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Freitag, 26. Mai 2017

Kata Special Course 2017

In diesem Jahr hatten wir eigentlich vor, auf die Teilnahme am KS zu verzichten, da uns Wangen im Allgäu doch zu weit weg war. Als wir dann hörten, dass Kurihara Sensei geladen war, änderte dies für uns aber alles! Zu viel hatten wir von diesem brillanten Kata-Mann schon gesehen und gehört! Also war kurzfristig ein Zimmer im nahe Wangen gelegenen Dörfchen Kißlegg gebucht und der Termin eingetragen. Termin? Moment - am Abend stand schon was im Kalender "Foreigner Konzert in Düsseldort"....das bedeutete dann An- und Rückfahrt mit Konzert am Mittwoch - im Bett war ich um viertel vor 1 und habe dann knapp zwei Stunden geschlafen, da Torsten mich um 3 Uhr in der Nacht abgeholt hat. Schließlich wollten wir um 10 Uhr am Morgen bei Kurihara Sensei in der Reihe stehen! Vorteil war, dass wir ohne jeden Stau über die Bahn geflogen sind :-)

Kurihara Sensei lehrte uns die Unsu. Hier verwies er vor allem auf folgende Schwerpunkte:
- Tate Shuto Uke und Gyaku Tsuki: den Tate Shuto Uke mit Kime und nicht zu hastig ausführen, sonst wirkt es "geschlabbert"
- beim Anschließenden zu Boden Fallen diagonal über das vordere Knie sinken (nicht: vorderen Fuß zurück ziehen)
- Mawashi Geri: eigentlich nicht mit dem Becken hoch kommen, wenn man treffen will, muss man das aber (sagte auch Kurihara Sensei)
- bei der Wendung etwas vor und 45 Grad positionieren (hierzu gab es auch dann eine Partnerübung)
- beim Hochkommen in den Kiba Dachi Arme und Beine zeitgleich abschließen
- anschließend Hüfteinsatz beim ZK mit Ippon Nukite vorne und Teisho Uke (!) hinten
- Besonderen Wert legte der Sensei auf den häufigen Wechsel vom Fudo Dachi in den Zenkutsu Dachi in der Kata.
Es war einfach fantastisch, dem Sensei bei der Ausführung der Unsu zuzusehen! Soviel Präzision und Kraft! Wahnsinn!




Nach einer Mittagspause in der Sonne forderte uns Toribio Sensei mit einer erstklassigen Einheit zur Nijushiho:
Wir starteten mit einigen Runden Randori, im Wechsel mit vorbereitender Gymnastik.
Anschließend ging es mit dem Partner weiter in einer Gohon-Kumite-Übung: Angriff Tsuki Chudan, Abwehr rückwärts in KK mit Te Osae Uke (Beginn Nijushiho) und dies fünfmal. Nach dem fünften Mal Gyaku Tsuki, aber den anderen Arm nicht stehen lassen, sondern Hikite.
Als nächstes dann Konter mit dem anderen Arm in der Te-Osae-Uke-Position und anschließend den linken Ellenbogen zum Hebel ansetzen.
Dann gab es eine neue Kombination: Tori sollte jetzt links zurück gehen und zunächst mit Tsuki Jodan angreifen. Uke geht links zurück und führt den Angriff mit Jodan Age Empi seitlich am Ohr vorbei. Tori: Gyaku Tsuki und Uke gleitet ein Stück in den Angriff rein mit Jodan Soto Uke rechts, linken Arm dem Partner entgegen strecken. Dritter Angriff chudan Tsuki, der mit einem Gedan Barei geblockt wird, den Uke im leicht rausgleitenden KB ausführt.
Im folgenden wurde der letzte Tsuki durch einen Mae Geri ersetzt, den Tori hinten absetzen sollte. Ich entschied mich dafür, den Keri mit der Rückseite des Arms blocken, so war für mich der Block am wirkungsvollsten.
Dann gab es die Kata am Stück und Kata auf einer Linie, wobei die Techniken zum Teil nicht in der selben Richtung ausgeführt wurden, wie bei dem normalen Ablauf. Eine Drehung wurde z. B. beim Heito Uchi durch einen Schritt rückwärts ersetzt und so gab es zahlreiche Varianten. Das war recht anspruchsvoll, aber im Ende gut machbar und sehr interessant, zumal wir auch die Ausgangslage mehrere Male um 180 Grad drehten.
Zum Abschluss teilte Toribio Sensei die Gruppe in zwei Untergruppen aus: Gruppe 1 bildete einen Außenkreis am Hallenrand entlang, alle den Blick in dieselbe Richtung. Die andere Gruppe stellte sich innen daneben. Zunächst führten wir die Kata dann quasi im Kreis aus - alle in dieselbe Richtung. Im Folgenden drehte der Innenkreis sich anders herum und die Kreise bewegten sich entgegengesetzt.
Fazit: eine vielseitige Einheit mit spannenden Aufgaben!

Den Nachmittag und Abend verbrachtem wir zunächst in der hoteleigenen Sauna und anschließend in einem von außen recht unscheinbar aussehenden italienischen Restaurant (es sah irgendwie sogar geschlossen aus), das eine spitzenmäßige Küche hatte (Oktopustartar!). Auf dem Zimmer holte Torsten dann noch seine mitgebrachte Les Pauls heraus und wir jammten sicher noch eine Stunde Bon Jovi, BAP, Brian Adams und co., bevor wir tot in die Betten vielen!

Tag 2 begann mit einem köstlichen Frühstück im Hotel. An der Halle angekommen freuten wir uns auf eine Einheit mit Thomas Schulze Sensei, der mit uns die Meikyo trainierte. Eigentlich ist das keine Kata, die bei mir eine Vorfreude auslöst, aber ich trainiere sehr gerne bei Thomas Sensei und darum war ein interessanter und lehrreicher Vormittag garantiert.

Thomas übte mit uns einige Etappen der Kata. Er legte z. B. einen großen Schwerpunkt auf die Gleichzeitigkeit der Arme und Beine bei der ersten Bewegung. Bunkai gab es vor allem zu den Bo Ukes, die wir als Block- und Konter-Kombinationen anwandten. Auch zum Sprung gab es eine Anwendung. Zum Abschluss der Einheit ließ er uns mit einem Partner die Kata ausführen, wobei der Partner uns korrigieren sollte.

Nachdem wir am Mittag in örtlichen Geschäften für Essen und Trinken gesorgt hatten, ging es zur Einheit mit Julian Chees Sensei und der Gojushiho Sho.
Julian startete mit Kihon-Sequenzen: Oi Tsuki und Gyaku Tsuki mit Hüfteinsatz. Dann kam der Mae Geri dazu: Zur Förderung unseres Hiki Ashi sollten wir nach dem Zurückschnappen den Unterschenkel kurz festhalten. So ging es weiter mit zahlreichen Sequenzen aus der Kata.
In der Anwendung ließ uns Julian eine Sequenz am Anfang der Kata in zwei Richtungen üben.

Abends ging es in ein Lokal im Zentrum Wangens. Leckeres Essen und sehr nette Gesellschaft mit Petra und Fred Fritzel sowie Vladi. Ein kleiner Abstecher zum Festzelt konnte uns nicht zum Bleiben bewegen und wir sind dann zurück zum Hotel.

Samstagmorgen startete mit einer Einheit "Chinte" beim Chef! Die Chinte haben wir tatsächlich dreimal ausgeführt - ansonsten gab es das volle Shotokan-Kata-Programm, wie donnerstags im Arawashi Dojo! Die Bassai Dai sowie Heian Shodan und Niedan liefen wir (auch) ura!

Mittagspause im herrlichen Sonnenschein - bzw. möglichst im Schatten! Auch ein Eis auf die Hand saß drin, bevor uns Kurihara Sensei mit Sochin forderte. Die Sochin war (und ist?) ja seine Wettkampfkata,  so dass der Mann weiß, wovon er redet :-)

Wir starteten nach einem Warmup bei Michi Jarchau mit einigen Kihon-Vorübungen, bei denen es dem Sensei vor allem auf den Hüfteinsatz ankam. So machten wir z. B. Gyaku Tate Shuto Uke und Oi Tsuki, die Hüfte sollte vor dem Tsuki kurz gelockert werden, damit sie beim Tsuki wieder einrasten konnte.

