Trainer, Tipps und Turnhallen
Zu Beginn möchte ich meinen Sensei Michael –sinngemäß- zitieren: „Wenn ich einen Tsuki ausführe, schicke ich Energie in die Welt. Diese Energie verliert sich dann aber nicht im Nichts, sondern geht einmal um die Welt und kommt dann zu mir zurück.“ Wow! Das war treffend formuliert! Daher kommt es also, dass ich mich trotz Kräfte zehrender Karatetechniken selten ausgepowert fühle, sondern selbst nach einem Gasshuku voller Grenzerfahrungen ein einziges Energiepaket und kaum zu bremsen bin!
Nach dem Gasshuku 2003 in Oberstdorf war der in Immenstadt nun mein zweiter. Übernachtung in der Halle….ob ich das in meinem hohen Alter wirklich noch brauche? Egal, es war allemal interessant und geschlafen haben wir sowieso nicht viel! Die Zeit verging auch viel zu schnell in unserer tollen Truppe.
Jeder, der schon einmal an einem Gasshuku teilgenommen hat, weiß, dass dies eine äußerst vielseitige Veranstaltung ist. Einige Trainer waren mir bekannt, auf andere war ich gespannt. Die Übungen „meines“ Risto waren mir inzwischen einigermaßen vertraut, dafür überraschte mich Shihan Sugimura mit dem Kizami Gyaku-Tsuki (Gyaku-Tsuki ohne Hüfteinsatz).
Ken Whitstock begeisterte mich nicht nur wegen seiner Bekanntschaft mit dem legendären Stan Schmidt sondern auch wegen seiner die volle Konzentration beanspruchenden 1a, 2b, 3c usw. – Übungen! Zum Glück hatte ich in der ersten Einheit dieser Art einen tollen Partner, der mir hier über die Runden half. Als wir in der allerletzten Einheit am Freitag-Nachmittag auf diesen Übungen aufbauten, konnte ich meiner jetzigen Partnerin (einer frischgebackenen Dan-Trägerin) die Hilfe und Unterstützung weitergeben.
Man munkelt, dass die Feuchtigkeit auf dem Hallenboden während der Einheit von Shinji Akita nicht nur vom Schweiß der Frauen herrührt. Sein Hüfteinsatz war ja schon immer auch einige Tränen der Rührung wert (Achtung: Zensur ;-)). Aber nun novellierte er mal eben den Kiba-Dachi: Knie nicht so wahnsinnig weit nach außen, sondern eher mit Außenspannung
nach vorne. So konnte man den Stand direkt aushalten, stand trotzdem tief und konnte damit sogar zehnmal hintereinander die Tekki-Shodan laufen. Super spannend war auch seine Tekki-Shodan-Bunkai mit zwei Gegnern! Hier hatte ich einen netten Partner, "Martin aus dem nördlichen Saarland" und einen superstarken und ziemlich
beeindruckenden Kerl namens Markus – nicht mehr ganz jung aber mit dem Geist eines Samurai im Blick!!! Glücklicher Weise verloren die zwei bei mir nie das für Karateübungen so wichtige Augenzwinkern!
Julian Chees bekam als Gasshuku-Neuling bei der Abschlussfeier im Hofgarten die Hosen aus und die obligatorischen Krachledernen übergezogen. Er hatte mich als Kata-Ass schwer beeindruckt. Leider waren seine Bunkai-Übungen sehr komplex und lang und ich hatte ausgerechnet in seiner frühmorgendlichen Kata-Einheit keinen starken Partner, der mich über die Runden retten konnte.
Takayuki Mikami aus den USA bestach durch seine wiederholt höfliche Frage: „Has anybody any questions?“ Na, als wenn einer die Hand hebt und sagt: „Ähhh, kann ich das im Mittelteil noch mal hören?“ Aber es kam auch so alles ganz gut über, auch auf Englisch.
