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Samstag, 23. Dezember 2023

„Mach‘s mir schwer, dann nehm‘ ich‘s leichter!“ Mögliche Einflüsse des Karate auf die Ausbildung der Resilienz bei Kindern und Jugendlichen

  


Können Einschränkungen, und das Überwinden von Widerständen Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, die Fähigkeit der Resilienz auszubilden? Welche Rolle spielen hierbei das Angewöhnen zielgerichteter Bemühungen und das Aushalten von Entbehrungen? 

 

Gibt es Sport- oder Freizeitbeschäftigungen, die in Kindheit und Jugend nicht erlebte Einschränkungen und Entbehrungen ersetzen können, um daraus Resilienz zu schöpfen? Welche Fähigkeiten müssten die Trainerinnen oder Trainer hierzu mitbringen? Und welchen Einfluss haben die Eltern auf die Ausbildung der Resilienz ihrer Kinder? 

 

Resilienz, was ist das überhaupt? 

Der Begriff Resilienz[1] kommt eigentlich aus der Materialwissenschaft und wurde erst später in die Psychologie übertragen. Resilienz bezeichnete ursprünglich die Eigenschaft von Stoffen, die ihre ursprüngliche Form trotz extremer äußerer Einflüsse behalten oder nach kurzer Zeit wiedererlangen – wie z.B. ein Gummiball, der beim Aufprall auf den Boden eine Delle bekommt, dann aber nach ein paar Sekunden wieder seine runde Form annimmt. Übertragen auf die menschliche Psyche würde das bedeuten, dass resiliente Menschen über eine hohe psychische Widerstandskraft verfügen, so dass sie sich nach schwerwiegenden und belastenden Erlebnissen schnell wieder erholen. Insgesamt bedeutet eine hohe Resilienz also, dass Menschen psychisch belastende Ereignisse, Pechsträhnen, Krisen und Krankheiten, Unglück und Verluste vergleichsweise gut überstehen und keine schwerwiegenden Folge-Belastungen daraus entwickeln. 

 

In den Anfangszeiten der Forschung hatte man angenommen, Resilienz sei genetisch veranlagt. Heute ist man überwiegend der Ansicht, dass Resilienz das Ergebnis von Anpassungsprozessen an belastende Ereignisse ist. 

Demnach verändern sich Menschen also in Auseinandersetzung mit herausfordernden Lebensereignissen: 

  • Bestenfalls werden in herausfordernden Situationen Stärken entdeckt und entfaltet
  • Oder die Menschen lernen aus einer negativen Erfahrung und wappnen sich für zukünftige Herausforderungen. 
  • Vielleicht werden auch bisherige Einstellungen oder Auffassungen widerrufen, um in Zukunft nicht erneut Niederschläge zu erleiden. Dies kann sich in Vermeidungsstrategien äußern.

Widerstandskraft entwickeln

Die Idee, Widerstandskraft oder Abwehrkräfte zu entwickeln, kennen wir aus dem Bereich der Infektionskrankheiten: Um das körperliche Immunsystem zu stärken, wird eine Kur im Reizklima der Nordsee empfohlen oder es wird geraten, bei Kneipp-Kuren oder Wechselbädern den Körper an kaltes Wasser zu gewöhnen und dadurch „abzuhärten“. Durch Impfungen soll der Körper mit geringen Dosen von Krankheitserregern konfrontiert werden, damit Antikörper gebildet werden, um den Ausbruch der vollständigen Krankheit zu verhindern. 

Diese Ansätze kann man auch auf den Erwerb psychischer Abwehrkräfte übertragen: Nach diesem Modell müsste eine Person geringen Dosen von Entbehrungen und Anstrengungen und Frustrationen ausgesetzt werden, um gegen psychische Belastungen Abwehrkräfte entwickeln zu können. Die durchlebten Entbehrungen und Anstrengungen müssen auf ein sinnvolles Ziel hinführen und ein Erfolgserlebnis mit sich bringen. 

In den konkreten Situationen kann zum Beispiel erlebt werden:

  • Ich habe Energie, ich bin kraftvoll!
  • Ich bin selbstwirksam!
  • Ich kann mit wenig auskommen. 

Bedeutsam ist jedoch nicht nur das Erleben in der konkreten Situation, sondern vor allem auch der Transfer des Erlebten auf zukünftige, ähnliche Herausforderungen, Hürden, Aufgaben. Bei hinzugewonnener Resilienzfähigkeit können sich bei zukünftigen Krisen beispielsweise folgende Gedanken einstellen: 

  • Ich habe das schon einmal erlebt und überstanden. Dann überstehe ich es auch jetzt! 
  • Ich habe schon Schlimmeres erlebt und überstanden. Dann überstehe ich dies erst recht! 
  • Ich habe in der Vergangenheit selbst Lösungen entwickelt. Dann kann ich auch jetzt Lösungen finden!
  • Ich habe erlebt, dass ich meine Bedürfnisse wahrnehmen und kontrollieren kann und muss ihnen auch jetzt nicht unmittelbar nachgeben.
  • Ich kann mich in Geduld üben. 
  • Ich kann beharrlich sein.
  • Ich halte (Trainings)Routinen aus. 

Widerstände konstruieren

Viele Eltern möchten ihre Kinder wohl behüten und wünschen sich, dass die Kinder möglichst sorgenfrei leben. Die Kinder wachsen dann ohne große Widerstände auf. Studien haben ergeben, dass diese Kinder jedoch nicht glücklicher sind als andere Kinder. Häufig zeigen sie sogar Verhaltensauffälligkeiten, die denen verwahrloster Kinder ähneln. 

Zudem besteht die Gefahr, dass Menschen, die in der Kindheit und Jugend keine nennenswerten Herausforderungen zu erleben hatten oder nicht mit Widerständen kämpfen mussten, im späteren Leben an Hürden scheitern, die nach objektiven Maßstäben zu meistern gewesen wären. 

Daher stellt sich die Frage, ob Menschen, die in der Kindheit größere Schwierigkeiten erlebt haben, unter bestimmten Umständen ein größeres Resilienzpotenzial entwickeln. 

Bei Schwierigkeiten in der Kindheit kann es sich handeln um:    

  • Eigene Krankheiten (Krebs, Behinderung, chronische Erkrankung)
  • Krankheiten der Eltern oder Geschwister
  • Suchterkrankungen der Eltern oder Geschwister 
  • Spannungen / Trennungen im Elternhaus
  • Traumatisierungen z. B. durch Gewalt, Missbrauch, Unfälle
  • Tiefer sozialer Status / Armut
  • Häufige Umzüge und Schulwechsel
  • Krieg, Flucht, Vertreibung

Um aus diesen Krisen gestärkt hervorzugehen, ist es wichtig, dass in der Kindheit Strategien entwickelt wurden, die geholfen haben, die Schwierigkeiten zu überwinden. Diese Strategien können

  • intrinsisch sein (also von den Kindern selbst entwickelt) oder
  • extrinsisch (z. B. Unterstützung durch Eltern oder Lehrerinnen und Lehrer, Therapieformen, ärztliche Maßnahmen, Unterstützung durch Freundinnen und Freunde)

Es kann auch Aspekte geben, die verhindern, dass Kinder, die Entbehrungen erlebt haben, resilient werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn

  • die Krisen unüberwindbar sind.
  • das Kind keine ausreichende Unterstützung durch Familie oder außerhalb des Elternhauses findet. 


Wie könnte ein Sport- oder Freizeitangebot aussehen, das Kinder dabei unterstützt, resilientes Verhalten zu entwickeln?

