Am 10.03.2018 war Marcus
Neumann bei uns zu Gast. Marcus ist Ausbilder von Einsatzkräften in Essen,
Mülheim, Oberhausen und Duisburg. Der Mann weiß also, was er tut, sagt und
empfiehlt. Marcus ist ein guter Freund unseres Coaches und immer gern gesehen
Gastes Ralf Bongartz und die beiden decken zusammen das ganze Spektrum des
Eigenschutzes ab: Ralf vermittelt wie kein anderer die ersten Stufen
Aufmerksamkeit, Kommunikation und Deeskalation und Marcus geht beinahe
ausschließlich auf die Stufen der Selbstbehauptung und des technischen
Eigenschutzes ein. Die Härte und Konsequenz, mit der er vorgeht, beweisen, dass
er sich nicht nur zum Spaß mit diesen Skills beschäftigt, sondern dass er sie
zum Überleben in seinem Arbeitsalltag benötigt und anderen auch zu diesem Zweck
vermittelt.
Marcus hatte es mit einer
sehr heterogenen Gruppe zu tun, die sich Anfang März bei uns einfand:
angefangen mit dem 13-jährigen Florian und meiner 17-jährigen Tochter Johanna
über zahlreiche Erwachsene mit und ohne Kampfkunsthintergrund bis hin zu
unserem Senior Thomas, der vor etwa einem Jahr über einen „Ü
50-Selbstverteidigungskurs“ zu uns in die Karateschule kam. Marcus’ Motto ist:
„Verkaufe Dich so teuer wie möglich!“ Mach es einem Angreifer schwer, kassiere
keine Schläge ein, denn schon ein einziger Schlag kann tödlich sein! Wir
starteten mit Status-Übungen aus dem Bereich der Selbstbehauptung – und auch
hier ging es gleich zu Beginn sehr intensiv zur Sache, denn bei einer
Abgrenzungsübung bewegten wir uns gleich laut pöbelnd auf den Partner/die
Partnerin zu. „Mein Status ist mein Handeln in Zeit und Raum“, so Marcus, der
mehrfach Bezug nahm auf die Lehre von Prof. Dr. Uwe Füllgrabe, dessen Bücher
„Überleben ist kein Zufall“ oder auch die (etwas theoretischere Abhandlung der)
„Psychologie der Eigensicherung“ ich wärmstens empfehlen kann!
Marcus hat sich an diesem
Nachmittag bei uns nicht mit der Entstehung von Gewalt beschäftigt, sondern nur
mit unserer möglichen Reaktion auf Menschen, die es aus absolut niederen
Beweggründen darauf abgesehen haben, uns zu schaden. Das war also kein
Kuschelkurs und kein Seminar für Weicheier an diesem Nachmittag und es ging
neben der Vermittlung effektiver Befreiungs- und Schlagtechniken (Tritte kamen abgesehen
von einem gelegentlichen Fußfeger oder Kneelift so gut wie gar nicht vor) vor
allem um Stressresitenz und Schmerztoleranz. Schmerzen und Angst aushalten zu können
bzw. mit ihnen umzugehen – das sind auch
aus meiner Sicht sehr wichtige Elemente des Eigenschutzes. So gab es neben den
Partner/innen-Übungen auch viele Übungen in „Situationen“ – „Stell Dir vor, Du
wirst mit Deinem Kumpel eingekreist und Ihr müsst Euch gegen mehrere Angreifer
verteidigen – was ist da wichtig?“ Schulterschluss, natürlich und
bedingungslose Konsequenz in der Abwehr!
Unsere Schlagkissen und
Handpratzen kamen daher an diesem Nachmittag umfassend zum Einsatz und ebenso
die Faustschützer und Boxhandschuhe. Ein Highlight war ganz unbestritten die Türsteherübung,
bei denen einzelne Teilnehmende versuchen sollten, als Türsteher/in ihre Tür zu
verteidigen (simuliert durch einen Durchgang zwischen zwei ausgelegten großen
Schlagkissen. Aber auch die anderen Facetten der Lehre von Marcus waren sehr
herausfordernd und spannend! Sehr interessant ist sein Wing-Tsun-Hintergrund
mit Bewegungen, die auch für mich als langjährige Kampfkunst-Trainierende im
Karate eine Herausforderung sind und
gleichwohl sehr effektiv! Wie beim Einblick in andere Eigenschutz-Systeme
habe ich auch bei Marcus allerdings das irgendwie beruhigende Gefühl, durch
konsequentes, regelmäßiges und vor allem intensives Karatetraining gut
vorbereitet zu sein und meinen Körper gut einsetzen zu können. Dass Techniken
nicht nur z. B. mit dem Arm, sondern mit dem ganzen Körper ausgeführt werden,
das lernen wir auch beim Karate. Fauststöße sind für uns „Tagesgeschäft“ und
auch den rückwärtigen Fauststoß können wir mit links (und natürlich auch mit
rechts J ). Marcus hat aus dem Wing Tsun in Verbindung mit seinem
beruflichen Hintergrund spezielle Bewegungsmuster entwickelt, die wir vor dem
Spiegel einübten. Diese dann auch in den stressbasierten Übungen einzusetzen,
bedarf aber vermutlich noch einiger Jahre Übung. Daher hoffe ich, dass Marcus
noch oft unser Gast sein wird!