Wichtige Aspekte zur Sochin:
- Startbewegung mit Beinbewegung über Neko Ashi Dachi denken
- rechten Arm "natürlich" hochstrecken, nicht übertreiben und nicht nach hinten zum Ausholen
- rechten Arm relativ grade fallen lassen, der Ellenbogen beugt sich so, dass die Faust nach innen zeigt. Nicht: Ellenbogen seitlich am Körper rausragen lassen. Die Faust zeigt zur Mittelachse und steht nicht in der Linie über dem hinteren Bein.
- Kurihara Sensei verwendete viel Zeit darauf, den Sochin Dachi zu erklären: man sollte ihn nicht über den Kiba Dachi entwickeln, sondern über den Zenkutsu Dachi. Das hintere Knie muss deutlich seitlich rausragen. Beim Hüfteinsatz bewegt sich das vordere Knie nicht.
- Wir übten viel "Vorgehen im Sochin Dachi mit Oi Tsuki und dann Gyaku Tsuki. Hier die Hüftbewegung beachten - der Oi Tsuki ist fast wie sonst Kizami Tsuki
- Nach den Yoko Geris darauf achten, dass wir beim Absetzen mit Empi nicht das Gewicht zu weit nach vorne nehmen, sondern so absetzen, dass der Sochin Dachi noch korrekt ist.
- Sehr interessant war Kurihara Senseis Erklärung zur ersten Drehung in KK mit Shuto Uke: Hier kann man wählen zwischen zwei Varianten des Hüfteinsatzes - einer "geschnittenen" und einer "starken", wenn ich das richtig verstanden habe. Bei der geschnittenen wird nach der Drehung die Hüfte zunächst grade gestellt und dann schnell ("schneidend") seitlich abgedreht (koshi gyaku kaiten). Bei der starken (koshi jun kaiten) Variante wird die Hüfte des nach der Drehung vorderen Beins durch kraftvolle Drehung des vorderen Oberschenkels arretiert. Hier gibt es nur eine Hüftbewegung. Die anderen Shuto Uke im KK sind alle "starke" Varianten. Kurihara verglich die "schneidende" Variante mit dem Auftakt und den großen Wendungen in der Heian Shodan.
- Die Armbewegungen bis zum ersten Kiai (Uraken und Jodan Uke mit Seitenwechsel) beschrieb Kurihara Sensei so, dass der Jodan Uke eng am Kopf sein muss, der Ellenbogen eher nach unten zeigt.
- Zum Mikazuki Geri nach dem ersten Kiai bestätigte Kurihara Sensei das, was wir bei Chubachi Sensei schon gehört hatten: Der Arm, in den der Mikazuki Geri tritt, ist nicht gestreckt, sondern angewinkelt und die Hand möglichst nah am eigenen Kopf.
- Bei den folgenden Uchi Ukes im Sochin Dachi wies Kurihara auf den korrekten Hüfteinsatz hin, den wohl nur wenige in der Gruppe richtig ausgeführt hatten: Die Hüfte bleibt beim Vorgehen grade, bis der Block folgt, dann wird sie stark ausgedreht.
- nach dem Mae Geri soll das Knie (natürlich, wir machen ja Shotokan ;-) ) oben bleiben. Danach soll der Fuß so langsam nach hinten gesetzt werden, wie die Arme für das Auseinanderziehen brauchen. Ich hatte hier Kirsten Manske als spitzenmäßiges Vorbild vor mir. Wahnsinn! So muss das!

Nach der Sauna kamen und Margot und Christian in Kißlegg besuchen und wir gingen ins Dolce Vita essen. Ein sehr schöner Ausklang des Tages!

Samstag, 1. August 2015

Rotation, Posture, Relaxation - Lehrgang mit Sensei André Bertel in Krefeld

Im Frühjahr 2015 unternahmen Karatefreunde von Torsten und mir eine Trainingsreise nach Japan. Unter anderem besuchten sie dort Sensei André Bertel, der mit ihnen beneidenswert viel Zeit verbrachte. Die facebook-Berichte unserer Freunde nebst ausführlicher Foto-Dokumentation ließen uns vor den Bildschirmen schmachten - wir wären so gerne dabei gewesen!

Zu unserem großen Glück konnte sich der ansonsten viel beschäftigte Sensei im Juli ein paar Tage frei schaufeln und sagte unserem Freund Frank sehr spontan einen Besuch in Krefeld und das Abhalten eines zweitägigen Lehrgangs zu. Als wir von der Ausschreibung hörten, waren Torsten und ich natürlich gleich Feuer und Flamme und gehörten mit Sicherheit zu den ersten verbindlich angemeldeten Teilnehmern! Der Lehrgang war dann innerhalb kurzer Zeit ausgebucht, da die Teilnehmerzahl auf 100 begrenzt war (bei einer Hallengröße von ca. 400 qm schon eine ganze Menge!). Die Tatsache, dass es schon bald keine Tickets mehr gab, war umso erstaunlicher, als in vielen Bundesländern bereits die Sommerferien begonnen hatten und viele Karateka gar nicht daheim waren!

Ein dickes, dickes Lob an dieser Stelle an die Organisation des Nakayama Krefeld e. V.! Von der Halle über die Verpflegung bis zur Abendveranstaltung war alles super organisiert und alle Gäste fühlten sich willkommen!

Total perplex war ich direkt bei der Begrüßung durch den Sensei an der Eingangstür: "Oss, you are Andrea!" Huups, woher weiß der denn meinen Namen? Facebook schön und gut, aber 1. sieht man real doch meist anders aus und 2. muss man die ganzen Gesichter und Namen erstmal behalten (vor allem, wenn man die Menschen noch nie zuvor persönlich gesehen hatte!). Torstens Begrüßung war noch persönlicher und auch erfreulicher:"Ah, I like your video with Unsu! Very beautiful kata!"Aber das war typisch für André: eine überwältigende Aufmerksamkeit und Freundlichkeit, wie ich sie bisher bei keinem anderen Karatetrainer (und auch sonst sehr selten) wahrgenommen habe! 

Das Training war für mich eine perfekte Mischung aus bekannten Techniken / Bewegungsmustern und einer gehörigen Portion neuer Ansätze, die aber in keinem Widerspruch zu meinem bisherigen Karate-Weg stehen. Da André viele Jahre lang Uchi-Deshi von Shihan Asai war, hat er erwartungsgemäß zahlreiche Bewegungen der Asai-Schule in seinem Trainingskonzept: Bewegungen mit blitzschneller Rotation des Körpers, die eine große Lockerheit voraussetzen. Für viele von uns war es vermutlich ungewohnt, sich von den im Shotokan häufig antrainierten recht starren Kihon-Bewegungsmustern zu verabschieden. Aber Karateka, die regelmäßig z. B. bei Risto Sensei trainieren, wissen ja: Eine Anspannung des ganzen Körpers ist ein Krampf - damit muss man zum Arzt gehen ;-) Also: locker bleiben und durch Lockerheit und ausschließliche Anspannung in dem Moment, auf den es ankommt, explosiv werden!

Das soll aber jetzt nicht heißen, dass wir uns wie schlaffe Marionetten bewegen sollten! Im Gegenteil: Ein weiterer, wichtiger Ansatz war eine gute und aufrechte Körperhaltung ("Posture") mit einer inneren Grundspannung, die aber nicht zu einer "Verkrampfung" führen soll. Für einen "perfekten" Zenkutsu Dachi gab es zahlreiche tolle Übungen - Fallenlassen aus dem Shizen Tai, Hochspringen aus der Hocke oder aus dem Seiza - nicht alle gut für "Kniekranke" geeignet, worauf der Sensei aber auch explizit hinwies! Schön war auch der Mae Geri aus Seiza, der die Oberschenkel zum Brennen brachte!