Es kann vielfältige Angebote geben, die bei Kindern die Ausprägung der Resilienz fördern. Ich habe mich hier auf sportliche Angebote fokussiert, da sie für die meisten Familien am ehesten zu realisieren sind. Ein infrage kommendes Angebot sollte folgende Eigenschaften besitzen:

  • Es muss dem Kind Spaß machen!
  • Das Angebot wird möglichst in einer festen Gemeinschaft/Team betrieben. 
  • Es soll Anstrengungen erfordern, die das Erreichen eines (sportlichen) Ziels (Sportabzeichen, Turniergewinn, bestandene Gürtelprüfung o.ä.) zur Folge haben können
  • Das Angebot soll eine regelmäßige, strukturierte, möglichst verpflichtende Tätigkeit sein, die Disziplin und Beharrlichkeit erfordert.
  • Die sportliche Betätigung soll Entbehrungen, die im Alltag nicht erlebt werden, ersetzen, um die Psyche in geringen Dosen an Mangelgefühle zu gewöhnen. 


Beispiel Teamsportarten 

Das Team kann das sichere Netz bilden, das für das Aushalten von Entbehrungen und Frustrationen die wichtige Grundlage bildet. Das Ziel der beharrlichen Anstrengung kann ein Turniersieg oder der Aufstieg in eine höhere Liga sein. Teamsporttraining findet üblicherweise regelmäßig statt und ist bestenfalls gut strukturiert. Im Training von Teamsportarten darf keine/r fehlen oder sich hängen lassen. Bei den Entbehrungen kann es sich um Training im Freien - auch bei Regen oder Kälte - handeln. Ein Nachteil von Teamsportarten kann sich dadurch ergeben, dass oftmals der Erfolg des Teams im Vordergrund steht und Kinder, die weniger talentiert sind, „aussortiert“ werden.


Beispiel Kampfkünste 

Kampfkünste gelten nicht als Teamsportarten. Gleichwohl bildet ein gut geführtes Kampfkunst-Dojo eine starke soziale Gemeinschaft. Diese kann ähnlich dem Team in Teamsportarten als soziales Netz dienen und die Grundlage bilden, damit Entbehrungen ausgehalten, Frustrationen toleriert und Anstrengungen gelebt werden. Die Anstrengungen können durch das Erlangen einer neuen Gürtelfarbe oder Turniersiege belohnt werden – aber auch durch den Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten wie beispielsweise das Erlernen einer neuen Kampfkunst-Form (Kata) oder förderlicher Persönlichkeitsmerkmale wie Selbstbewusstsein oder sicheres Auftreten. 

Kampfkunstunterricht ist durch strenge Regeln, Rollen, Routinen und Rituale klar strukturiert und findet bestenfalls mehrmals pro Woche statt. Die Herausforderungen und Entbehrungen, die im Karate-Unterricht erlebt werden, sind vielfältig und können z.B. in der Überwindung bestehen, ein Brett durchschlagen zu wollen, bei Kälte oder früh am Morgen zu üben, barfuß zu üben (auch im Winter), Schmerzen zu erfahren, auf Speisen und Getränke während einer Übungsstunde zu verzichten.

Kampfkünste verlangen von Kindern oftmals eine strenge Disziplin, die sich nicht nur auf die sportlichen Übungsaspekte bezieht, sondern auch auf das generelle Verhalten (leise sein, gerade sitzen etc.). Zudem wird geübt, sich gegenseitig mit Respekt zu begegnen. 

Von Kindern, die eine Kampfkunst betreiben, wird eine gewisse Folgsamkeit erwartet, die in anderen Lebensbereichen etwas aus der Mode gekommen scheint. Es wird zudem erwartet, die eigenen Bedürfnisse zu kontrollieren und Impulse zu steuern. Insgesamt gibt es in den Übungsstunden wenig Raum für eigene Befindlichkeiten.

Was Kampfkünste deutlich von anderen Freizeitbeschäftigungen unterscheidet, sind die im Unterricht vermittelten und im Regelfall in den Alltag übergehenden Werte wie Höflichkeit, Bescheidenheit, Geduld, Selbstbeherrschung und Hilfsbereitschaft. Die Kombination aus Anstrengungen, Entbehrungen, Disziplin und einer sozialen Gemeinschaft, deren Mitglieder respektvoll miteinander umgehen, sorgen für eine Stärkung des psychischen Immunsystems und stärken die Reslieienz. 

In Kampfkünsten kommt es vor allem auf den oder die Lehrer*innen an: Diese sind weit mehr als Trainer*innen oder Übungsleiter*innen. Sie müssen auch Vertrauenspersonen sein und sollten über folgende Fähigkeiten bzw. Eigenschaften verfügen:

  • Gute fachliche, didaktische, pädagogische Ausbildung
  • Gute Menschenkenntnis
  • Wohlwollen und Begeisterungsfähigkeit
  • Gelebte TrainerInnen-Ethik (nicht wie John Creese bei Karate-Kid)
  • Verzicht auf Schikane
  • Fähigkeit zur Selbstreflexion, Bereitschaft zur Inter- und Supervision
  • Karatelehrer*innen dürfen ihre eigenen Schwächen und Defizite nicht auf die SchülerInnen projizieren. Sie müssen die Persönlichkeiten er Schülerinnen und Schüler (er)kennen mit all ihren Stärken und Schwächen akzeptieren.

Einfluss der Eltern auf die Ausbildung der Resilienz ihrer Kinder

Neben den unterstützenden Sport- oder Freizeitbeschäftigungen haben die Eltern den größtmöglichen Einfluss auf die Ausbildung der Resilienzfähigkeit ihrer Kinder: Überall dort, wo es nicht unbedingt Hilfe benötigt, sollten Eltern ihre Kinder selbst agieren lassen. Sie sollten zudem. altersgerecht Verantwortung übernehmen müssen (für das eigene Haustier, die Ordnung im Kinderzimmer o.ä.). Den Schulweg sollten Kinder nach Möglichkeit selbst bewältigen (zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln). 

Daneben brauchen die Kinder in der Familie einen stabilen Rahmen mit einem guten Gleichgewicht aus Wärme und Unterstützung auf der einen Seite sowie Grenzen und Kontrolle auf der anderen. 


Literatur: 

 

Resilienz – Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft, Christina Berndt, Deutscher Taschenbuch-Verlag (dtv), 2015

 

Diplomarbeit „Überbehütete Kinder und die Entwicklung der Emotionsregulation“ von Lisa Reitzig, Universität Wien, 2014

 

Budo – Wesen und Wirken der Kampfkunst, Jörg-M Wolters, BoD Books on Demand, 2020


[1] Der Begriff Resilienz leitet sich von dem lateinischen Verb resilire ab, was zurückspringen, abprallen bedeutet.

Dienstag, 27. Juni 2023

Sicherheit für Ihr Kind - vom Sinn und Unsinn der "Passwort-Regel"

 Warum sich Familien nicht auf die "Passwort-Regel" verlassen sollten ...

In meinem Kurs "Zivilhelden" in Coerde mit Müttern und Kindern ging es unter anderem auch um das Thema "Steig nicht in (fremde) Autos ein". bzw. "Gehe nicht mit (fremden) Personen mit". Hier weiche ich in meinen Kursen vermutlich von einigen populären Methoden ab.

