Als wir im Dojo eintrudelten, erwartete uns erst einmal ein sehr herzliches Willkommen: Neben Keigo und Carsten May waren da auch Martin Kaspar, Daniel Wessendorf, Veronika Becker und einige andere Karateka vom Gelb- bis zum Schwarzgurt, die ich bisher nicht oder nur vom Sehen her kannte.
Vor dem eigentlichen Training gab es dann "ein lockeres Ründchen" Randori mit häufig wechselnden Partnern. Hey, das finde ich an einer auswärtigen Trainingsteilnahme immer besonders spannend: sich auf andere Partner im Kumite einzustellen!
Anschließend begann dann das eigentliche Training - obwohl .... die Bezeichnung Training für meine Begriffe nicht ganz zutreffend ist. Bei einem Training werden meiner Meinung nach bereits bekannte Inhalte häufig wiederholt, um sie zu festigen. Was Keigo uns da gestern bot, spielte sich aber auf einem ganz anderen Level ab und verdient nach meinem Ermessen eher den Begriff Lehrgang. Bei einem Lehrgang werden nach meinem Ermessen neue Inhalte vermittelt oder auf andere (Bewegungs-)Abläufe übertragen, die dann später im eigenen Training wiederholt und gefestigt werden sollten. Nach dieser (natürlich vollkommen beliebig von mir vorgenommenen und diskutablen) Definition ist also der Lehrgang mehr fürs Köpfchen und das Training für die Muckis :-)
Im Grunde ging es (abgesehen von dem Uchi-Mawashi-Geri gegen Ende der Einheit) um Basistechniken, also Techniken, die die meisten von uns schon tausendfach ausgeführt hatten. Aber wir alle wissen ja inzwischen, worauf es ankommt: auf Kleinigkeiten!
Wir starteten mit einigen Kihon-Sequenzen, die wir aus einer lockeren Kamae-Stellung ausführen sollten. Keigo wies darauf hin, wie wichtig es ist, locker zu stehen. Nur so könne man stets flexibel reagieren - ausweichen, vorschnellen, zurückgleiten. So übte dann zunächst jede/r für sich Vorwärtsgehen mit Oi Tsuki, Kizami Tsuki und Gyaku Tsuki sowie Kombinationen hieraus - mit oder ohne Suri Ashi/Yori Ashi. Alles wie immer? Ja und nein - denn neben den "üblichen" Aufgaben wie Hüfteinsatz und Beinbewegung lenkte Keigo unsere Aufmerksamkeit auf einen weiteren Trainings- pardon: Lehrgangsinhalt, den einige von uns schon aus den Karate-Events mit Naka Sensei und dessen Schülern kannten: weg von den "angenehmen" und harmonischen Bewegungen und hin zu einer weit dynamischeren, schnelleren und - für den Gegner - überraschenden Disbalance. Hier hatte Keigo für uns einige Bewegungsmuster in petto:
- Beim Kizami sollen wir die Zeit zwischen dem Ransteppen des hinteren Beines und der Vorwärtsbewegung maximal verkürzen, so dass wir quasi von "zwei Zeiten" auf "eineinhalb" kamen.
- Der Gyaku-Tsuki wurde so vorgeschlagen, wie Torsten und ich es schon häufig bei Risto und auch bei Michael Jarchau geübt hatten: Der Angriff wird nicht mehr in einer einheitlichen Bewegung von Rumpf und Beinapparat ausgeführt, sondern zunächst durch Einsatz des Oberkörpers, bei dem sich die Beine nicht von der Stelle bewegen. Keigo legt bei der Ausführung seiner Karatetechniken eine unglaubliche Eleganz an den Tag! Es lohnt sich einfach schon, nur zum Zuschauen zu seinen Trainings zu fahren. Bei dieser Übung demonstrierte er die Geschmeidigkeit seiner Bewegungen wieder einmal sehr eindrucksvoll: Beim Einsatz des Oberkörpers blieben die Beine zwar auf der Stelle, durch ein "Tieferlegen" des Körpers wurde aber bereits Schwung geholt für das Vorwärtsschießen der unteren Extremitäten.
- Anschließend fügte Keigo dem "überlaufenen" Gyaku Tsuki noch einen weiteren Gyaku Tsuki an.
Diese Techniken und Kombinationen galt es anschließend im Partnertraining umzusetzen. Hier erinnerte Keigo uns immer wieder daran, von unseren gewohnten Bewegungsmustern abzuweichen und durch seine Vorgaben eine Spur schneller und dynamischer zu werden. Auch Mawashi Geri gehörte zum Repertoire der Partnerübungen: "normal", mit dem vorderen Bein getreten und dann, sozusagen als koordinativen Höhepunkt der Einheit, einen Uchi Mawashi Geri mit dem vorderen Bein.
Gegen Ende der Einheit gab es noch ein besonderes Pratzentraining: Drei Karateka stellten sich, mit großen Schlagkissen "bewaffnet", versetzt hintereinander auf. Keigo gab uns nun die Anweisung, mit möglichst schnellen Beinbewegungen von einer Pratze zur nächsten zu schnellen und an dieser Fausttechniken auszuführen. Wenn ich die Übung richtig verstanden hatte, sollte es an der ersten Pratze ein Kizami Tsuki sein, gefolgt von Oi Tsukis an den anderen beiden Schlagkissen. Nachdem einige von uns bei den ersten Durchgängen mehr oder weniger ratlos durch den Parcours gestolpert waren, erklärte uns Keigo, dass wir viel schneller und dynamischer werden, wenn wir auch bei dieser Übung das Prinzip der Disballance anwendeten: Beim Oi-Tsuki sollten wir nicht "wie immer" einen ganzen Schritt vor gehen, sondern mit Kirikaeshi zunächst den vorderen Fuß schnell heran ziehen, so dass man fast über die eigenen Beine fällt und dann - quasi aus dem Ungleichgewicht heraus - in den Tsuki stürzen. Nach ein paar Durchgängen funktionierte das schon ganz gut! In jedem Fall war das nochmal eine schöne Power-Übung zum Abschluss der Einheit!
Das Training bei Keigo war wieder eine echte Bereicherung und ich bin sehr froh, dass ich diesmal aktiv teilnehmen konnte! Hoffentlich haben wir bald wieder die Gelegenheit mit unseren Freunden aus Bottrop zu trainieren!
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