Ich weiß ehrlich gesagt noch sehr wenig von den Trainingslehren der Asai Schule - allerdings dürfte einer der maßgebenden Bestandteile die Bewegung aus der Rotation heraus sein: enge Verwringungen des Körpers auf der Stelle oder auf kleinem Raum, die durch den Rotationsschwung trotz großer Lockerheit eine große Energie generieren. Ähnliches übten wir bereits beim Takudai in Dresden unter Naka Sensei und auch beim Samurai Spirit in Siegen unter Malcolm Dorfman Sensei. Mir fällt diese ganz enge Drehung noch sehr schwer, aber wenn man sie gut beherrscht und schnell ausführt, wirkt sie mit Sicherheit zerstörerisch wie ein Tornado! 

Drehungen übten wir aus verschiedenen Positionen: Aus dem Zenkutsu Dachi heraus in der Vorwärtsbewegung oder aus dem Shizen Tai heraus auf der Stelle - mit und ohne Partner, es war schon sehr dynamisch und im wahrsten Sinne des Wortes schwindelerregend! 

Neben den für viele von uns neuen "Moves" gab es aber auch ganz klassische Übungsformen wie etwa Gohon Kumite, welches angesichts des knappen Platzes in der Halle kurzer Hand in Sanbon Kumite umgewandelt wurde. Ahäm, eigentlich wäre das dann doch letztlich gar nicht nötig gewesen, denn der Sensei rief uns, als ihm klar wurde, dass die 5-er-Schrittfolge so, wie wir aufgestellt waren, nicht umzusetzen war, dazu auf, uns so hinzustellen, wie in Japan: Schulter an Schulter, quasi auf Tuchfühlung mit dem Nachbarn. Auf diese Weise waren wir gezwungen, uns wirklich nur auf einer Linie vor und zurück zu bewegen. Beim Sanbon Kumite hatte der Sensei für uns folgende Anweisungen parat: Zunächst mal passte ihm die bei den meisten von uns zu groß gewählte Distanz zwischen Angreifer und Abwehrendem nicht. Viele von uns schlugen dann zu Beginn Chudan Barei, statt Gedan Barei - wir sollten wirklich darauf achten, dass die Faust nur eine Faust breit über dem Knie gehalten wird. Dieses "Faust-breit"-Prinzip übertrug er dann auf sämtliche Blocks: Age Uke eine Faust breit vor der Stirn, Soto Uke mit Ellenbogen eine Faust breit vor den Rippen und so weiter  - nichts Neues, eigentlich, aber offenbar noch nicht optimal umgesetzt. Den Soto Uke - und hier musste ich wieder an "meinen" Risto denken - sollten wir nicht zu weit hinten ausholen, sondern seitlich am Körper und dann auf einer graden Linie nach vorne schlagen. So hatte auch die Basisübung Sanbon Kumite für viele von uns so einige "Knäcken" und es bedurfte gar keiner exotischen Einlagen, um uns herauszufordern. 

Sehr nach meinem Geschmack war der konsequente Kontakt, mit dem der Sensei agierte und den er auch von uns erwartete. Es war zuweilen sehr amüsant - dieser extrem freundliche und auch recht zierliche Mann, der dann mit einem Lächeln Freiwillige nach vorne bat, um Techniken zu demonstrieren. Anfangs ragten noch zahlreiche Hände nach oben, wenn André "zum Tanz" bat. Im Laufe des Lehrgangs hoben sich dann aber eher ängstlich die Augenbrauen oder Schultern der potenziellen Kandidaten und jeder versuchte, möglichst im Boden zu versinken, um nicht in den Genuss der explosiven und harten Techniken zu gelangen. Es war echt erstaunlich, dass Kerle, die aussahen wie Kleiderschränke und den Sensei mindestens um eine Haupteslänge überragten, vom Boden abhoben, wenn sie von seinen Tsukis oder Keris getroffen wurden! Und dennoch hat jeder von den "Opfern" beteuert, dass sie bei aller Härte sicher waren, die Technik sei noch kontrolliert gewesen - hätte André richtig durchgezogen, wäre es wohl zu ernsthaften Verletzungen gekommen. Torsten hatte das "Vergnügen", zwar nicht als "Freiwilliger vorne" beteiligt zu sein, aber im Zusammenhang mit einer unserer Partnerübungen einige Tsukis des Sensei einzustecken: Er beschrieb es so, dass man gar nicht mal an der Hautoberfläche den großen Knaller spürt, wie wir es vielleicht vom gegenseitigen Impact-Training gewohnt sind - es sei eher so gewesen, dass der Schlag ins Körperinnere eindringt und dort im Inneren wie eine Handgranate explodiert! 

Von Verletzungen heimgesucht schien allerdings letztlich nur der Sensei selber - die Fäuste im wahrsten Sinne angeschlagen vom Makiwara-Training, die Achillesferse verletzt vom letzten Kumitetraining vor dem Abflug nach Deutschland mit seinem Sensei ... er entschuldigte sich fortwährend für seine Einschränkungen durch diese Verletzungen. Mein großer Wunsch wäre es, einmal unverletzt so präzise und hart zu agieren wie der Sensei, wenn er sich nur limitiert bewegen kann! Der Sensei wies im Laufe des Lehrgangs immer wieder darauf hin, dass uns Verletzungen möglichst nicht vom Training abhalten sollten. Man sollte "um die Verletzung herum" trainieren - also nicht einfach weitermachen wie bisher, da das ja dem Körper schaden würde. Sondern das machen, was noch geht oder so, wie es noch geht!

Nun, bei uns war es so: Das Eine ging - das Andere nicht ... die Übungen waren zum Teil sehr anspruchsvoll und bedurften ein hohes Maß an Beweglichkeit und Mut. So übte ich z. B. seit vielen Jahren wieder einmal Kani Basami: Hierbei täuscht man erst Ura Mawashi Jodan an, sinkt dann mit der entgegen gesetzten Körperseite zu Boden und stützt sich dort mit ausgestrecktem Arm ab, um dann mit dem anderen Bein in die Kniekehle des Partners zu fahren und ihn mit dem Bein, welches den Ura-Mawashi getreten hat, zu Boden zu drücken. Ein großer Spaß! - Aber elegant geht sicher anders ;-)

Eine große Überwindung kostete es mich auch, bei einem Angriff Jodan Mae Geri als Abwehrende unter dem Keri hindurch zu tauchen und den Angreifer dann von hinten zu Fall zu bringen. Hierbei kommt es nicht nur auf die eigene Beweglichkeit an, sondern man muss auch hoffen, dass der Angreifer das Knie vor dem Tritt wirklich hoch genug zieht. Wo genau unsere Fehler jetzt im Einzelnen lagen, kann ich nicht sagen - aber Torsten und ich trafen uns jeweils einmal mit dem Kick - und dummerweise ist durch das Abtauchen die Trefferfläche jeweils der Kopf! Nichts für zarte Gemüter, also und nur etwas für Partner, die rücksichtsvoll miteinander umgehen (können). 

Der Lehrgang war für mich schon am ersten Trainingstag Budo-Karate wie von einem anderen Stern! Und am zweiten Tag wurde das ganze dann noch getoppt, als wir in der letzten Einheit Ablauf, Bunkai und Anwendungen der Kata Nijushiho umsetzten. Zunächst übten wir detailliert den Ablauf der Kata, wobei ich mit Torsten und Frank eine Passage vorführen sollte und hierbei einen wertvollen Korrekturvorschlag bekam. Dann kamen einige Bunkai-Sequenzen, als Angriff und Abwehr in formellen Karatetechniken und schließlich dann die Selbstverteidigungs-orientierte Anwendung. Besonders in Erinnerung ist mir hier die Stelle geblieben, bei der man aus dem Kokotsu Dachi in den Kiba Dachi dreht und Yoko Empi in die offene Hand platziert, dann Gedan Barei - hieraus wurde eine Umklammerung am Hals (Würgen) von hinten und "Genickbruch" durch Fallenlassen des Unterarms bzw. Anheben des Ellenbogens. 