1. Wer ist "fremd"? Fremd ist ganz unbestritten wohl eine Person, die ein Kind noch nie gesehen hat. Als fremd kann man auch Personen bezeichnen, deren Namen man nicht kennt oder die man nur selten sieht. Oder man definiert als fremd alle Personen, die nicht zur Familie gehören. Ich halte auch das für zu ungenau - zumal der größte Teil der Gewalttaten gegen Kinder durch Personen geschieht, die zur Familie oder zum engeren Bekanntenkreis gehören. Ich empfehle hier daher, dass in der Familie klar definiert wird, mit wem ein Kind mitfahren oder mitgehen darf. Dies können "nur Mama und Papa" sein. Oder "auch Oma". Oder vielleicht "Kinderfrau Judith", die das Kind wochentäglich betreut. "Und was ist, wenn das Kind mal mit einem befreundeten Kind im Auto dessen Mutter mitfahren will?" - Dann sollte man das vorher besprechen und für das eine Mal vereinbaren.
2. "Passwort-Regel": Immer wieder lese ich den Ratschlag, dass Eltern mit ihren Kindern ein Passwort vereinbaren sollen: Kommt dann z.B. jemand in die Kita und fordert das Kind auf, mitzukommen oder ins Auto zu steigen, muss das Kind nach dem zwischen ihm und den Eltern vereinbarten "Passwort" fragen. Nur wer das richtige Passwort nennen kann, ist vertrauenswürdig (offenbar egal, ob die Person dem Kind bekannt ist oder nicht) und mit der Person darf und soll das Kind dann mitgehen.
Ich überlege immer wieder, für welchen Fall diese Regelung geeignet ist. Wenn schon beim Wegbringen in die Kita oder Schule klar ist, dass die gewohnte Bezugsperson das Kind nicht selbst abholen kann, dann kann man das bereits zu diesem Zeitpunkt mit Kind und Erzieher*innen / Lehrer*innen besprechen. Sollte es sich um einen Notfall handeln (Mama hatte einen Unfall und ist im Krankenhaus), ist es m.E. zweifelhaft, ob die Mutter noch der abholenden Person das passende Passwort hat sagen können. Und das Kind? Sagt man dem Kind: "Mama hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus", was geht dann wohl in dem Kind vor? Stress und Angst mischen sich zu einem Cocktail, der aller Erfahrung nach das Denken erschwert. Kann sich ein Kind dann noch an die Passwortregel erinnern? Oder an das richtige Passwort? Oder möchte es nur schnell Mama sehen?

Wie oft will man das üben und wiederholen, bis man sicher gehen kann, dass die Regel bei allen Stellen erinnert wird? Wird das Kind auch beim von der Mutter getrennt lebenden Vater nach dem Passwort fragen, wenn er es ohne Absprache von der Kita abholt? Oder beim netten Nachbarn, der das Kind mal "ausnahmsweise" abholen will?
Sollte man die Energie, die in die Passwort-Geschichte aufgewandt wird, nicht besser in andere Strategien investieren, die wirklich wirken? Meiner Meinung nach wiegt diese Idee Eltern und Kinder fälschlicherweise in Sicherheit.
Im Kurs "Zivilhelden" sprach ich dann auch das Thema "Nicht mitgehen/nicht einsteigen" an. Eine Mutter winkte gleich ab: "Ach, da haben wir ja die Passwortregel, nicht wahr (zum Kind)?" Das Kind nickte eifrig. Die Mutter zu den anderen Müttern: "Wenn jemand will, dass meine Tochter mitgeht, fragt meine Tochter nach dem Passwort und nur wenn das richtige Passwort genannt wird, geht sie mit." Tochter nickt wieder. Pause. "Mama?" "Ja?" "Wie ist denn nochmal das Passwort?"


Samstag, 25. Juli 2020

Training "Starke Kinder bei Schulbeginn und Schulwechsel"

Ziel: Förderung der Konzentration, des Körperbewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Wehrhaftigkeit

- Link-rechts-links: Vor dem Überqueren einer Straße müssen Fußgänger*innen den Straßenverkehr beachten. Hierzu bleibt man am Straßenrand stehen und blickt erst nach links, dann nach rechts, dann noch einmal nach links. Wenn die Straße frei ist, kann sie überquert werden.

Im Training üben wir das so:
Vorbereitung / Warmup auf der Stelle (Corona) mit Laufen und Hampelmann, danach Tsuki und Keri

Anschließend war die Koordinationsleiter ausgelegt und davor im Abstand von ca. 1,5 m die kleinen Handpratzen (eine oder zwei mehr als Kinder im Training sind).

Die Kinder nehmen je Aufstellung neben einer Pratze, ein Kind kann sich schon an die erste Sprosse der Leiter stellen.
Nun läuft das erste Kind durch die Leiter, die anderen Kinder haben die Aufgabe, sehr aufmerksam zu sein und sofort wenn die Pratze vor dem Kind "frei" wird, aufzurücken (wie beim "Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel" ein Feld vorzurücken); zwei oder drei Durchgänge, bis das klappt.

Anschließend an der Pratze stehend Blick zum Spiegel ausrichten. Die Kinder werden gefragt, wo "links" ist. Bei uns in der Karateschule wissen alle Kinder "da, wo das Logo auf der Jacke ist, da ist links". Die Kinder üben dann, den Kopf abwechselnd nach links und rechts zu drehen. Im Folgenden heißt es dann: "Links, rechts, links" und dann wieder den Kopf gradeaus zum Spiegel - das wird ca. 10 Mal wiederholt. Es wird erklärt, warum es wichtig ist, erst nach links zu blicken und vor dem Losgehen noch einmal: Durch den Rechtsverkehr in Deutschland kommen die Autos, die dem Kind am Straßenrand am nächsten sind, von links.

Dann drehen sich an ihrer Pratze wieder alle in Richtung Leiter und das erste Kind geht zur ersten Sprosse. Nun blickt es nach links-rechts-links, bevor es über die "Straße" (in Form der Leiter) laufen darf. Die anderen Kinder haben weiter die Aufgabe, aufmerksam zu sein und immer aufzurücken; drei Durchgänge. Wenn wir feststellen, dass die Kinder nur "mit dem Kopf wackeln" und gar nicht richtig zur Seite blicken, können sich die Trainer*innen an die Seiten hocken und - wenn die Kinder schauen - lustige Grimassen schneiden :-)

Verschärfung: Die Kinder sollen lernen, ihre Aufmerksamkeit auf die Straße zu richten, auch wenn eine Freundin ruft oder ein süßer kleiner Hund auf dem Gehweg entlang geht. Wir üben weiter an der Leiter: Ein Kind steht an der ersten Sprosse - Aufgabe ist weiter, links-rechts-links zu schauen und dann die Leiter zu durchqueren, ohne die gelben Leisten oder die grüne Schnur am Rand zu berühren.  Es ist das Ziel, sich nicht ablenken zu lassen! Ablenkung wird bei dieser Übung nun dadurch hergestellt, dass alle anderen Kinder mit ihrer Pratze am Rand der Leiter im Abstand von ca. 1 m zur Leiter und 1,5 m voneinander Aufstellung nehmen, so dass das durch die Leiter laufende Kind quasi einen Spießrutenlauf erlebt. Die Kinder am Rand können
- bei der Pandagruppe einfach nur "da stehen"
- bei der Fuchsgruppe Hampelmann machen, Tsuki machen oder Mae Geri
Mit den Kindern sollte auch intensiv besprochen werden, welchen Zweck die Übungen haben, damit der Transfer von der Laborsituation im Dojo zur Realität gelingt.


Freitag, 31. Januar 2020

Macht Karate aggressiv?

Gelegentlich werden wir vor allem von Eltern gefragt: „Macht Karate nicht aggressiv?“ 
Die Antwort lautet: nein. Und: ja. 

Ich habe mich grade im Rahmen einer Fortbildung mit dem Thema Aggressionen näher beschäftigt und mich auf die Spuren des wunderbaren Peter Levine begeben (amerikanischer Biophysiker, Psychologe und Trauma-Therapeut, hier speziell sein Buch „Sprache ohne Worte“). 

Aggressionen sind grundsätzlich nichts Schlechtes, sondern Ausdruck von Kraft und Lebensenergie. Der Begriff Aggression (lat. aggressiō / aggredī sich auf etwas oder jemanden zubewegen, heranschreiten, sich nähern, angreifen) bedeutet übertragen auch: etwas anzugehen, etwas erreichen zu wollen. Gesunde, zielgerichtete Aggressionen dienen dazu, zu bekommen, was man im Leben braucht (Nahrung, Kleidung, Unterkunft, LebenspartnerIn etc.) und zu schützen, was man hat.
Auf dem zielgerichteten Ausleben von Aggressionen beruhen letztlich auch unsere Leidenschaften und unsere Lebenslust. Aggressionen dienen dazu, Grenzen zu setzen. Ungehinderte, klar ausgerichtete Aggressionen verkörpern Selbstschutz. Wir empfinden dann keinen Ärger, sondern spüren, wie wir eine offensive Haltung von Selbstbehauptung, Selbstschutz und Kampfbereitschaft einnehmen. Aggressionen führen erst dann zu Ärger und Wut, wenn wir nicht in der Lage sind, Konflikte zu lösen. Aus diesem Grund haben wir Elemente des Konflikttrainings bereits in unsere Kindertrainings integriert. Zudem bieten wir spezielle Kurse für Konfliktkommunikation für Kinder im Grundschulalter an („Stärke statt Streit“). Wir sind der Meinung, dass wir so dazu beitragen, Gewaltpotenziale zu verringern. 

