Hauskaa Joulua!
Eine schöne Bescherung
Wie sich der sprachbegabte Leser denken kann, ist „Hauskaa Joulua“ ein finnischer Weihnachtsgruß und wer die letzten Ausgaben dieses Heftes aufmerksam durchgelesen hat, der kann sich vielleicht erinnern, dass mein Name häufig im Zusammenhang mit Finnland auftauchte. Genauer gesagt: im Zusammenhang mit einem finnischen Trainer. Um es auf den Punkt zu bringen: mit Risto Kiiskilä. Regelmäßig verzweifele ich, wenn ich versuche, mich von ihm im Karate unterweisen zu lassen (und vermutlich ist es umgekehrt genauso). Aber ich gebe nicht auf. Ein wenig möchte ich das auch lernen, so zu kämpfen und meinem Trainingspartner zurufen können "Feel the Ippon!“, was ja auch Ristos Trainings-Motto ist. Also nix wie ab zum Weihnachtslehrgang nach Frankfurt. Schließlich sollte der Trainingseifer ja auch am Samstag Abend mit einer Weihnachtsfeier belohnt werden! Was mir nicht so bewusst war: Es handelte sich offensichtlich eher um einen Dojo-internen Kurs und so war mir diesmal wenigstens der "Pokal für die weiteste Anreise" gegönnt! Risto wusste es offensichtlich sehr zu schätzen, dass ich keine Kosten und Mühen gescheut hatte und mich, den drei Weisen aus dem Morgenlande ähnlich, auf den weiten Weg gemacht hatte, um dem Stern der Karate-Erleuchtung zu folgen. Aber statt der heiligen Familie im Stall erwartete mich hier Kumite mit Knall! Risto wollte mir wohl ein ganz besonderes - und vielleicht besonders finnisches? - Weihnachtsgeschenk bereiten: Ich durfte (wieder einmal) ständig nach vorne kommen und meine unzureichenden Karatetechniken demonstrieren, damit diese von allen Lehrgangsteilnehmern durchdiskutiert werden konnten. So nach der cirka zehnten Korrektur sank bei mir allmählich der Motivationsspiegel und ich konnte mich immer schlechter auf die eigentliche Übung konzentrieren, spürte ich doch ständig diesen wie einen finnischen Moskito stechenden Blick im Rücken! Statt der Hirten auf dem Felde hatte ich zum Glück meine unendlich geduldigen Trainingspartner, die mir immer wieder den Weg wiesen, damit ich zu meiner ganz besonderen Weihnachts-Bescherung finden konnte: Nach und nach reifte zumindest theoretisch die Kenntnis über das, "worauf es ankommt".
Wille, Geduld und Mühe, statt Weihrauch, Gold und Myrrhe
Das waren meine "Gaben", die ich den frisch gewonnenen Erkenntnissen opfern musste. Und was habe ich mitgenommen? Auf jeden Fall viele bunte Päckchen mit Hausaufgaben, die es nun im heimatlichen Dojo auszupacken gilt. Die vielen Trainings-Inspirationen konnte ich unmöglich alle innerhalb der drei Übungseinheiten verinnerlichen, auch wenn die beiden Lektionen am Samstag je zwei Stunden dauerten. Gewichtsverlagerung, Suri-Ashi, die "Zwei-Ippon-Theorie", das Nicht-Ausholen vor dem Gyaku-Tsuki, Schultern runter, Tsuki "mit dem Ellenbogen" schlagen, nicht nur mit der Faust, Abdruck aus dem hinteren Bein nicht vergessen usw., usw. Wie so viele der Beschenkten jedes Jahr aufs Neue die x-te Krawatte, das zig-ste Parfum zur Bescherung erhalten, so waren auch mir einige der "Geschenke" Ristos in der Vergangenheit schon einmal vermittelt worden. Aber manches nutzt sich mit der Zeit ab oder verbraucht sich und man kann diese Gaben ruhig einmal auffrischen, sei es auch nur mit dem "Ach-jaaaa"-Effekt.
"Umtausch ausgeschlossen!"
Das sollte sich bei Geschenken von selbst verstehen. Und normaler Weise soll man ja das, was man selber geschenkt bekam, nicht weiter geben. Nicht so aber in Ristos Dojo. Und zum Glück. Denn so konnte ich von dem reichen Erfahrungsschatz meiner "Hirten" profitieren, die ihre von Risto vermittelten Kenntnisse an mich weitergaben und für mich das weihnachtliche "Polarlicht" der Kata Hokkyokuko an den Himmel gezaubert haben.
Mondo unterm Mistelzweig
Auch wenn nur im symbolischen Sinne, denn mit dem traditionellen Grün war das Dojo nicht bestückt. Wohl aber mit Lichterketten, Kerzenschein und reichlich guter Laune. So ergaben sich bei der dem Lehrgang folgenden Weihnachtsfeier viele nette und interessante Gespräche. Es wurden Mail-Adressen ausgetauscht, Lappland-Aufenthalte geplant, Bücher diskutiert oder einfach nur gelacht und Spaß gehabt. Vielleicht war die Atmosphäre nicht ganz so besinnlich wie damals bei Maria und Josef im Stall dafür aber etwas lockerer und lustiger. Kurz bevor ich freundlicher Weise mit dem quasi Dojo-eigenen Taxi zu meiner Unterkunft gebracht wurde, verabschiedete ich mich von meinem Gastgeber und meinen "Hirten" und hoffte zumindest, dass ich an diesem weihnachtlichen Lehrgang nicht ausgerechnet der Esel im Stall gewesen bin.
Oss, Icky
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