Rotation, Posture, Relaxation - präzise und wirkungsvolle Techniken mit einem supernetten und charismatischen Trainer! Das war ein fantastisches Karatewochenende, welches all unsere Erwartungen weit übertroffen haben! André hatte der Trainingsgruppe erzählt, dass er in ein neues, größeres Haus umgezogen ist, damit er mehr Platz hat für Karateka, die ihn in Japan besuchen möchten. Bei manch anderem Trainer hätte man dies wohl für eine sympathieheischende Floskel gehalten - aber bei André glaube ich sofort, dass er das auch wirklich so meint! Ein Japan-Aufenthalt stand für mich als fernes Ziel am Horizont - aber durch die Aussicht, dort bei André trainieren zu können, ist es ein gutes Stück weit realer geworden und die Idee, so eine Reise konkreter zu planen, nimmt allmählich Gestalt an. Bis dahin gilt es, die vielen neu gewonnen Trainingsimpulse zu sortieren und einen Teil davon auch umzusetzen. 


Notizen:
25.7.15: Details
- Sauberer Stand -> im ZK den hinteren Fuß ganz aufsetzen, also auch die Fuß Außenkante; Rotation der Achse
- Stabiler Stand -> Schultern locker
- Starkes Hikite (mit dem Ellenbogen denken, nicht mit der Faust), die Hikite-Faust so drehen, dass der kleine Finger nach oben zeigt, das verstärkt die Spannung des hinteren Ellenbogen
- Gedan Barei auch wirklich gedan schlagen - in unserer Gruppe schlugen die meisten zu hoch, nämlich eigentlich chudan Kamae!

I. Posture / stabiler und aufrechter Stand
1. ZK stehen und Tate Shuto - dabei das hintere Bein beugen, aber nicht so, dass das Knie nach außen geht (kein Fudo Dachi); dann Gyaku Tsuki aus dem hinteren Bein nach vorne schießen. Wie oben beschrieben liegt die Achse an der vorderen Hüfte. Beim Gyaku Tsuki die Hüfte drehen, aber die "Ohren grade halten" :-)
2. ZK stehen und Gyaku Tsuki im Stand (wie oben) und dann den vorderen Fuß zurück ziehen und durch Streckung des hinteren Beins wieder nach vorne schießen (zweiter Gy Ts).
3. Hüfte vor

Den Gy Ts haben wir dann auch mit Partner geübt - André hat den Gy Ts an "Freiwilligen" demonstriert - "any volonteers - it won't be hard" und wenn die Freiwilligen dann vorne standen "not so hard as it may look" oder "only some bruises" oder "not really dangerous" es wurde jedenfalls immer wieder relativiert, sobald jemand vorne stand und der bekam dann ordentlich auf die "Mütze". Torsten durfte einmal Andrés Gyaku Tsuki einstecken - er war sehr beeindruckt, denn anders, als man es sonst kennt, brannte der Tsuki nicht auf der Hautoberfläche, sondern drang direkt unter die Bauchdecke ein und schien dort wie eine Handgranate innerlich zu explodieren!

Gohon Kumite - bzw. tatsächlich dann Sanbon Kumite wegen der Enge in der Halle!
- wirklich "Gedan Barei" zu beginn - siehe oben!
- Distanz überprüfen (die meisten standen zu weit weg)
Beim Vorwärtsgehen nicht zuerst die hintere Ferse heben, sondern den ganzen Fuuß
- den Block nicht zu weit vom Körper entfernt ausführen, sonst kommt direkt ein treffender zweiter Angriff! Age Uke eine Faust breit vor der Stirn, Gedan Barei eine Faust breit über dem Knie, Soto Uke: Ellenbogen grade nach vorne schlagen und auch eine Faust breit vor dem Körper

Übungen für einen stabilen Stand:
- aus Shizen Tai in ZK nach unten (also ohne hochzukommen) vorne springen und zurück (oder "dynamisch fallen")
- aus der Hocke ...
- aus Seiza

Aus Seiza Mae Geri treten (Übung für eine gute Körperhaltung)

Weitere Übungen für einen stabilen Stand:
- Im Shizen Tai Tsukis schlagen - Schultern locker, Hikite hart! Der Körper ist wie ein Nunchaku: Arme und Beine sind locker - Fäuste und Füße hart!
- dann Tsuki 45 Grad
- dann 90 Grad
- dann 180 Grad mit Sprung
- dann anders rum
- dann 360 Grad


II. Rotation
1. Drehung üben - ähnlich Samurai Spirit - Körper auf der Stelle verwringen, extremen Hüfteinsatz
2. Das für die SV nutzen



Beginn der zweiten Einheit: Warmup von Torsten!
Anschließend im Shizen Tai stehen, die Arme wie zu Beginn der Tekki Nidan als Kamae/Ausgangsposition
- auf der Stelle weit rechts rum "verwringen" und mit dem rechten Arm Uraken schlagen, Arm aber nicht schnappen, sondern stehen lassen, Arm nicht strecken; bei der Drehung darauf achten, dass der Fuß auf der Seite des Armes, der schlägt, auf der Hacke dreht, der andere dreht auf dem Ballen; bei diesem Uraken, der stehen bleibt, wird die Hüfte nicht gegengedreht, sondern mit gedeht
- dann anders rum drehen

Spezielles Arm-Warmup von André:
- im Shizen Tai stehen, Arme seitlich auf Schulterhöhe, Handflächen nach oben
- vor dem Körper die Arme überkreuzen und dabei je auf die gegenüberliegende Schulter bzw. Schulterblatt schlagen (ein Arm oben her und ein Arm unter dem anderen Arm her)
- und wieder auseinander - zusammen, auseinander etc.
- dasselbe mit Handflächen nach unten
- Handflächen nach vorne
- und natürlich auch nach hinten
- Dann aus derselben Startposition Uraken zur Seite - Uraken geschnappt: d. h. Hüfte gegen drehen (beim gestoßenen Uraken - siehe oben - geht die Hüfte mit)

Aus der Uraken Übung mit Drehung wurde dann eine Partnerübung kreiert:
- Tori Angriff Oi Tsuki
- Uke dreht sich auf der Stelle knapp seitlich raus und schlägt Uraken, zurück drehen und zur anderen Seite auch nochmal Uraken (noch ein drittes Mal?, zur ersten Seite?)

Weitere Partnerübung:
- Tsuki Jodan - Block Age Uk/Gyaku Tsuki, drehen zur geschlossenen ("blinden") Seite des Tori, also so, dass dieser nicht ohne weiteres weiter angreifen kann, und Uraken

- Block gegen Mae Geri - hier Gedan Barei nach Meinung Andrés nicht optimal. Wenn man ihn da anwendet, dann am besten als Uraken gedacht und wirklich erst im letzten Moment die Faust drehen. Im Realfall habe man bei einem Angriff mit einem Fußtritt allerdings auch gar keine Zeit für einen Schritt zurück mit Armblock. Daher sein Vorschlag: Block mit dem vorderen Bein bzw. Knie, als Soto Ashi Uke (Knie kommt von außen und blockt Mae Geri nach innen) oder als Uchi Ashi Uke (Knie kommt von innen und blockt Keri nach außen). Der Sensei konnte es fantastisch vormachen - allerdings gab es wohl bei den meisten von uns hier eher blaue Flecke. So richtig konsequent wollte hier auch wohl keiner treten bzw. blocken, da die Verletzungsgefahr einfach zu groß ist. Aber im Ernstfall ist diese Übung mit Sicherheit eine Option.

Dann Ushiro Geri üben: ähnlicher Ansatz wie Risto Sensei, nur dass man vor dem Tritt nicht in "Neko Ashi Dashi" dreht und dann tritt, tritt, sondern in Hangetsu Dachi

Dann Ushiro Geri aus größerer Entfernung mit einer "entgegen gesetzten" Drehung um das vordere Bein herum - also z. B. li vor im Kamae stehen, dann nicht rechte Schulter zurück und drehen, sondern in die Richtung drehen, bei der die rechte Schulter vor geht. (????)

Als nächstes Ushiro Geri um das hintere Bein herum drehen. Sehr schwierig...  (????)

ZK mit Tate Shuto Uke, dann Gyaku Tsuki, dann vorderes Bein zurück und mit Drehung und Uraken kontern (????)