Zudem kann es passieren, dass gesunde Aggressionen in einen chaotischen, unproduktiven, reaktiven emotionalen Zustand führen, wenn die Aggression abrupt gestoppt wird, z. B. durch eine versperrte Flucht. Derselbe Zustand kann sich einstellen, wenn einem Menschen in einer als gefährlich empfundenen Situation schlichtweg keine Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Karate wird daher bei uns bereits in den Trainings für Vorschulkinder als Eigenschutztraining praktiziert. (Wir vermeiden den Begriff Selbstverteidigung, da hierunter meist allein die körperliche Reaktion auf Angriffe verstanden wird, also Abwehr im Sinne von Schlagen, Treten usw. Unser Eigenschutzkonzept ist jedoch ganzheitlich aufgestellt und bezieht insbesondere auch die Vermeidung, Kommunikationsmöglichkeiten und die Fähigkeit, zu deeskalieren mit ein.) Den Kindern werden möglichst viele Handlungsspielräume eröffnet, um in Konfliktsituationen je nach Ausprägung des Konflikts angemessen reagieren zu können. 

In unseren Karatestunden für Kinder und Jugendliche vermitteln wir in altersgerechten Abstufungen den Umgang mit unseren Aggressionen. Stillere Kinder werden gestärkt, Kinder, die aus Sicht ihrer Umwelt eher schnell überreagieren, lernen, ihre Aggressionen zu kontrollieren. Entscheidend ist hier vor allem, den Übergang von gesunder Aggression zu unkontrollierter Wut und Raserei zu erkennen und hier kurz innehalten zu können. Im Karate soll ganz im Sinne der asiatischen Philosophie „der Geist klar und leer sein wie ein Spiegel oder die Oberfläche eines stillen Sees“. Nur wenn wir ohne Groll, Ärger und Wut sind, können wir besonnen handeln und unser gesamtes Potenzial über Vermeidung / Flucht, Kommunikation, Deeskalation, Selbstbehauptung und technischem Eigenschutz nutzen. Hier sind die im Karate gelebten Werte sehr hilfreich: Bereits die Kleinsten lernen bei uns den respektvollen Umgang miteinander, Werte wie Höflichkeit, Bescheidenheit, Geduld und Selbstbeherrschung, Gerechtigkeit und Hilfsbereitschaft werden nicht nur in unserer Dojo Kun am Ende eines jeden Trainings zitiert, sondern auch während der Übungen regelmäßig erinnert und praktiziert. 

Zusammengefasst lässt sich daher sagen: Karate lehrt unter anderem zielgerichtetes und kontrolliertes Ausagieren von Aggressionen und bietet daher eine Option zur Steigerung der der Zufriedenheit und der Lebenslust. 

Und wir gehen auch weiter und bieten Eltern in persönlichen Beratungsterminen und Coachings Hilfe an. So können Eltern ihren Kindern helfen, mit Aggressionen umzugehen: 
Viele Eltern sind hilflos im Umgang mit Wut und Aggressionen ihrer Kinder. Zum Teil wird versucht, Wutausbrüche kategorisch zu unterbinden und Aggressionen zu unterdrücken. Häufig führt dies dazu, dass die Wut zu anderer Zeit oder an anderer Stelle dann unkontrolliert und verstärkt ausbricht (in der Schule, gegenüber anderen, schwächeren Kindern etc.). Andere Eltern lassen der Wut ihrer Kinder freien lauf, wollen oder können sie nicht stoppen. Beides ist wenig hilfreich. Wünschenswert wäre es, dem Kind einen Raum für die kindlichen Aggressionen schaffen, um sie so zu kanalisieren, dass sie dem Kind nützen. Die Eltern sollten dem Kind möglichst erlauben, seinen Ärger zu spüren und ihm dadurch helfen ihm, zu verstehen, warum es so wütend ist. 




Samstag, 2. November 2019

Kids als Katastrophen-Manager - Kindertraining Karate

Nach unserer Japan-Fortbildung unter den Eindrücken der japanischen Gesellschaft - dem Taifun und Erdbeben und aktuell dem Feuer auf Shori Jo

Kindern von Japan erzählen und von drei regelmäßigen Katastrophen: Tsunami, Feuersbrünste und Überschwemmungen

1. Tsunami: Man muss am besten so hoch wie möglich sein, einen Hügel, eine Anhöhe erklimmen! Die Kinder sollen "Hügel" im Dojo bauen durch die großen Pratzen, Teile des Plyo-Turms etc. Dann durch die Halle laufen und auf Kommando "Tsunami" auf eine der Anhöhen stellen - gerne auch im Team - unterstützend, zu mehreren auf einer Anhöhe. Dreimal durchgehen.

2. Feuer: Auf eine festgelegte (Matten)Fläche gehen lassen und einige Matten vor der Fläche bereit legen. Erklären, dass man eine Brandschutzmauer bauen kann durch Aufrechtstellen der Matten. Versuchen lassen. Dann durch die Halle laufen und auf Kommando Feuer in Sicherheit gegen (auf die Fläche) und die Brandschutzmauer errichten. Dreimal durchgehen.

3. Überschwemmung: Fragerunde - was macht man bei einer Überschwemmung - Wasser abschöpfen! Mit Seilen zwei parallele "Ufer" abstecken, etwa zwei Meter Platz dazwischen lassen. an eine Kante die kleinen Kissen legen lassen als "Eimer" - auf Kommando "Überschwemmung" die Kissen von einem Ufer zum anderen tragen und symbolisch Wasser schöpfen, zweimal wiederholen, dann durch die Halle laufen, auf Kommando Überschwemmung zum Ufer laufen und Wasser schöpfen, drei Durchgänge

Dann erklären, dass sich in Japan diese Katastrophen ja immer abwechseln und man weiß nie, was als nächstes kommt! Darum jetzt durch die Halle laufen und auf mein Kommando entweder Feuer löschen, vor dem Tsunami retten oder Wasser schöpfen

Dienstag, 30. Juli 2019

Koordinationsleiter Übungen

- Schräg von der Seite kommend, 45 Grad, mit dem rechten Fuß in das Leiter-Feld und mit dem linken außerhalb der Leiter, ZK stehen, Kizami Tsuki, dann mit dem linken Fuß in das Feld, den rechten raussetzen, Kizami Tsuki - dann im nächsten Feld dasselbe
- dasselbe mit Age uke, Uchi uke, Oi Tsuki, Gyaku Tsuki o. ä. in ZK
- und mit KK  Shuto Uke

- seitlich in den Liegestütz, beide Hände in das erste Feld, dann in das zweite mit den Händen laufen, ins dritte etc

- fortgeschrittene: mit den Händen in das nächste Feld springen

Montag, 20. Mai 2019

Yori Ashi / Suri Ashi - Warmup-PartnerInnen-Übung

"Leihgabe" vom Tobias Prüfert-Lehrgang bei uns im Dojo

Links vor stehen: 
-       Hinteres Bein ran ziehen
-       Vorderes Bein vor
-       Vorderes Bein zurück
-       Hinteres Bein zurück
-       Zehnmal wiederholen
-       Dann anders rum

Dann zu zweit: 
-       Großer Abstand
-       Hinteres Bein ran, vorderes vor und mit der flachen Hand ineinander 
-       Dann zurück 
-       Zehnmal
-       Dann andersrum

-       Dann der mit dem anderen Arm (wie Gyaku Tsuki)

