» Shopping « - Erlebnis bei Risto Kiiskilä
Nach vielen Jahren Karate-Training, unterbrochen von drei Baby-Pausen, stehe ich nun an der Schwelle zum 1.Dan.
Oft habe ich ja schon gehört, dass mit dem 1. Dan das eigentliche Karate-Training erst anfängt. So richtig deutlich wurde mir dies aber wieder mal bei dem Dan-Vorbereitungs-Lehrgang von Risto Kiiskilä am 20.März in seinem Dojo in Frankfurt. Da das Training schon um 10 Uhr beginnen sollte und Frankfurt für Münsteraner leider nicht grade vor der Tür liegt, erkundigten wir uns bei Risto vorher, ob es möglich sei, schon am Vorabend anzureisen. Es folgte Ristos Einladung, im Dojo zu übernachten und bereits am Dojo-internen Karatetraining am Freitag mitzumachen. Da das Dojo wegen einer Grippewelle an diesem Abend nur mäßig besucht war, standen wir drei aus Münster bereits in dieser Einheit im Focus der Aufmerksamkeit des Senseis. Eigentlich waren alle Techniken ganz vertraut und doch irgendwie eine Spur anders als sonst. Ich hätte eigentlich gleich nach dieser Einheit wieder fahren können, hatte ich doch für das nächste halbe Jahr schon genug Neues gelernt. Das will ja erst mal umgesetzt werden!
Im Laufe des Samstagvormittags füllte sich dann das Dojo. Insgesamt war es eine lockere, familiäre Atmosphäre. Dennoch lag ein Hauch Spannung in der Luft: Was wird Risto von uns erwarten? Wird er uns -wie im Werbe-Flyer für diesen Lehrgang angekündigt- persönliche Trainingspläne mit auf den Weg geben?
Pünktlich um 10 Uhr begann die erste Einheit und wir trainierten durch bis 16 Uhr mit lediglich zwei kurzen Pausen. Risto und sein Helferteam hatten ein liebevolles Buffet zusammengestellt. Es sollte hier keiner vom Fleisch fallen! Mir persönlich fällt es allerdings schwer, kurz nach und vor Trainingseinheiten etwas zu essen.
Das Prüfungsprogramm zum 1. Dan wurde hier natürlich rauf- und runtergebetet.
Wir begannen mit Kihon. Bei Kombinationen sollten wir auf den richtigen Rhythmus achten und darauf, dass die einzelnen Techniken nicht überrannt werden. Risto legte wie immer besonderen Wert auf korrekte Atmung. Wir Karateka sind es ja normalerweise gewohnt, beim Training die Zähne zusammenzubeißen, um das Durchhaltevermögen zu stärken. Nun wurde aber der ein oder andere daran erinnert, dies nicht allzu wörtlich zu nehmen, da sonst die Atmung behindert würde.
Sehr viel Wert wurde auch auf korrekte Ausholbewegungen gelegt.
Ach ja, der leidige Hüfteinsatz! Nach dem Motto "1000 Mal gehört, 1000 Mal ist nix passiert" erfuhren wohl einige von uns, dass unser Hüfteinsatz jedenfalls nicht den Anforderungen des Sensei entsprach!
Besonders bei den Richtungswechseln in den Heian-Kata machte Risto deutlich, dass hier noch viel Übung nötig ist.
Das Thema Kata wurde dann auch von allen Seiten durchleuchtet: Die einzelnen Heian-Kata, quasi zum Warmwerden, dann alle Sentei-Kata. Wir wurden in Gruppen aufgeteilt, je nachdem, welche Kürkata wir gewählt hatten. Der Großteil wählte die Bassai-Dai, gefolgt von der Jion. Als einziger Enpi-Fan ging mein Dojo-Gefährte Michael auf die Matten. Er führte wie immer eine tolle Kata vor. Dennoch konnte selbst hier Risto noch einen Verbesserungsvorschlag machen.
Anschließend konnten wir ein wenig Luft holen, während Risto einen kleinen Vortrag hielt: Jeder Trainingsaspekt hat seine eigene Aufgabe. Bei Khion liegt z. B. ein Schwerpunkt auf der Körperspannung. "Es gibt bei Kihon keinen Gegner. Das war die größte Enttäuschung meines Lebens!", bedauerte Risto.
Im Bereich des Kihon-Ippon-Kumite geht es darum, die einzelnen Angriffs-und Abwehrtechniken grundschulmäßig korrekt auszuführen.
Beim Jiyu-Ippon-Kumite schließlich soll auch die richtige Distanz geschult werden und die kontinuierliche, überdauernde Wachsamkeit, das Zanshin. Man soll zudem jetzt nicht mehr immer nur starr nach hinten rausgehen, sondern auch mal seitlich mit Sabaki.
Wir übten dann eigentlich recht unspektakuläre Techniken, wie Age-Uke, Soto-Uke, Gedan-Barai bzw. Nagashi-Uke, jeweils nach hinten, rechts oder links raus, je nachdem, welche Technik abzuwehren war. Wichtig war, zunächst das vordere Bein zu belasten, dann das Körpergewicht nach hinten zu verlagern und beim Konter wieder nach vorne in den Gegner reinzugehen. So schlicht die Kombinationen schienen, so wirkungsvoll waren sie.
Einige Fragezeichen tauchten wohl in den Mienen der Trainierenden auf, ob das denn wohl für die Dan-Prüfung ausreiche...."Das reicht bis zum 6. Dan. Mehr kann ich auch nicht!", war Ristos Antwort.
Naja, dass dieser Mann viel, viel mehr kann, wissen wir wohl alle, aber ebenso können wir uns vorstellen, dass diese finnische Granate tatsächlich auch mit wenigen, unspektakulären Techniken selbst den härtesten Gegner aus den Puschen haut!
Ach ja, die angekündigten persönlichen Trainingspläne gab es leider nicht, zumindest nicht schriftlich, auf einem Blatt Papier mit Hinweisen wie "mehr auf Hüfte achten" oder "für stärkeres Kime täglich 50 Liegestütze", wie ich mir das -vielleicht etwas naiv- vorgestellt hatte. Man mußte schon genau und selbst-kritisch dem Training folgen, um für sich individuell das Wesentliche herauszufischen.
Jeder, der Risto persönlich zwischen den Einheiten oder nach Ende des Trainings ansprach, wurde wirklich unermüdlich und intensiv von ihm betreut!
Der Lehrgang hat mich persönlich unglaublich nach vorne gebracht. Viele neue Aspekte werde ich vermutlich erst lange nach der Prüfung zum 1. Dan umsetzen können. Ich war auch sehr beeindruckt von der Fülle an Informationen, obwohl dies nicht mein erster Risto-Lehrgang war!
Ein Lehrgang bei ihm ist, so meine Vereinskameradin Heide, wie ein Shopping-Erlebnis: man hat ein riesiges Angebot an Karate-Eindrücken und kann für sich persönlich das in seinen "Einkaufswagen" packen,
was einem am Wichtigsten ist. Zu Hause kann man dann in Ruhe auspacken und das Beste daraus machen!
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