2. Tag
Zunächst ging es darum, zu üben, sich auf einer Linie zu bewegen, damit keine Kraft zur Seite verloren geht. Das übten wir wie folgt:

Gyaku Tsuki, Drehung vorne rum - auf der Linie bleiben

Lockerungsübung für die Schultern mit Empi:
rechter Arm Age Empi, Empi nach hinten (wie Hikite), Mawashi Empi, Yoko Empi, zig mal, immer schneller werdend, dann anderer Arm

Dem Partner "eine langen":
Ganz irre Übung mit offenen Händen! Der Beweis, dass man aus großer Lockerheit viel Energie schöpfen kann!
Aus Shizen Tai rechts vor gehen in Fudo Dachi mit Fumi Komi. dabei mit der rechten Hand eine Art Gedan Uke ausführen, aber Hand geöffnet. Die Hand peitscht am Gi des Partners entlang (in Echt: am Körper!). Bewegungsrichtung von oben rechts nach links unten, dann mit derselben Hand quer über den Körper des Partners nach rechts zur Seite und am Schluss hoch zum Hals (bei der Übung hinter den Hals, also quasi in den Nacken) mit Heito Uchi. Dadurch, dass bei der Starbewegung das ganze Körpergewicht fällt, wird die Starttechnik schon unglaublich kraftvoll! Die Übung hatte es echt in sich und man musste sehr vorsichtig agieren - und das, obwohl man fast gar keine Kraft aufwendete!

Variation: Mit beiden Händen gleichzeitig - erst Handkantenschlag Shuto an den Hals, dann auf die Rippen und zum Schluss in die Genitalien (bei der Übung: Innenseite Oberschenkel)

Anschließend: Kombination aus beiden Varianten - Bewegungen frei fließen lassen, große Bewegungen!

Zweite Einheit: Nijushiho Bunkai und Application; Bunkai ist Kata-Analyse - von den Bewegungen her eher an der Kata dran; Application bedeutet freie SV aus der Kata! Einige richtig geile Sachen, von denen ich mir leider nicht viel merken konnte....

Kiba Dachi mit Arm zur Seite, dann Drehung mit Empi in den gestreckten Arm und mit rechts Gedan Barei - das wurde so umgesetzt, dass man den anderen von hinten mit dem linken Arm in den Schwitzkasten nimmt und den rechten Ellenbogen auf den Hinterkopf drückt, dann den rechten Unterarm runter drücken bzw. den Ellenbogen hoch - Vorsich1! Genickbruch möglich!








Freitag, 21. Dezember 2012

Lehrreiches Training mit Andreas Klein im Dojo

Erstmals war Landesstützpunkttrainer Andreas Klein auch einmal unter der Woche bei uns zu Gast. Er leitete heute das Training in der Unter- und Oberstufe. Alle Trainer/innen des Vereins waren auch ausdrücklich dazu eingeladen, am Training der Unterstufe teilzunehmen.

Zunächst übten wir reine "Basics" - erst Tsuki, später Age-Uke im Stand. Wie auch Sensei Micha in den vergangenen Wochen, achtete auch Andreas darauf, dass wir beim Zurückziehen des jeweils vorderen Armes immer den Ellenbogen eng am Körper führten. Beim Tsuki war hierfür die Faust schon vor dem Zurückziehen einzudrehen. Auch beim Age-Uke zogen wir direkt den Ellenbogen des Arms nach dem Block zum Körper, so dass der Unterarm quasi senkrecht neben dem Kopf stand, bevor wir den Ellenbogen weiter zur Hüfte führten.

Beim Vorwärtsgehen im ZK legte Andreas Wert auf denselben Schwerpunkt wie auch schon Sensei Micha am Dienstag und wie wir es von Risto kennen: belasten - fließend am Standbein vorbei - hinteres Bein strecken!

Der erste Impuls beim Rückwärtsgehen im ZK war die Gewichtsverlagerung nach hinten durch das Einknicken des hinteren Beins, also auch wieder "belasten - fließend am Standbein vorbei - strecken". Andreas ließ die Unterstufenkaratekas das immer und immer wieder üben. Er wies darauf hin, dass diese Bewegungsmuster schon in der Heian Shodan vorkämen und dass diese Kata dadurch im Grunde eine gute Vorbereitung für das Kumite sei - wer hätte das gedacht!? :-)

Es gab hierzu auch eine kurze Partnerübung mit Okuri Kumite: A geht rechts zurück mit Gedan Barei, Angriff Tsuki Jodan - B blockt mit Age-Uke, greift wieder an mit Tsuki Chudan, A blockt Soto-Uke und greift gleich wieder an mit Mae-Geri, den B mit Nagashi-Uke leicht seitlich raus blockt. Wie gesagt lag hierbei der Fokus nicht auf den korrekt ausgeführten Blocktechniken, sondern ausschließlich auf der korrekten Rückwärtsbewegung.

Anschließend übten wir Heian Sandan - und zwar unter Beachtung der grade vermittelten Basics. Zudem wies Andreas darauf hin, dass wir bei den Drehungen für den folgenden Block keine unnötig großen Ausholbewegungen machen sollten: einfach in die Ausholbewegung hineindrehen! Bei der Drehung aus ZK mit Nukite in Kiba Dachi sollten wir darauf achten, nicht zu weit zu drehen, sondern "in der Richtung" zu bleiben. Apropos drehen: immer schön auf der Ferse!

Zur letzten Technik der Kata hört man oft, dass man mit der oberen Faust möglichst weit über die Schulter schlagen soll (da dahinter ja der imaginäre Gegner steht). Andreas hat hier eine andere Herangehensweise: Wir sollten an den Hikite-Arm denken und durch eine ausgeprägte Rumpfrotation ein besonders starkes Hikite ausführen - der obere Arm geht dann wie automatisch weit über die Schulter!

Zum Abschluss der Einheit gab es noch eine kurze Bunkai-Sequenz: Tori links zurück mit Gedan Barai - Angriff Tsuki Chudan. Uke dreht sich aus Shizen Tai mit links 90 Grad nach hinten raus und blockt mit dem Ellenbogen, danach - im Sinne der "klebenden Hände" am Gegner dranbleiben und Uraken Jodan ausführen. In der Kata gehts jetzt weiter vor in ZK mit Oi Tsuki. Wir gingen jetzt mit dem linken Bein am vorderen Bein des Angreifers vorbei und den linken Arm nutzten wir, um den Angreifer zu Boden zu werfen. Es war hierbei darauf zu achten, dass man mit dem Bein nicht zu weit am vorderen Bein des anderen vorbei gingen - Knie an Knie, das war optimal!

Auch bei der Oberstufeneinheit ging es zunächst an die Basics, allerdings mit anderem Fokus: Wie könnte ich es besser beschreiben als mit der "Risto-Hüfte"? Andreas fragte uns zwar nicht, wo die Hüfte liegt ("Im Oberschenkel"), aber er beschrieb die Bewegungen genauso wie der Finne. Wir übten einige Male Hüftein- und -ausdrehen im ZK. Dann hatte Andreas hierzu ein paar Zusatzaufgaben: Zunächst sollten wir auf die bewusste Belastung der Fersen achten: Beim Hüfte-Eindrehen kam der Druck von der hinteren Ferse, beim Ausdrehen von der vorderen. Anschließend übten wir dies mit angehobenen Fersen - eine Übung, die wohl auch Sensei Okuma so ausführen läßt.

Am Ende der Einheit gab es noch eine kurze Kihon-Sequenz, bei der wir uns wieder in Erinnerung rufen sollten, was wir den Abend über vermittelt bekamen: fünf mal vor mit Tsuki, dann rückwärts mit Soto-Uke, Umsetzen in KB mit Yoko-Empi und Tate Uraken, wieder umsetzen in Gyaku-Tsuki: Beim Soto-Uke sollten wir nicht zu weit hinten ausholen,. Das Umsetzen in KB sollte durch Gewichtsverlagerung erfolgen und beim abschließenden Gyaku-Tsuki sollten wir auf keinen Fall den vorderen Fuß ranziehen, sondern eher weiter nach vorne. Das hatten wir doch alles schonmal gehört? Der Risto läßt grüßen! ;-)

Dazwischen gab es die Nijushiho: Es gab viele Bestätigungen des auch bisher schon von uns Geübten. Die Anfangsbewegung führt Andreas aber etwas schlichter aus als wir sie in unserer sonntäglichen Kata-Einheit machen: Der linke Arm holt grade vorne aus mit geöffneter Handfläche (und nicht im großen Bogen). Den Empi sollten wir höchstens auf Kinnhöhe stoßen und hierbei in einem sehr kurzen ZK stehen - den hinteren Fuß also nicht zu nah an das vordere Bein heranziehen.