-       Dann Wie Kizami Tsuki-Gyaku Tsuki


Freitag, 15. März 2019

Anti-Mobbing-Training

In letzter Zeit häufen sich die Anfragen von Eltern, die sich Sorgen machen, weil ihre Kinder in der Schule gemobbt werden. Sie wenden sich an uns Trainerinnen und Trainer der Karateschule Fuji San Münster, weil sie hoffen, durch Karateunterricht ein "Schwert" gegen Mobbing in der Hand zu haben. Diese Anfragen ehren mich und ich gehe sehr bedacht mit meinen Ratschlägen um. 
Die Empfehlung "Wenn Dich auf dem Schulhof einer haut, dann hau zurück!", ist für mich nicht empfehlenswert. Ganz aktuell hatte sich ein Grundschüler, der auch ein Fuji ist, nach Schlägen, die ihn ins Gesicht getroffen haben, handgreiflich gewehrt. Und wann hat die Aufsichtsperson hingeschaut? Richtig: Beim Gegenschlag! So nachvollziehbar die Reaktion des Kindes war - ich kann sie leider nicht als "Faustregel" oder Lösungsansatz empfehlen!
Mobbing ist sehr komplex und vielschichtig und im Rahmen des Ausbildungsganges No Blame Approach bei der Fairaend-Akademie habe ich gelernt, Mobbing als ein systemische Phänomen zu betrachten. 
Im Extremfall ist die beste Lösung leider die, dass die unter Mobbing leidende Person das System verlässt. Das ist aber nicht immer leicht möglich und daher müssen Ansätze zum Einsatz kommen, die das ganze System (z. B. die Schulklasse und auch das Lehrpersonal) mit einbeziehen. 
Zuvor steht jedoch die Frage, ob es sich tatsächlich um Mobbing handelt - oder ob "nur" ein Kind immer wieder von einem anderen drangsaliert wird. Der Mobbing-Begriff aus soziologischer Sicht beschreibt nämlich "das wiederholte und regelmäßige, vorwiegend seelische Schikanieren, Quälen und Verletzen eines einzelnen Menschen durch eine beliebige Art von Gruppe". Hier muss man m. E. im System ansetzen und als Konfliktberater z. B. in die Schule / Klasse gehen und mit allen Kindern arbeiten. Handelt es sich um immer wieder aufflammende Streitigkeiten zwischen zwei Kindern, so ist z. B. Hilfe durch Selbstbehauptungstraining im Karateunterricht sinnvoll. 
Wie auch immer: Die Karateschule Fuji San Münster kann in beiden Fällen Hilfe anbieten! Sprecht uns an!

Mittwoch, 12. September 2018

Alexander

Ich möchte von Alexander berichten. Alexander ist 6 Jahre alt und seit genau einem Jahr Mitglied der Karateschule Fuji San Münster. Er hat bis zu Beginn der Sommerferien in der Panda-Gruppe trainiert und war so fleißig und mit Leidenschaft bei der Sache, dass ich ihn vor den Ferien in die Füchse Gruppe eingeladen habe. In der Füchse-Gruppe trainieren wir schon Shotokan-Karate, da ist nicht mehr viel Spielerisches dabei, vielleicht mal ein Aufwärmspiel mit Karate-Bezug, aber sonst eine Stunde lang Kihon, Kata, Kumite. Mit sechs Jahren in diese Gruppe zu rutschen ist schon früh - aber bei Alexander wusste ich, dass er es schafft und auch mehr Input braucht. 
Nach den Ferien hatte er dann einmal an dem Training in der Füchse-Gruppe teilgenommen. Danach hörte ich, dass er sich in der Schule den Fuß gebrochen hatte! Wie bedauerlich!
Umso größer war meine Überraschung, als gestern Alexander mit seiner Mutter und zwei Gehhilfen bewaffnet vor der Dojo-Tür stand, entschlossen, dem Training beizuwohnen!
Er nahm mit einem traurigen Gesicht auf der Bank im Dojo Platz und stellte seine Gehhilfen neben sich ab. 
Ich variierte spontan den Trainingsablauf, ließ die Gruppe nicht wie üblich vor der Shomen Seite aufstellen, sondern seitlich im Dojo, so dass sie Alexander anblicken konnten. Die ersten Techniken durfte Alexander für die Gruppe zählen und dann begann er, alles, was er mit seinem Handicap machen konnte, mitzumachen: Tsuki, Age uke, Soto Uke im Sitzen und Mae Geri dann eben nur mit dem gesunden Bein. 
Als die Gruppe als "Motivationshilfe" zehn Liegestütze machen musste, rutschte er von der Bank und machte auch zehn Liegestütze - mit einem Bein in der Luft! 
Ich weiß nicht, ob er mit der Verletzung noch einmal wieder kommt - oder erst, wenn der Fuß verheilt und belastbar ist. Aber wenn er wieder kommt, werde ich ihn wieder in das Training integrieren. Ich werde alles tun, um diese Motivation, diese Leidenschaft für Karate in diesem kleinen Kerl zu erhalten.
Ich wünschte mir, in mir und vielen weiteren Fujis würde etwas mehr "Alexander" stecken. 
Osu.

Freitag, 7. September 2018

Kata Wettkampf im Training

zu zweit bis viert zusammentun

Einer beginnt mit einer beliebigen Technik. Der nächste führt diese Technik aus und fügt eine hinzu, der nächste die ersten beiden Techniken und eine weitere. Wer sich vertut, muss ausscheiden oder eine Strafaufgabe machen.

Am Ende der Übung muss jede Gruppe ihre Kata gemeinsam vorführen.

Kinder Selbstbehauptung und Selbstverteidigung

Die Übung, bei der mehrere im Kreis stehen und einer sich in der Mitte befindet, der versuchen soll auszubrechen, so umwandeln, dass ein Kind außen ist und versuchen soll, in den Kreis hinein zu kommen. Diese Übung auch als Mobbing-Übung verstehen: Was ist das für ein Gefühl, wenn man nicht in den Kreis kommen kann?
Die Kids im Kreis können sich wahlweise mit dem Gesicht nach außen oder nach innen drehen.

Sonntag, 26. August 2018

Kindertraining Kraft und Ausdauer - Sommerspiele

1. Am Strand, Meer und Piraten! Dauer: ca. 5 Minuten
Die Kinder sind am Strand eingeschlafen (auf den Bauch legen, entspannen, Augen schließen). Im Schlaf hat sie die Flut überrascht und sie wachen im Wasser auf. Jetzt heißt es schwimmen: Auf dem Bauch liegend und mit Armen und Beinen die klassischen Brustschwimm-Bewegungen auf dem Trockenen nachahmen - Achtung: Den Oberkörper möglichst hoch, sonst bekommt man Wasser in Augen und Nase :-) Eine Minute durchhalten! Ach, da kommt ja ein Boot in Sicht (bei den letzten 10 Sekunden)!

Es ist ein Ruderboot und der Eigentümer nimmt die Kinder netter Weise auf, ist aber zu faul, selber zu rudern - also müssen die Kinder ran: Auf dem Po sitzend mit den Armen Ruderbewegungen machen, dabei die Beine abwechselnd anziehen und strecken. Ah, ich sehe Land! Es ist nicht mehr weit (letzte 10 Sekunden)!

Wir sind leider nicht am Festland angekommen, sondern an einer Insel gestrandet - es ist eine (dramatisches Flüstern) P-I-R-A-T-E-N-I-N-S-E-L! Die Piraten dürfen uns auf keinen Fall entdecken! Wir verstecken uns am Besten im Schilf (an einer Hallenseite) - jetzt müssen wir, um nicht gesehen zu werden, längs durch die Halle robben! Am anderen Hallenende ist eine Hütte, in der wir dann endlich in Sicherheit sind!

2. Staffellauf zum Eissalon
Die Kinder in (zwei) Gruppen aufteilen und in zwei Reihen hintereinander aufstellen lassen. In etwa zehn Metern Abstand eine "Eisdiele einrichten", hierzu z. B. eine Gymnastikmatte auslegen und darauf kleine Schlagkissen als Eisbällchen sowie zwei "Freundschaftsbecher" in Form von Medizinbällen.

