Mittwoch, 18. April 2007

Trainerin sein - mal etwas weitergeben

Am 18.04.2007 begann er - mein Anfängerlehrgang. Nein, nein, nicht der, bei dem ich was lerne (oder irgendwie doch...?), sondern der, bei dem ich die Trainerin bin! In meinem "ersten Karateleben", also vor ca. 20 Jahren, hatte ich schon mal Anfängerkurse gegeben und ich darf nicht ganz ohne Stolz sagen, dass wenigstens zwei "meiner" damaligen Anfänger heute immer noch Karate machen und sich noch lebhaft an mein wohl ziemlich gnadenloses Training erinnern ;-)) War ich wirklich so schlimm? Oder hat man allgemein damals noch unter Karate einfach "eine härtere Gangart" verstanden als heute? Wie auch immer - nun war ich jedenfalls super gespannt, wieviele Anfänger mir denn wohl diesmal beschert sein würden. Derzeit ist es gar nicht so einfach, Menschen für Karate zu begeistern. Dies liegt zum einen sicher an dem allgemein sehr umfangreichen Freizeitangebot. Zudem ist auch die Konkurrenz der Karate-Angebote in unserer Stadt sehr groß. Schließlich nimmt meiner Meinung nach auch allgemein die Bereitschaft ab, sich verbindlich einer Sportart zu widmen, die vielleicht einen über das physische Training hinausgehenden Einsatz verlangt, auch einen philosophischen Inhalt hat und zudem noch hierachisch strukturiert ist. Wir hatten daher viel Mühe und Zeit in Werbeaktionen investiert. Ein wenig ernüchtert war ich schon am Vortag gewesen, als nur knapp 10 Kinder zum neuen Kinderkurs kamen - davon 3 Kinder von Dojo-Mitgliedern. In "meinem" Anfängerkurs waren es dann auch nur 7 Anfänger, davon zwei Kinder, die sich mit der Einheit vertan haben - und eigentlich in den Kinderkurs gehört hätten. Ich ließ sie dann aber ausnahmsweise einmal bei uns "Großen" mitmachen. Glücklicher Weise erfuhr ich, dass auch noch mindestens drei Leute am ersten Abend verhindert waren, die erst bei der nächsten oder übernächsten Einheit dazustoßen wollten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Meine Anspannung vor Trainingsbeginn und meine erste Enttäuschung darüber, dass nur so wenige Leute gekommen waren - als das Training begann, war alles weg! Ich sah in nur einige aber sehr gespannte Gesichter von Menschen, die zu mir gekommen waren, um etwas über das Geheimnis einer ostasiatischen Kampfkunst zu hören. Man muss sich das mal vorstellen: das sind Menschen, die überhaupt keine Ahnung von Karate haben - von dem, was ich mittlerweile zu einem ganz elementaren Bestandteil meines Lebens zähle! Während ich mich und den Verein vorstellte, bereitete sich das Demo-Team auf eine kleine Vorführung vor. Demo-Teamleiter Jörg Greve und seine Leute führten erst beeindruckende Grundschultechniken vor, dann Kata und schließlich Kumite. Als Jörg zum Abschluss seinen Kontrahenten Ronny beim Jiju-Ippon-Kumite ein paar mal zu Boden fegte, raunten die Kids zu meinen Füßen "cool"!. Na, dann sind wir ja im richtigen Film!

Unter Applaus verließ das Demo-Team das Dojo und ich versammelte die "Neuen" in der Mitte des Dojos um mich herum. Nur noch eine halbe Stunde für das eigentliche Training! Und ich sollte ihnen heute noch Tsukis im Stand, den Zenkutsu-Dachi und das Vorgehen mit Oi-Tsuki beibringen! Na, dann mal schnell los! Tsuki im Stand mit Hikite. Klappte ja direkt! Alle bekamen das sogar schon richtig mit Faustdrehung hin. Nur einer der beiden kleinen Jungs tat sich recht schwer mit der Motorik, er brauchte generell etwas mehr Support! Dann mal gegen eine Pratze boxen! Die beiden kleinen Jungs waren von ihrer Mutter zum Dojo gefahren worden. Diese saß während des Trainings am Rand und hatte noch einen Säugling bei sich. Bald schon merkte ich, dass es die Frau merklich in den Gliedern zuckte und sie gerne auch mitgemacht hätte. Kurzer Hand holte ich sie zu uns (das Baby schlief derweil in seinem Maxi-Cosi) und sie trainierte fast den ganzen Rest der Einheit mit! Später, als der Zwerg uns mit einem kräftigen "Kiai" unterstüzten wollte, kümmerte sich Sarah aus dem Demo-Team um ihn. Jedenfalls war es die grade frisch gebackene Mutter des kleinen Babys, die am beherztesten gegen die Pratze boxte - kein perfekter Tsuki, aber viiiiiel Kampfgeist!!!

Je weiter der Minutenzeiger durch die halbe Stunde tickte, desto sicherer wurde ich mir bei meiner Sache. Allmählich sprang die Begeisterung "meiner" Anfänger auf mich über (oder war es umgekehrt?) und ich freute mich sehr, als ich sah, wie präzise sie meine Anweisungen umsetzen konnten! Nach jeder Anstrengung etwas dehnen. Der eine kleine Junge mit den motorischen Problemen meinte dabei "Boh, ey, das tut gut!" Beim Dehnen des Oberschenkels standen wir auf einem Bein. Ein Teilnehmer hob dabei den linken Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger. "Möchtest Du was sagen?", fragte ein anderer Teilnehmer ihn. "Nein, ich kann so besser mein Gleichgewicht halten." Alle fanden das sehr lustig, aber nach einer Weile sah ich vor allem die beiden kleinen Jungs, wie sie auch die Finger hoben und tatsächlich besser die Ballance halten konnten!

Zum Schluss wollte ich eigentlich noch zum "lockeren Freikampf" auffordern und dabei in überraschte Gesichter blicken...nach dem Motto: "Freikampf? Das können wir doch noch gar nicht!" Aber hinter dem "Kommando" verbirgt sich natürlich kein richtiges "Dellen", sondern eine Übung, die Risto Kiiskilä immer gerne machen läßt: Zwei Partner stehen schulterbreit im Abstand etwa eines halben Meters voreinander und halten sich mit angewinkelten Armen die ausgestreckten Handflächen in Brusthöhe gegeneinander. Jetzt versuchen sie, sich durch gegenseitiges Schlagen gegen ihre Handflächen, aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wer die Füße bewegt, bekommt einen Strafpunkt und bei fünf Strafpunkten ist der "Kampf" verloren. Leider bin ich da gar nicht mehr zu gekommen, weil die Trainingszeit zuende war. Aber ich kann das ja beim nächsten Mal nachholen. Außerdem wartete die Hobbygruppe noch auf mich, an denen ich mich dann als Trainervertretung auslassen konnte... ;-)

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