Einen Fokus legte Andreas dann auf die nun folgende Drehung, die wir stark aus der Hüfte ausführen sollten. Nach der Drehung erfolgte ein Akzent durch das Heranziehen der Fäuste an die Hüfte und die Arme wurden dann durch einen erneuten Hüftimpuls nach vorne gestoßen.

Bei dem nun folgenden Age-Uke sollten wir bereits die Ausholbewegung als Block ansehen. Der Age-Uke sollte dann als Angriff gedeutet werden, also als Age-Uchi. Achtung beim folgenden Age-Empi: bitte nicht zu hoch schlagen und die Rumpfdrehung nicht zu sehr übertreiben - sie sollte nicht ausgeprägter ausfallen, als beim Gyaku-Tsuki und wir übten diese Passage tatsächlich auch ein paar mal mit Gyaku-Tsuki vor dem Age-Empi.

Viele von Andeas' Erklärungen waren Wiederholungen von Aspekten, die ich persönlich schon gehört hatte. Eine Besonderheit war noch die Ausführung des Zanshin-Dachi, den Shihan Ochi derzeit so ausführt, dass man fast auf einer Linie steht - mindestens die Ferse des einen Fußes in einer Linie mit den Zehen des anderen.

Zum Abschluss der eine Eindreiviertelstunde dauernden Einheit gab es noch drei Bunkai-Sequenzen:

1. Haisho-Uke mit links im KK, vor mit Empi in die offene Hand im KB, Gedan-Barai mit rechts (linker Arm bleibt), linker Fuß geht am rechten vorbei in KB mit Haisho-Uke: Partner rechts vor im ZK, Angriff mit links Oi Tsuki, Abwehrender weicht nach hinten rechts aus mit Suri Ashi in KK, linker Arm Tate-Shuto-Uke, vorgleiten mit Yoko-Empi an den Rumpf/die Rippen des Partners, Gedan Barai vor die Genitalien, rechten Arm strecken, weiter am Partner vorbei gehen und den Partner so zu Fall
2. Sequenz beim ersten Kiai: Drehung mit (Gedan Shuto-Uke) und nachfolgendem Jodan Heito-Uchi, Hände öffnen und nach unten stoßen ("Mae Geri blocken"), Fäuste zur Hüfte ziehen und nach unten stoßen ("auf das Knie/Schienbein).

2. Sequenz am ersten Kiai: Partner stehen hintereinander, A fasst B mit rechts von hinten an die Schulter. B dreht sich um und schlägt den Arm des A mit dem gestreckten linken Arm weg, gleich darauf Heito-Uchi vor den Hals des A. Die folgenden Techniken nicht wie in der Kata als Block und Konter gegen Mae-Geri nutzen, sondern als Angriff zum Hals / Gesicht des Partners: rechte Hand greift in den Nacken, links ins Gesicht, eventuell mit geöffneten Fingern, so dass man die Augen trifft. Die rechte Hand wird jetzt nach vorne gegen den Kopf geschoben und die linke zieht z. B. an der Jacke dagegen. Ggf. noch einmal nachstoßen.

3. Letzte Techniken: Partner fasst den anderen mit rechts am Revers. Der andere greift mit der rechten Hand die Faust am Revers und schlägt mit dem linken Arm von außen gegen den Ellenbogen des fassenden Arms. (An dieser Stelle war eigentlich für Seibel und mich schon die Übung beendet - wir hätten jetzt entweder einen Tritt gegen das Knie durchgeführt oder den anderen einfach weiter zu Boden gebracht, aber Andreas führte die Übung anders weiter:) Der rechte Arm übernimmt den gefassten Arm und beide Arme gehen zunächst zur Hüfte, bevor der Abwehrende einen Schritt vor geht und den Gegner mit gestreckten Armen nach hinten weg stößt.





Donnerstag, 15. November 2012

Mitfiebern ist fast genauso schlimm! JKA-Cup 2012

Gerne wäre ich auch in diesem Jahr wieder beim JKA-Cup gestartet, aber eine Knieverletzung machte mir hier leider einen Strich durch die Rechnung. Dennoch war der Besuch in Bottrop für mich ein "Pflichtprogramm" - schließlich wollten doch zwei meiner derzeit engsten Trainingsgefährten dort starten: Madeleine Essing und Torsten Uhlemann.

Die Kumite-Team-Wettbewerbe am frühen Morgen hatte ich leider verpasst. Und so wurde ich nicht Zeuge, wie Torsten mit zwei Kämpfern aus Wesel hier den dritten Platz in der Schwarzgurtgruppe erreichten. Hut ab und großen Respekt vor dieser Leistung .... und das noch am frühen Morgen!

Als ich gegen 10.00 Uhr eintraf, war also das Kampfgeschehen schon in vollem Gange. Aber bevor ich mich den Kampfflächen nähern konnte, mussten erst einmal zahlreiche Karatefreunde begrüßt und mit dem ein- oder anderen von ihnen ein kleines Pläuschen gehalten werden, darunter natürlich unsere vielen Karatefreunde aus Wesel, Karateka aus dem ganzen Bundesgebiet und aus Frankreich, lieb gewonnene Trainer wie Andreas Klein, Julian Chees, Hanskarl Rotzinger oder Jean-Pierre Fischer und noch zahlreiche andere Freunde unserer Kampfkunst, die, wie ich, nur zum Zuschauen angereist waren.

Am späten Vormittag ging es dann los mit Kumite Einzel der Herren in der Gruppe Ü 38. Torsten stand direkt Michael Szumlewski gegenüber, einem sehr beherzten Karateka, den ich selbst mal bei einem Lehrgang als Partner erleben durfte. Leider kam Torsten zunächst nicht richtig in die Gänge und kämpfte unter seinem Niveau. Dann gabs eine kurze Kampfpause, weil Torsten einen Jodan-Kontakt einstecken musste. Während des ärztlichen Checks flüsterte mir Kampfrichter Marcus Haack zu:"Mach ihm mal ein bisschen Dampf!" Ich eilte an die Seite der Kampffläche und feuerte meinen Trainingspartner an. Aber leider reichte es in dieser Disziplin nicht für eine Platzierung. Torsten nahm es mit Fassung und konzentrierte sich nun innerlich auf "seine" Disziplin, das Kata Shiai.

Gegen Mittag folgten dann die Austragungen in der Disziplin Kata, zunächst im Einzel der Herren ab 38 Jahre.  Nun nahm ich direkt auf einer der Turnhallenbänke am Rand der Kampffläche platz. Torstens erste Runde - Flaggensystem - Heian Godan. Hey, das ist nicht schlecht, würde mal schätzen, das ist sogar von den Heian Katas seine liebste! Ich war selber sowas von aufgeregt - hätte ich selber im Pool gestanden, es wäre kaum schlimmer gewesen. Der arme Karate-Doc Peter Schuler, der neben mir Platz genommen hatte, musste leiden, als ich mich vor lauter Anspannung an seinem Unterarm festkrallte....und erst wieder losließ, als die Fahnen für "meinen Katamann" hochgehalten wurden. Also ab zu Runde zwei! Beim zweiten Durchgang dachte ich dann auch endlich mal daran, mit dem iphone eine Videoaufnahme zu machen. Das zügelte zwar meine Aufregung etwas - ließ Torsten aber trotzdem gewinnen. Das bedeutete: Einzug ins Finale! Von Torsten fiel plötzlich alle Anspannung ab und wich der Aura eines unglaublich zufriedenen, wenn nicht sogar glücklichen Menschen:"Seit ich 1998 zum ersten Mal mit meinem Trainer Albert Wilmerdinger als Zuschauer beim JKA-Cup war, war es immer mein großer Traum gewesen, einmal bei der Abendveranstaltung mit der Gruppe der Starter in die Halle einzulaufen und dort zu starten." Das war ihm jetzt gelungen!