Jeweils das erste Kind in der Reihe läuft jetzt zur Eisdiele und holen sich Eis in Form der beschriebenen Gegenstände, bringt sie zu seiner Gruppe, neben der Start-Markierung ablegen. Am Ende zählt jedes Schlagkissen einen Punkt, die Freundschaftsbecher fünf Punkte - die Gruppe mit den meisten Punkten hat gewonnen.

3. Kreis-Laufen
- zu zweit zusammen, einer bleibt stehen, der andere läuft im Kreis drumherum - Wechsel
- nächste Runde: der in der Mitte macht Kniebeugen, der andere läuft drumherum
- nächste Runde: der in der Mitte macht Tsuk...
- ....Mae Geri
- der in der Mitte geht langsam

Sonntag, 4. März 2018

Karatetraining - immer wieder ein "heißes Date"

Ganz aktuell hatte ich zwei, drei Gespräche mit Karatekindern bzw. deren Eltern. Es ging um die Kleidung, in der sie zum Training erschienen bzw. gebracht wurden. Ein Junge trug einen total zerknitterten Gi mit Flecken (Schokolade?), der vermutlich schon lange keine Waschmaschine mehr von innen gesehen hatte (überhaupt jemals?). Ein anderer Junge betrat das Dojo mit einem grün-blauen Kapuzenpullover unter dem Gi, der mich ein wenig an das Aussehen des Krümelmonsters erinnerte (also der Pullover, nicht der Gi....).

Im ersten Fall hatte ich den Jungen gebeten, seiner Mutter den Gi zu geben, damit sie ihn einmal gut durchwaschen kann. Den zweiten Jungen hatte ich aufgefordert, den Pullover auszuziehen, bevor wir mit dem Training begannen. Ich gebe zu, es ist zuweilen recht kalt bei uns im Dojo und dass kleine Kinder ein T-Shirt unter der Gi-Jacke tragen, kann ich verstehen. Allerdings werden die Kinder immer wieder darauf hingewiesen, dass dies möglichst ein weißes oder helles Shirt ohne auffällige Musterung sein sollte.

Als dann letzte Woche verspätet - also nach Trainingsbeginn -  ein Mädchen in einem rosafarbenem Rüschenkleid durch die Dojo-Tür geschoben wurde, habe ich kurz die Fassung verloren! Die Mutter wollte sich leider auch nicht auf Anhieb davon überzeugen lassen, dass ein Kleid nicht die passende Kleidung für den Karateunterricht ist. Erst auf massives Insistieren meinerseits wurde dem Mädchen, dessen Anzug angeblich in der Wäsche war, das Kleid aus und ein Paar neutrale Leggings angezogen.

Die letzte Begegnung hatte mich gedanklich doch etwas beschäftigt und auch geärgert. Das Einhalten bestimmter Äußerlichkeiten oder Verhaltensweisen hat in meinen Augen etwas mit Wertschätzung zu tun - den Trainerinnen und Trainern gegenüber und vor allem auch den Trainingspartnerinnen und -partnern.

Für mich ist Karatetraining wie ein Date, wie eine Verabredung zum Essen mit einem guten Freund oder einer lieben Freundin. Für Kinder ist das vielleicht vergleichbar mit einer Einladung zu einem Kindergeburtstag oder einer Veranstaltung in ihrer Kita oder Schule. Ich trainiere sehr gerne Karate und freue mich auch nach über 30 Jahren noch auf jedes Training.

Ich habe feste Termine, an denen ich Karate trainiere und wie bei einer Verabredung mit einem Freund halte ich diese Termine auch ein (es sei denn, ich habe Fieber oder Brechdurchfall oder ich bin im Urlaub).

Zu einer Verabredung erscheine ich pünktlich. Wenn ich mich zu einer Verabredung oder bei einer Theatervorstellung verspäte, störe und verärgere ich andere und das sollte daher die absolute Ausnahme sein. So ist es auch im Karatetraining: Zuspätkommen stört den Ablauf (vor allem, wenn ich während der Kurzmeditation in die Halle komme!). Es lenkt die Trainierenden ab und unterbricht den Trainingsfluss.

Wenn man zu einer Verabredung geht oder auch zu einem offiziellen (schulischen oder beruflichen Termin), wählt man passende Kleidung: In die Schule geht es nicht im Badeanzug und bei einer Verabredung zum Spielen ist wohl nur selten der Sonntagsanzug angemessen. So ist es auch beim Karatetraining: Abgesehen vom Schnuppertraining wird im Do Gi trainiert.

Wie bei einem Date gilt: Die Kleidung ist gepflegt und sauber. Am Abend vor jedem Training überlege ich, ob ich eine Waschmaschine mit Karategis anschmeißen muss, damit ich am nächsten Tag einen gewaschen Gi einpacken kann. Ich gebe zu, dass meine Gis selten ein Bügeleisen sehen, aber ich hänge sie so auf die Leine, dass sie möglichst glatt sind, der Rest zieht sich beim Anziehen stramm :-) . Wenn ich direkt von der Arbeit zum Dojo muss, habe ich meine Sachen am Morgen oder am Vorabend schon bereit gelegt. Wer häufig und fleißig trainiert (mehr als zweimal die Woche), braucht wohl mehr als einen Karateanzug, damit die Wäsche des Anzugs nicht mit dem Training kollidiert.

Wenn ich zu einer Verabredung mit einem offenen Hosenstall oder einer schief zugeknöpften Bluse erscheine, ist das peinlich. Darum achte ich darauf, dass meine Kleidung korrekt angezogen ist. So sollte es auch beim Karatetraining sein: Der Do Gi wird nicht "auf links" angezogen und wird ordentlich zugebunden. Der Obi kann auf verschiedene Arten gebunden werden, sollte aber ordentlich aussehen und die beiden Enden sollten gleich lang herunter hängen.

Unter dem Do Gi trage ich ein weißes Shirt. Grellbunte Farben und auffällige Muster stören die Schlichtheit der Karatekleidung. Der Do Gi ist quasi unsere Karate-Schuluniform.

Auch mein sonstiges Äußeres ist möglichst gepflegt: Hände und Füße sind sauber, die Nägel kurz.

Es kann auch nicht schaden, vor dem Training - wie vor einem "heißen Date" auch - einmal unter der eigenen Achsel zu schnuppern und bei Bedarf eine Körperreinigung durchzuführen. Schlechte Körpergerüche oder nach Schweiß riechende Kleidung sind eine Beleidigung der Trainingspartner. Frischer Schweiß riecht im Regelfall nicht - wer stinkt, hatte wohl auch vor dem Training ein Problem.

Karate bedeutet auch Impulskontrolle, wir üben uns in Disziplin und geben nicht jedem Bedürfnis spontan nach. Hierzu gehört auch, nur in eventuellen Trinkpausen zu trinken und im Dojo nicht zu essen. Es bedeutet auch, das Training nicht für Toilettengänge unterbrechen zu müssen, sondern diese vor oder nach dem Training zu erledigen.

Es wäre sehr schön, wenn unsere Mitglieder das weitgehend berücksichtigen könnten. Der Do Gi ist die traditionelle Karatekleidung. Würde die Mutter des Mädchens mit dem rosa (Ballett-)Kleid das Kind auch im Karategi zum Ballettunterricht bringen? Ich glaube kaum! Würde die Mutter des Jungen mit dem fleckigen, zerknitterten Gi ihn auch mit fleckigen, knitterigen Anziehsachen in die Schule schicken? Ich denke nicht!

