus er mit uns eine anspruchsvolle
Bunkai-Übung erarbeitete. Ich kann mir vorstellen, dass diese Übung auch mit
bis zu fünf Trainierenden funktioniert. Vermutlich wollte Toribio uns das
Training aber erleichtern und hat uns die Sequenz daher zu zweit ausführen
lassen, wobei jeweils einer den Part des Uke inne hatte, der andere von
verschiedenen Seiten aus angreifen musste. Hier wurde mein Kampfgeist geweckt
und am Ende hatte ich in meiner Vorstellung all meine Gegner zur Strecke
gebracht – auch wenn ich manchmal in der Hitze des Gefechts rechts und links
verwechselte oder eine ganz neue Technikvariante einbaute. Natürlich führten
wir auch die Kata mehrfach aus und gingen dann glücklich-erschöpft in den
Nachmittag.
Der zweite Trainingstag
begann dann nicht so schön, da Torsten krankheitsbedingt abreisen musste. Ein
Kata Special ohne meinen „Kata-Mann“ konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen
– nichts desto Trotz machte ich mich tapfer auf zur ersten Einheit: Nijushiho mit unserem
National Coach Sensei Thomas Schulze. Sein Fokus lag – wie auch schon beim Samurai Spirit Seminar in Siegen – auf Techniken mit viel Spannung und
tiefer Basis – dies muss nicht zwingend bedeuten, tiefer zu stehen, aber wir
sollten eine stabile Mitte haben und viel Kraft aus dem Hara generieren. All
dies wurde gepaart mit einer Lockerheit im Oberkörper und heraus kam eine
kraftvolle, dynamische und explosive Nijushiho! Ein super Training, ein
motivierender Trainer und eine auf diese Art auch für mich schöne Kata. Ein
bisschen wehmütig dachte ich zwischendurch daran, wie sehr mit Sicherheit auch Torsten diese
Einheit gefallen hätte, da die Nijushiho zu seinen
Kata-Favoriten gehört!
Sensei Julian Chees ist
immer ein Garant für exquisites Kata-Training! So freute ich mich schon sehr
auf seine Einheit am Nachmittag. Es stand die anspruchsvolle Gojushiho Dai auf
dem Programm, die, wenn man sie nicht (wie schon einmal bei einem
Chees-Lehrgang in Münster geschehen) „ura“ ausführt, für eine extreme
Kräftigung des linken Oberschenkels sorgt. Wir begannen mit der wohl schwierigsten
Stellung der Kata: der Wendung im Neko Ashi Dashi. Julian Sensei riet uns, die
Wendung aufzuteilen und zunächst den hinteren Fuß zu drehen, um für Stabilität
zu sorgen. Es gab zahlreiche weitere Tipps und Basisübungen – aber was wäre ein
Kata-Training bei Julian, wenn es nicht auch kniffelige Bunkai-Sequenzen hätte?
So übten wir zu dritt und beherzt eine Anlehnung an die Starttechnik der Kata –
Backpfeifen inklusive :-)
Leider wurde das
Training gut fünf Minuten vorzeitig abgebrochen, als wir grade mit einer
zweiten Bunkai-Übung begonnen hatten, die wir so leider nicht vertiefen konnten: Unser DJKB-Präsident nutzte das Ende der
Einheit dazu, dem Ausrichter des Groß-Umstädter-Lehrgangs für seinen Einsatz zu
danken und überreichte ihm eine Urkunde. Eine mit Sicherheit verdiente Ehrung,
aber meiner Meinung nach hätte diese besser im Rahmen einer Lehrgangsfeier
vorgenommen werden können – so wären nicht nur die Trainierenden der Gruppe ab
2. Dan Zeuge der Laudatio geworden und wir hätten noch ein bisschen mehr vom
Training bei Julian gehabt.
Den Nachmittag verbrachte
ich dann alleine mit einem Mix aus Kultur und Wellness – sprich: Ich holte das
nach, was Torsten und ich eigentlich am Vortag gemeinsam hätten unternehmen
wollen. Also machte
ich mich alleine auf die Suche nach der Ausgrabungsstätte der römischen Villa
Haselburg und bestaunte bei herrlichstem Sonnenschein die Relikte aus alten
Zeiten. Auf dem Weg dorthin war ich ich bereits eher zufällig auf die Veste Otzberg gestoßen, eine
mittelalterliche Burgruine, und konnte auch hier ehrfurchtsvoll durch die
alten Gemäuer spazieren. Schließlich hatte ich mir dann eine Erholung in der
Odenwaldtherme verdient – eine kleine, aber feine Saunalandschaft im
beschaulichen Ort Bad König, in der mich vor allem die vierteilige Aufgussprozedur
namens „extra heiß“ kreislaufmäßig vollends forderte.
![]() |
Burgruine Veste Otzberg |
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Römische Villa Hasenburg (Ausgrabungsstätte) |
Gut erholt sprang ich am
nächsten Morgen dann bereits um 7 Uhr aus den Federn, um die Einheit bei Shihan
Omura um 08.30 Uhr mitzunehmen. Über den charismatischen Nationaltrainer
Thailands hatte ich über meine Senseis Michael Jarchau und Andreas Klein schon
viel Beeindruckndes gehört und so war ich sehr gespannt auf sein Training der Kata
Gankaku! Ich hatte mich zu diesem Zweck der Gruppe bis 1. Kyu angeschlossen.