Allzu lange konnte ich mich aber nicht mit ihm freuen, da es direkt weiterging mit Madeleine und ihrem Kata-Wettkampf - voraussichtlich zum letzten Mal konnte sie in diesem Jahr in der Gruppe bis 1. Kyu starten und rechnete sich gute Chancen aus, auch wieder ins Finale einzuziehen. Torsten und ich sahen aus nächster Nähe zu, wie sie die ersten drei Wettkämpfe sehr souverän gewann, dann aber die Fahnen zu Gunsten einer Kontrahentin gehoben wurde. Also doch kein Finale? Es stellte sich allerdings kurz darauf heraus, dass an Madeleines Pool aus Versehen zwei Runden zu viel ausgekämpft worden waren: Pro Pool sollten zwei Finalistinnen in die Abendveranstaltung einziehen - also war Madeleine doch noch im Finale mit dabei und ich konnte mich auf zwei spannende Endrunden freuen!

Von 16.00 Uhr bis ca. 18.00 Uhr wurde die Halle geschlossen wegen Umräumarbeiten. Wer noch nie beim JKA-Cup war, dem sei kurz erklärt, dass die Halle für die Abendveranstaltung wirklich schön herausgeputzt wird! Torsten und ich verbrachten die freie Zeit mit einem Spaziergang um den Block bei Nieselregen und setzten uns dann noch eine halbe Stunde in mein Auto, um uns bei Musik noch etwas zu entspannen und zu quatschen. Dann konnten wir endlich wieder rein.

Mann, ich konnte es selber jetzt fast gar nicht mehr aushalten, so aufgeregt war ich! Dabei hätte ich doch eigentlich ganz entspannt zusehen können! Aber schon auf der Hinfahrt nach  Bottrop am Vormittag hatte ich dieses typische Grummeln im Bauch, das ich eigentlich nur als Aufregung vor eigenen Turnierstarts oder ähnlichen Auftritten kenne.

Endlich gingen in der Halle die großen Lichter aus und eine feierliche Beleuchtung erfüllte den Raum. Aus den Lautsprecherboxen erklangen harte Gitarrenriffs und gaben der Atmosphäre einen martialischen Anstrich. Durch den von mir aus gesehen rechten Eingang zur Halle kamen jetzt in einer Reihe die Finalisten im Laufschritt eingelaufen und stellten sich in ordentlichen Reihen in der Halle auf. In diesem Moment konnte ich verstehen, warum es Torsten so viel bedeutete, dort einmal mitzulaufen - selbst ich bekam auf der Tribüne eine Gänsehaut! https://www.youtube.com/watch?v=e9bHoxaqT3A&feature=plcp Neben mir stand Karate-Fotograf Alexander Raitz von Frenz, den ich spontan bat, eine Nahaufnahme von Torsten zu machen. Eine Bitte, der er gerne nachkam.

Es folgten atemberaubende Endrunden. Da sich das Geschehen auf bis zu vier Pools abspielte, gab es immer etwas Spannendes zu sehen! Besonders interessant war es für mich, die einzelnen Entwicklungsphasen der insgesamt hochkarätigen Karateka zu beobachten: Während z. B. die Bewegungsmuster der Braungurte im Kumite teilweise noch "einstudiert" wirkten, sah man den jungen Schwarzgurten bereits eine gewisse Routine an. Je erfahrener die Kämpferinnen und Kämpfer waren, desto mehr Kampfgeist und ausgeprägtere Geber- und Nehmerqualitäten legten sie auch an den Tag. Und die Jukuren, also die Karateka in den Gruppen Ü 30 (Damen) bzw. Ü 38 (Herren) waren dann trotz aller Beherztheit unglaublich gelassen und abgeklärt, nach dem Motto:"Ich weiß, was ich kann und das kann mir keine/r nehmen."

Irgendwann ging es endlich los mit Torstens Kata-Finale! Ich stand oben auf der Tribüne und diesmal zückte ich sofort mein iphone - diesen Moment wollte ich doch gerne festhalten! Torsten sagte seine Kata an: Nijushiho. Und dann kam die wohl beste Kata, die ich von ihm je gesehen habe - kraftvoll, dynamisch, elegant. https://www.youtube.com/watch?v=5QFLDIIDbik&feature=plcp Die Konkurrenz schlief aber nicht und letztlich schlug Michel Neuser aus Wilnsdorf mit zwei Zehnteln Vorsprung Torsten im Kampf um den zweiten Platz. Aber auch auf den dritten Platz kann er wirklich stolz sein! Und wer kam auf Platz eins, mag sich der geneigte Leser fragen? Nun, die Goldmedaille in dieser Gruppe und Disziplin ging zum nun insgesamt schon sage und schreibe 20. Mal mit der Kata Unsu an Michael  Gehre aus Kiel! Also, was dieser Mann da zaubert, ist wirklich zum Niederknien! Unfassbar und supergut! Mit dieser Kata hatte Michael kürzlich auch in Paris die Europameisterschaft gewonnen!

Aber genug bewundert jetzt, Madeleine war noch dran mit ihrem Finale! Sie startete unter anderem gegen Mona Hengesbach vom Budosportcenter aus Münster. Mona hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt und ich hatte bei der Landesmeisterschaft in Bochum das "Vergnügen" mit ihr ;-) Denkbar knapp waren daher auch die Wettkämpfe in der Gruppe bis 1. Kyu. Aber letztendlich bewies wohl Madeleine die besseren Nerven und konnte ihre Silbermedaille vom Vorjahr verteidigen! Mona kam immerhin auf Platz drei.

Der Abend war damit aber noch nicht abeschlossen und wir kamen noch in den Genuss zahlreicher weiterer Disziplinen. Sehr beeindruckend für mich persönlich war das starke Comeback von Andrea Gluschke, die im Kumite der Damen Ü 38 einen furiosen Sieg erkämpfte. Absolut beeindruckt war ich auch von der Leistung Emanuele Bisceglies, der undankbarer Weise im Kata Einzel wegen Hikiwake zwei oder dreimal die Kanku Dai vorführen musste - und es schien, als würde er sich in jeder Runde wieder selbst übertreffen! Ein wahrer Augenschmaus war natürlich auch das Finale der Kata-Teams. Herausragend hier das Team unserer Freunde aus Frankreich - aber das absolute Highlight waren auch in diesem Jahr wieder die Jungs aus Frankfurt: Als Emanuele, Giovanni und Davor starteten, hätte man bereits in der Vorrunde (Kata Enpi) in der Halle eine Stecknadel fallen hören können - aber im Finale war die Spannung so groß, dass sich meine Nackenhaare aufstellten! Das ist einfach fantastisch, was die drei da vorführen und sie kamen voll verdient mit der Unsu auf Platz 1!

Insgesamt zogen sich die Finalrunden dann leider etwas hin. Ob das an den zahlreichen Siegerehrungen lag, die zwischendurch immer wieder eingeschoben wurden? (Übrigens sehr eloquent moderiert von einem sympathischen jungen Mann!) Nun, als Nicht-Organisator hat man immer leicht reden - ich wüsste aber auch nicht, was man spontan anders/besser machen könnte.

Einen herzlichen Dank für diesen spannenden Tag von meiner Seite an Klaus Wiegand und das Organisationsteam, an die vielen engagierten Kampfrichter und vor allem auch an die mutigen und beherzten Karateka, die sich an diesem Tag der Herausforderung eines Turnierstarts gestellt haben!


Montag, 30. Januar 2012

Lehrgang mit Julian Chees 28.01.2012

Traditionell beehrte uns auch im Januar 2012 Sensei Julian Chees in Münster. Bereits in der Unterstufeneinheit platzte Die Halle aus allen Nähten und das war auch in der ersten Einheit ab 5. Kyu der Fall. Merkwürdiger Weise lichteten sich die Reihen bereits am Nachmittag - 20 Euro Lehrgangsgebühr für nur eine Einheit? Naja, manche müssen es halt dicke haben!