Tomio Imamuro – der strenge Herr aus Japan! Huch! War das der Geist des Karate? Leer wie die Hand unserer Kampfkunst schien seine Mimik zu sein. Er verzog kein Mal das Gesicht zu einem Lächeln. Seine Übungen waren hart und anspruchsvoll. Ganz sicher auch eine Art, zu motivieren. Vielleicht ist es typisch europäisch, so zu denken oder ich bin einfach
noch nicht reif genug, aber – soll Karate nicht auch ein wenig Spaß machen??? Mich motiviert ein Trainer am Besten, wenn er streng und genau ist, aber das Lächeln nicht verlernt hat. An Sonn- und Feiertagen darf er vielleicht auch mal ein –kleines- Lob aussprechen... ;-)
Das Training bei Keiichi Kasajima aus Luxembourg hatte den entscheidenden Nachteil, dass
der Sensei japanösisch sprach und selbst der gute alte Schlatt hier manchmal überfragt war und nicht alles übersetzen konnte. Da wir aber mit wachsamem Auge folgten, war es hier auch nicht immer erforderlich, jedes Wort zu verstehen. Kasajimas Weisheiten beeindruckten vermutlich eher die älteren Karateka wie mich. Er meinte einmal, dass jeder sein persönliches Karate macht. Ein 20-jähriger macht eben wie ein 20-jähriger Karate, ein 40-jähriger wie ein 40-jähriger und ein 60-jähriger wie ein 60-jähriger. Kasajijma hat es nicht gesagt, aber den
Unterschied könnte ich mir so vorstellen, dass der 60-jährige vor dem Kumite nicht den Zahnschutz hinein, sondern die (dritten) Zähne herausnimmt. Ist auch egal, jedenfalls trifft es wohl zu: Jeder macht sein Ding und schon ich merke mit meinen zarten 38 Jahren, dass es mir
zunehmend schwer fällt, sehr komplexe Abläufe zu verstehen und prompt umzusetzen. Da war ich auf dem Lehrgang echt immer froh, wenn ich geduldige und hilfsbereite Partner hatte.
Was für eine Fülle an Trainern! Dazwischen –vor allem Abends- noch beeindruckende Gespräche im Kreise der Trainierenden. So hatte ich z. B. die Ehre, Risto Kiiskilä ca. eine Stunde seiner wertvollen Zeit zu stehlen und ihm eine Frikadelle ans Knie zu quatschen. Ich bin mir nicht sicher, aber ich schätze, für ihn war dieses Gespräch eine Übung der Dojo-Kun-Grundsätze „sei höflich“ und „sei geduldig“....;-)) Ich traf ihn vor der Tribüne, folgte ihm dann wie ein Hündchen in die Bar und in die Eingangshalle, bis er mich fragte, ob ich mich mit ihm nach draußen setzen wollte....“Ähhh, Risto, es regnet in Strömen.“ „Ist egal. Wir
setzen uns unter den Pavillion. Wenn wir den Anfang machen, kommen die anderen nach.“ Es kam aber keiner und so musste er sich mit mir begnügen und ich konnte mit meinen frisch gewonnenen Finnisch-Kenntnissen angeben sowie ihn ein wenig über die Geheimnisse seines Karate ausquetschen.
Leider war ansonsten die Geselligkeit ein wenig dadurch getrübt, dass es keinen zentralen Anlaufpunkt gab. So habe ich z. B. aus der Gruppe ab 2. Dan kaum Bekannte getroffen. Klasse war natürlich die Lehrgangsparty am Mittwoch mit super Musik und guter Stimmung. Donnerstag fand der Vergleichskampf statt, den ich mir aber entgehen ließ, da ich zu der Zeit die angenehme Leere in unserem thailändischen Stamm-Restaurant genoss, in welchem ich mit Olli Lich zu Abend aß und über Gott und die Welt philosophierte. Anschließend wollten wir dann doch noch zu der Halle, in der der Vergleichskampf stattfand, aber da strömten uns die Massen schon wieder entgegen. Es war dann nur noch eine handvoll Bekannter dort anzutreffen. Dennoch hatte der Abend es noch in sich: Ich wurde nämlich versehentlich zusammen mit einem Karateka aus Bottrop in der Turnhalle eingesperrt und musste mit ihm dort die ganze Nacht verbringen. Warum passiert eigentlich immer MIR so etwas?????
Für mich etwas gewöhnungsbedürftig war dagegen der traditionelle Bayrische Abend am letzten Lehrgangstag! Das war mir dann doch etwas zuuu authentisch: der Saal, in dem am Mittwoch noch bei Discolicht der Pabst boxte, war nun hell ausgeleuchtet und mit Biergartengarnituren bestückt. Das war nicht wirklich gemütlich. Normaler Weise bin ich ein ausgesprochener Fan von Live-Musik. Ist fast egal, was gespielt wird, sobald es handgemacht ist, gefällt es mir schon von alleine….aber das krachlederne Trio an dem Abend…also, das lud nicht grade zum Tanzen ein. Aber Karateka sind ein dankbares Volk….nach einigen Bierchen fingen direkt welche an zu tanzen und ich gesellte mich dazu. Besonders Gert aus Wesel und seine Freundin Andrea waren treue Tanzgefährten. So hatten wir auch an diesem Abend neben sehr vielen netten Gesprächen auch musikalisch noch reichlich Spaß und haben den Gasshuku noch würdig ausklingen lassen. Als es dann am nächsten Tag hieß: „Good bye Immenstadt“, waren wir alle etwas wehmütig, dass er schon wieder vorbei war, der Gassuku 2006.
2007 wird der Gasshuku übrigens in Tamm stattfinden….schaut doch selbst mal unter www.karate-gasshuku.de
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