Nach
dem Aufwärmen durch einen jungen Braungurt begann der Shihan direkt mit sehr
anspruchsvollen Kihon-Kombinationen, bei denen es ihm vor allem auf den
korrekten Hüfteinsatz ankam. Offensichtlich sah er bei uns hier noch einen
erhöhten Trainingsbedarf – und er ging vielleicht auch davon aus, dass der
Ablauf der Schwarzgurtkata, die das Bild eines Kranichs auf dem Felsen
symbolisiert, schon bekannt ist. Jedenfalls verblieb für das eigentliche
Kata-Training leider nur eine knappe halbe Stunde.
![]() |
Omura Sensei auf den Plakat des diesjährigen Kata Special |
Zu Demonstrationszwecken
suchte Omura Sensei einen fortgeschrittenen Karateka, der die Kata bereits
beherrscht. Seine vortreffliche Wahl fiel auf Jakob Schmidt, der mit einer
bewundernswerten Leichtigkeit und Akkuratesse Technik für Technik ausführte und
sich dafür einen dicken Applaus verdiente! Das war Karate auf allerhöchstem Niveau
und hinterließ einen optimalen Eindruck davon, wie die Kata aussehen kann! Wir
anderen versuchten uns dann anschließend an der Ausführung der Kata, die über einige
anspruchsvolle Drehungen und Wackelgefahr bergende Einbein-Stände verfügt.
Insgesamt hätte sich wohl der Großteil der Gruppe noch eine weitere Vertiefung
der Kata gewünscht – manchmal sind 90 Minuten einfach zu kurz – vor allem, wenn
man das seltene Vergnügen hat, bei einem der im Ausland lebenden, japanischen
Großmeister zu trainieren. Mir persönlich hat es sehr gut gefallen, dass der
Shihan den Unterricht auf Englisch und ohne Übersetzung abhielt. So werden
unnötige Trainingspausen verhindert und viele Aspekte lassen sich – mal
abgesehen davon, dass Englisch den meisten Trainierenden geläufig ist – ja auch
durch Zusehen und Nachahmung erkennen und ableiten.
Da ich bereits am späten
Samstagnachmittag abreisen musste, hatte ich mir als letzte Einheit und
weiteren Höhepunkt eine weitere Einheit in der Gruppe bis 1. Kyu ausgesucht: Chinte bei dem von mir sehr geschätzten Sensei Jean-Pierre Fischer. Der aus
Frankreich stammende und heute in Luxemburg lebende Kata-Spezialist ist seit
langem einer der Lieblingstrainer von Torsten und mir. Für ihn nahmen wir sogar
vor etwa vier Jahren die Strapazen einer langen Autofahrt nach Crosne bei Paris auf
uns und wurden dort mit einem erstklassigen Lehrgang bei ihm und seinem langjährigen
Trainingspartner Jean-Michel Blanchard belohnt! Jetzt also mein aktueller
Kata-Favorit Chinte bei Jean-Pierre – ich war sehr gespannt! Nach dem von Jean-Pierre
persönlich ausgeführten Aufwärmtraining begannen wir mit Kihon-Übungen, bei
denen der Sensei uns aufforderte, möglichst stabil und tief zu stehen. Vor
allem bei Schritt- oder Stand-Wechseln sollten wir den Schwerpunkt auf einer
Höhe lassen. Dies brachte natürlich ruckzuck unsere Oberschenkel zum Brennen
und sorgte für eine gute Trainingsvorbereitung. Anschließend gab es – viele
kannten es schon von dem Wahl-Luxemburger – verschiedene Sequenzen der Kata
„auf der Stelle“, also lediglich die Armtechniken und Kicks der Kata aus dem Shizen Tai
heraus. Schließlich fügten wir Stände und Techniken zusammen und führten die
Kata Stück für Stück aus. Der Sensei ließ es sich nicht nehmen, uns umfassend
zu korrigieren und da er meine Vorliebe für die Kata kannte, durfte auch ich
vor der Trainingsgruppe eine Sequenz vorführen. Leider stießen die Feinheiten,
die ich mir in den letzten Wochen und Monaten für die Chinte angeeignet hatte,
bei Jean-Pierre nicht vollumfänglich auf Gegenliebe und so gab es zahlreiche
Änderungswünsche, die mich zum Teil irritierten. Ich werde in den nächsten
Wochen daran arbeiten, mir hier eine korrekte und zu
mir passende Ausführungsversion zu überlegen.
Nachdenklich und etwas
weniger euphorisch als zwischen den übrigen Einheiten trat ich den Heimweg an.
Die vergangenen Tage waren ein Mix aus Technik und Kampfgeist, Ausführung und
Partnertraining, Bekanntem und Neuem, Sicherheit und Zweifel – sechs
eindrucksvolle Trainings, nicht immer nur in der eigenen Wohlfühlzone. Ich
denke, so muss Karate sein, denn wie sagte mein Sensei Risto einst so schön?
„Karate fängt dann an, wenn die Selbstzweifel schneller wachsen, als das
Können.“ Oss.
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