Hier noch einmal in Kürze:
  • Karate-Trainings sollten sein wie eine Verabredung mit guten Freunden: regelmäßig, verbindlich und nur im Ausnahmefall verschiebbar. 
  • Unter dem Do Gi tragen Männer und Jungs nichts - oder ein weißes/helles Shirt oder Hemd ohne auffälliges Muster
  • Frauen und Mädchen tragen unter dem Do Gi ein weißes/helles Shirt oder Hemd ohne auffälliges Muster
  • Der Do Gi ist sauber, möglichst knitterfrei und ordentlich angezogen.
  • Hände und Füße sind sauber, Nägel möglichst kurz geschnitten, Körpergerüche werden vermieden. 
  • Toilettengänge sind vor und nach dem Training zu absolvieren, das Training sollte dafür nicht unterbrochen werden müssen. Das können auch vier- bis sechsjährige, eine Dreiviertelstunde ohne Pipi schafft jeder.
  • Kein Essen im Dojo. Kein Trinken im Dojo (außer bei großer Hitze oder sehr anstrengendem Training, dann aber in einer offiziellen Pause, die durch den Trainer/die Trainerin angeordnet wird).




Dienstag, 21. November 2017

Gemeinsamkeiten suchen

Anlässlich eines Vorkommens in dem Panda-Training (Kinder von 4-6), bei dem ein asiatischer Junge ausgegrenzt wurde, hatte ich überlegt, das Thema Herkunft zu thematisieren und aufkommendem Rassismus so entgegen zu wirken.

Die Mutter eines Panda-Mädchens (sie kommt selber aus der Mongolei) schlug vor, lieber Gemeinsamkeiten zu suchen, statt Unterschiede zu finden. Eigentlich hatte ich auch nicht vor, Unterschiede aufzuzeigen mit meiner Herkunft-Übung, aber ihre Ansprache machte mich dennoch nachdenklich und ließ mich überlegen, was man zum Thema Gemeinsamkeiten machen könnte.

In er nächsten Stunde forderte ich die Kinder auf, im Kreis um ein Spielfeld zu laufen. Ich würde dann eine Aufgabe stellen und der Aufgabe entsprechend müssten dann die Kinder, die sie lösen könnten oder auf die die beschriebenen Attribute zuträfen, in die Kreismitte kommen.

Die erste "Aufgabe" bzw. Ansage lautete:

"Wer eine Nase hat, muss in den Kreis kommen." Dann weiter:
"Wer Haare auf dem Kopf hat, muss in den Kreis kommen."
"Wer auf einem Bein hüpfen kann...."
"Wer schonmal Angst hatte......" (meist erzählen die Kinder dann ganz aufgeregt, wovor sie Angst haben - Monster, Tiger, Löwen, Dunkelheit ... ist zum Teil ganz spannend und vielleicht kann man das ein oder andere spontan aufgreifen)
"Wer einen Bruder hat....."
"....eine Schwester....."
"....ein Haustier...."
"Wer schon mal etwas Mutiges getan hat, geht in den Kreis." Auch das kann gerne thematisiert werden - bei den anderen Themen wie Haustier, Bruder, Schwester etc., sollte man Diskussionen und Reinrufen ("Mein Hund heißt Jo und der ist sooooo süß!") schnell unterbinden.


Montag, 23. Oktober 2017

Kokotsu Dachi - Shuto Uke im Kindertraining

Heute habe ich mir spontan eine neue Übungsform für Kokotsu Dachi mit Shuto Uke einfallen lassen. Ich hatte die Kindergruppe der 6-9-jährigen trainiert - allerdings waren heute sehr viele der kleineren dabei und wenige "Große". Da Ferienzeit ist, war die Gruppe sehr klein und ich hatte mir überlegt, beim Kihon einige Feinheiten zu trainieren, so z. B. die (möglichst) korrekte Ausführung des KK mit Shuto Uke.

Die Kids hatten zum Warm-Up und zum Dampf-Ablassen (das ist in dieser Altersgruppe vor allem außerhalb der Ferien meist das Wichtigste zu Trainingsbeginn) eine Kombination aus Fangenspielen und Karate ausführen lassen: Fangen mit Karateständen, erste Runde Zenkutsu Dachi, zweite Runde Kiba Dachi, dritte Runde Kokotsu Dachi (zwei Fänger, wer gefangen ist, geht in die jeweilige Karate-Stellung, die noch freien Kinder können drunter durch krabbeln, um zu befreien). Bei Bedarf wurde zwischendurch das Spiel unterbrochen und an die korrekte Ausführung der Stände erinnert - die Gefangenen sollten sich also nicht einfach nur mit unmotiviert gegrätschten Beinen hinstellen und der Befreiung harren, die Stände sollten deutlich (!) zu erkennen sein - ansonsten sollten ggf. die Befreier das Hindurchkrabbeln "verweigern". Der Kokotsu Dachi war erwartungsgemäß der am schlechtesten ausgeführte Stand - die Stellung insgesamt zu kurz, Füße in verkehrter Position, Stellung zu hoch, Gewicht nicht ausgewogen verteilt, Knie nicht korrekt ausgerichtet, "Enten-Popo" etc. Also nahm ich mir spontan vor, hier anzusetzen.

Ich ließ die Kinder zu zweit zusammen gehen und sie sollten sich an den Händen fassen und - ohne große Kraft - versuchen, einander nach hinten zu ziehen. Das Gewicht des eigenen Körpers sollte - so meine Idee - auf diese Art nach hinten gezogen werden, so dass die Gewichtsverteilung in etwa der des KK entspricht. Hierbei korrigierte ich stellenweise noch die Fußhaltung und ließ die Popos wieder unter das Rückgrat rücken, die Rücken aufrichten.

Als das einigermaßen klappte ließ ich in einer Reihe aufstellen und erklärte die "Schwerthand": Ich bat die Kids, sich vorzustellen, einem bösen Drachen mit der Handkante den Kopf abzuschlagen - etwas rabiat und blutrünstig, ich weiß, aber da es sich um einen Drachen handelte und nicht um reale Wesen, konnte ich damit leben - und die Kids offenbar auch! Denn sie spannten die Handflächen richtig gut an, offenbar in der Vorstellung, tatsächlich einem Ungetüm gegenüber zu stehen. Ich muss gestehen, dass ich in dieser Altersgruppe eigentlich nicht mehr mit "Geschichten" um die Techniken herum arbeite, aber heute hatte ich irgendwie die Eingabe es zu tun - und es passte super. Vielleicht muss ist das in dieser Altersgruppe doch noch hilfreicher, als ich dachte....Ich probiere das die nächsten Einheiten über mal aus. Jedenfalls hatten die Kids Spaß! Ich erklärte zur Ausholbewegung, dass sie mit der flachen Hand ein Ohr schützen sollten und mit der anderen den Solar-Plexus. Da konnten sie sich dann auch unter der Ausholbewegung etwas vorstellen.

Nachdem ich mit der Armtechnik weitgehend zufrieden war, ließ ich die Kids links vor im KK stehen - was wir ja zuvor geübt hatten. Jetzt die Arme dazu. Ok, passte. Jetzt die Krux mit der richtigen Vorwärtsbewegung....Ich erklärte, dass da ja noch der Drache sei, der zu bekämpfen wäre. Es wäre gut, zu diesem Abstand zu halten, da er ja Feuer speien könne! Also das Gewicht immer schon auf das hintere Bein schieben! Bei der Vorwärtsbewegung sollte nun zunächst das vordere Knie über den vorderen Fuß geschoben werden. Bevor man sich aber in die Gefahrenzohne des Drachen begibt, sollte besser der vordere Arm gestreckt werden, der einem die Bestie vom Leibe halten könnte! Die andere Hand zum Schutz vor das eine Ohr, falls der Drache brüllte! Nun den Körper über den vorderen Fuß nach vorne schießen, die Arme wechseln und wieder mit Gewicht hinten (von wegen der Sicherheit ;-) ) landen. So ließ ich sie zig Bahnen wiederholen - mit wachsendem Erfolg! Das sah hinterher schon richtig gut aus! Und Torsten staunte nicht schlecht, als er gegen Ende der Stunde die Halle betrat! Kein Kind forderte übrigens ein Abschiedsspiel, da die Technik-Geschichte offenbar genug fesselte.

Sonntag, 13. November 2016

Kein Erfolg ohne Verzicht!