Da meine Tochter Johanna als recht frisch gebackener Weißgurt an ihrem ersten Karatelehrgang teilnahm, war ich bereits um 10.30 Uhr zur ersten Einheit erschienen und schaute mir an, was dort eingeübt wurde. Julian begann das Training mit ausgiebigen Laufrunden um die Halle, um den Kreislauf der Trainierenden mal so richtig schön auf Touren zu bringen. Die Stimmung lockerte sich merklich auf, als er begann, durch lautes Ausrufen der Namen von Karatetechniken eine Art Laufgesang anzustimmen, wie man es aus dem Kino von Angehörigen der US-Streitkräfte kennt. Das kam sichtbar gut an und so etwas kann ich mir wirklich bei keinem anderen Trainer vorstellen ;-)

Die Unterstufe begann mit für viele der Teilnehmer offensichtlich verwirrenden Bunkaiübungen zu Heiankatas. Ich hatte den Eindruck, dass ca. 80 % der Karateka bereits mit der ersten Kombination überfordert war....wie bitte? Keine Kihonbahnen im Vorwärtsgehen sondern rückwärtiges Ausweichen mit Gedan Barai? Meine Tochter hatte leider einen noch kleineren Weißgurtknirps als Partner, der wirklich keinen blassen Schimmer hatte, was da vor sich ging. Waren die Kids doch noch zu klein für einen Karatelehrgang? Oder war das Niveau einfach zu hoch?

In unserer ersten Einheit begann der Sensei mit einer durchdachten Aufwärmgymnastik. Als er dann mit den ersten Techniken begann, wurde mir schnell klar, dass es gleich mit Bunkai losging und zwar mit der Nijushiho! Mein Trainingspartner Torsten stand mir zu diesem Zeitpunkt gegenüber - allerdings am entgegengesetzten Hallenende! Und um mich herum nur Violettgurte. Au Backe! Und wer erklärt MIR das Bunkai???? Fix war durch Augenkontakt ein Abkommen geschaffen und ich flitzte - der Etikette entgegen - quer durch die Halle. Puh!

Das Bunkai begann mit Sequenz nach der ersten Drehung:
Tori greift an mit Oi-Tsuki/Gyaku-Tsuki.
Uke steht im Shizentai und blockt den ersten Tsuki, in dem er die Arme seitlich gestreckt von oben nach unten/außen führt in einen doppelten Gedan-Barai (seitlich vom Körper).  Die Fäuste werden dann seitlich an die Hüftseiten geführt (ins Hikite), um dann mit einem Doppeltsuki (re jodan, li chudan) nach vorne gestoßen zu werden. Der rechte Arm blockt hierbei den Gyaku-Tsuki (Jodan).
Mit der linken Hand (die chudan geschlagen hatte) fasst Uke jetzt die linke Hand des Tori und geht einen Schritt vor, dabei mir rechts Empi vor den Ellenbogen des Tori, ggf. weiterschieben, bis Tori zu Boden geht.

Zweite Sequenz: nach dem zweiten Yoko-Geri mit Gyaku-Tsuki;
Uke steht im KB mit Gyaku-Tsuki nach rechts. Tori steht davor, links vor ZK und greift an mit Tsuki chudan. Uke blockt, indem er die rechte Hand öffnet und dreht, hiermit die Faust des Tori fixiert. Jetzt geht Uke einen Schritt vor und schlägt Tori mit der offenen linken Hand (Handballen) vor das Kinn. Die rechte Hand kann mit dem Handballen gedan oder chudan geschlagen werden.

Dritte Sequenz:  Schlussteil der Kata
Uke kann im Shizentai stehen. Tori greift an mit Tsuki Jodan (Seite egal). Uke blockt mit links (offene Handfläche, Schlag nach rechts), rechte Hand übernimmt Hand des Tori (mit abgewinkelter Hand/Handrücken), einen Schritt vorgehen, mit dem linken Handballen vor das Kinn des Tori, rechts wieder chudan oder gedan.

Für die Mittagspause hatte ich meiner Tochter Johanna versprochen, dass ich mit ihr zum Chinesen gehe - gebratene Nudeln essen :-) Torsten begleitete uns und obwohl Johanna bereits um halb vier wieder dran war, war es eine schöne Pause :-)

Ab 17 Uhr hieß es für uns zwei Stunden lang: "Sochin"! Yeah! Besser hätte es für mich nicht kommen können! Auch wenn Torsten gequält etwas von "Erdmännchen-Kata" murmelte, freute ich mich sehr, denn so hatte ich einen schönen Ausgleich für die Nijushiho vorher :-)

Hier ergab es sich von selbst, dass ich mit Torsten trainierte. Ich habe keine Ahnung mehr, wie oft wir die Kata liefen! Jedenfalls befand ich mich irgendwann in einem wunderschön-leichten Zustand! Und so kam es, dass selbst das Bunkai (als die ersten Knoten aus Armen und Beinen gelöst und Torstens herzhaftes Lachen über meine Verrenkungen verklungen war) fast wie von selbst lief!

1. Wir starteten vor dem zweiten Yoko-Geri.
Uke steht links vor im ZK, mit Gyaku-Tsuki rechts.
Tori steht rechts vor und greift von der Rückseite aus an mit Tsuki Jordan links im ZK.
Uke dreht sich um 180 Grad und blockt mit links, mit gestrecktem Arm und offener Hand, greift Faust des Tori und kontert mit Yoko-Geri Keage chudan, beim Absetzen Yoko Empi in den Gegner
Uke zieht den vorderen Fuß zurück
Tori greift erneut an mit Tsuki rechts
Uke blockt mit Uraken links, fixiert mit der anderen Hand die Faust des Tori und verdreht die Arme nach rechts unten, so dass Tori zu Boden geht.

Variante (etwas leichter):
Uke links vor im ZK, Gyaku Tsuki rechts.
Tori steht rechts vor und greift von der Rückseite aus an mit Tsuki Jordan links im ZK.
Uke dreht sich um 180 Grad und blockt mit links, mit gestrecktem Arm und offener Hand, greift Faust des Tori und kontert mit Yoko-Geri Keage chudan, beim Absetzen Yoko Empi in den Gegner. Jetzt zieht Uke das linke Bein zurück, dreht sich etwas nach links und tritt nochmal Yoko Geri, diesmal mit dem rechten Bein, absetzen und Empi mit links - Variante: den Tori mit dem Uraken-Arm nach unten reißen, so dass man statt Yoko Empi Otoshi Empi von oben auf den Rücken machen kann.

2. Die Bahn vor dem erste Kiai!
Tori und Uke stehen im Shizentai voreinander. Tori umfasst Ukes Handgelenke.
Uke dreht seine Hände nach innen und befreit sich, geht ein Stück zurück, Zanshin!
Tori greift an mit Oi-Tsuki/Gyaku-Tsuki.
Uke gleitet rechts zurück in KK mit Shuto-Uke (Block gegen ersten Tsuki) und lässt den linken (vorderen) Arm waagerecht fallen (Block zweiter Tsuki). Konter Nukite mit waagerechter Hand vor den Kehlkopf des Tori und sofort Kizami Mae-Geri chudan hinterher.
Tori greift wieder an mit Kizami-Tsuki.
Uke blockt mit links nach außen Uchi-Uke jodan (der Arm wird aus der Waagerechten links nach außen hochgeschlagen).  Konter mit Ura-Tsuki rechts chudan, z. B. vor die kurze Rippe.

Torsten und ich gerieten richtig in Rage! Hey, das war ein Gemetzel! Ich war ganz enttäuscht, als das Yame des Senseis durch die Halle klang. Hatte ich doch tatsächlich vergessen, dass wir grade Kata-Bunkai gemacht hatten???? Unfassbar!

Zum Abschluss gab es dann noch einige Male Sochin zur Festigung des Ablaufs für die Farbgurte und dann war dieser super inspirierende Lehrgang auch leider schon vorbei.