Die Karateschule Fuji San Münster besteht nun seit gut drei Jahren. Der Fokus liegt auf Karatetraining zur Selbstverteidigung sowie Förderung der eigenen Persönlichkeit, zur Kräftigung des Körpers und zum Erlangen mentaler Stärke. Das sich daraus ergebene sichere Auftreten soll unsere Mitglieder stark machen im Umgang mit anderen Menschen und mit Konfliktsituationen.

Erfreulicher Weise haben wir auch eine inzwischen auf knapp 20 Kinder und Jugendliche angewachsene Gruppe von Karateka, die auch durch Leistungssport wachsen wollen. Um diese Gruppe, in die die Kinder nur auf persönliche Einladung gelangen, von den anderen Trainingseinheiten abzugrenzen, hat sie einen speziellen Namen: Königstiger. Die Zugehörigkeit zu den Königstigern haben sich die Kinder und Jugendlichen daher bereits im Vorfeld durch besonderen Trainingsfließ erarbeitet. Talent allein reicht nicht aus. 

Kinder, die ihr Karate weiter entwickeln möchten, sollten nach meiner Einschätzung ohnehin mindestens zweimal die Woche trainieren (das gilt übrigens für Erwachsene ebenso). Das Training in unserer Königstigergruppe soll zusätzlich zu den übrigen Trainings unter der Woche erfolgen. Einmal im Monat kommt zusätzlich Landeskadertrainer Andreas Klein zu uns ins Dojo - ein Luxus, über den wohl nur wenige Dojos verfügen. An dieser Einheit teilzunehmen sollte für jeden unserer Karateka selbstverständlich sein, der sich ernsthaft für unsere Kampfkunst interessiert (Kinder, Jugendliche und Erwachsene). 

Unsere Trainingseinheiten für Kinder dauern (abgesehen von den Trainings für die Kleinsten, die 45 Minuten umfassen) 60 Minuten. Das Training von Andreas ist so aufgebaut, dass auch dort die Kinder nach 60 Minuten das Training verlassen und abgeholt werden können. Eine durchschnittliche Trainingswoche bedeutet nach den Vorstellungen der Trainer unserer Karateschule Fuji San Münster somit 120 Minuten Karatetraining für alle Kinder und 180 Minuten für die Kinder der Königstigergruppe. In den Wochen, in denen Andreas zu uns kommt, sind es ausnahmsweise einmal 240 Minuten. Unsere Trainingszeiten liegen so, dass sie nicht mit dem Schulunterricht kollidieren: nicht vor 18 Uhr unter der Woche, freitags 17 Uhr und samstags 13 Uhr, zusätzliche Möglichkeit, z. B. falls es unter der Woche nicht zweimal geklappt hat: Sonntag Nachmittag um 16 Uhr - hier kann auch mit den Eltern gemeinsam trainiert werden. 

Als zusätzliche Termine haben wir im Schnitt alle vier Monate einen interessanten Lehrgang, den wir den Kindern empfehlen (fast alle in Münster oder sogar in unserem Dojo selbst). Zwei- oder dreimal im Jahr besteht die Möglichkeit, an einem Wettkampf teilzunehmen. Weite Wege werden uns dabei (abgesehen von der NDM in Hannover) meist erspart. 

Ich finde, dies ist ein sehr überschaubarer Rahmen für Leistungssportler. Wie gesagt - das beschriebene Pensum gilt nur für Kinder und Jugendliche, die Karate als Leistungssport ausüben möchten. Wem Karate dazu dient, Freunde zu treffen, Spaß an der Bewegung und an der Begegnung mit anderen Kindern (Erwachsenen) zu haben, keine Prüfung in absehbarer Zeit absolvieren möchte, dem können ein bis zweimal Training in der Woche gerne reichen.  

Mein Trainingspartner Torsten und ich wissen, dass die Schule die Kinder stark belastet. Ganz unbestritten hat Schule, hat das Lernen und haben die Hausaufgaben Vorrang vor allem anderen! Was mich als Dojoleiterin und Torsten als Cheftrainer der Karateschule betrübt, ist die Tatsache, dass bei den Kindern und Erwachsenen, die Karate als Leistungssport ausüben wollen oder bei denen in der nächsten Zeit eine Prüfung anliegt, häufig das Training ausfällt oder abgesagt wird, weil andere Vorhaben wichtiger sind. Die Anlässe sind verschieden und man kann trefflich diskutieren, welchen Schwerpunkt diese im Leben eines jeden einnehmen. Es können Volks- oder Schützenfeste sein, Geburtstags- oder andere Familienfeiern, Verabredungen, Musikunterricht und Teilnahme an anderen Sportarten, die dem jeweiligen Karateka auch wichtig sind. Neulich sprach mich mit leuchtenden Augen ein talentiertes Mädchen aus unserer Königstigergruppe an und verkündete, dass sie jetzt montags immer eine Viertelstunde eher gehen müsse, da sie nach dem Training noch zu den Pfadfindern gehen wollte. War es zu hart von mir, dass ich entgegnete:"Nein, das geht nicht - geh doch einfach eine Viertelstunde später zu der Pfadfindergruppe."? Ich finde nicht. (Sie war mit dem Vorschlag auch einverstanden.)

Ich unterstelle, dass jemand, der eine Sportart als Leistungssport ausübt, dies mit Leidenschaft macht, dafür brennt und einfach andere Dinge dafür opfert. Wer auf hohem Niveau trainieren und Erfolge erzielen möchte - seien dies Gürtelprüfungen oder Wettkampferfolge -, der muss meiner Meinung nach bereit sein, auf andere Dinge zu verzichten. Ich kann mich z. B. gut erinnern, dass sowohl Torsten als auch ich schon an unserem jeweiligen Geburtstag im Dojo standen und wir trainiert haben. Mein eigener Hochzeitstag fällt regelmäßig in den Zeitraum des Kata Special Course - und ich danke meinem Mann für das Verständnis, mich am Karate-Lehrgang teilnehmen zu lassen. Den Hochzeitstag feiern wir regelmäßig nach und es wird den ein oder anderen wundern, aber die Ehe ist daran nicht zerbrochen und wir werden nächstes Jahr unsere Silberhochzeit feiern. 

Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Und wenn andere Dinge im Leben wichtiger sind, als Karatetraining, dann ist das nicht schlimm - es ist dann in meinen Augen nur nicht möglich, Karate als Leistungssport zu betreiben. Wer das möchte, der muss in der Lage sein zu verzichten. Und besondere Strapazen auf sich zu nehmen, um den Alltag mit dem Training unter einen Hut zu bringen. Das Geheimnis heißt hier: Prioritäten setzen. 

Ein großes Vorbild ist für mich unser Trainer Alex, der jahrelang mit dem Fahrrad über 10 km bei Wind und Wetter durch die ganze Stadt gefahren ist, um zu trainieren und Training zu geben. Er hatte sich den 1. Dan in meinen Augen allein durch diese Mühen und diese strenge Kontinuität - ganz abgesehen von seinem technischen Karate-Können - redlich verdient! Dies erinnert mich an Lebensläufe wie den von Sensei Richard Heselton, der in seiner Jugend mehrere Stunden mit dem Bus zum Training gefahren ist. 

Es wird den ein oder anderen überraschen, diese Worte von mir zu lesen. Von mir, die doch selber drei Kinder hat. Die doch weiß, wie das mit der Schule ist und dass die Kinder so wenig Zeit haben. Ja, ich weiß das. Und ich weiß, dass eben nicht jeder zum Leistungssportler taugt, dass nicht in jedem dieses Feuer brennt. Das ist nicht schlimm. Aber dann kann man eben nicht erwarten, in einer besonderen Trainingsgruppe zu trainieren, an Wettkämpfen teilzunehmen oder eine Gürtelprüfung zu machen. Ohne Verzicht im übrigen Leben wird es im Karate (und ganz nebenbei: auch in anderen Sportarten) keinen sportlichen Erfolg geben.