Karate hat bekanntlich viele Seiten: Kihon, Kata, Kumite - es gibt schon reichlich zu tun, wenn allein diese drei Aspekte gelernt werden sollen. Kata ist "codiertes Karate", wie mein erster Sensei Jochen Glass mich einst aufklärte. Es ist klar, dass Kata nicht nur "schön" aussehen soll, sondern eben auch "Kampf" ist. Um zu verstehen, welche Bedeutungen die einzelnen Techniken haben, gibt es Kata Bunkai. Und dies war auch der Schwerpunkt dieses Lehrgangs von Sensei Jörg Gantert (3. Dan).
Die Kata Jitte hatte er sich ausgewählt - allein vom Ablauf her schon sicherlich nicht jedem der Lehrgangsteilnehmer vom Weißgurt bis zum hohen Danträger vertraut. Aber auch die Übungen hatten es in sich! Einige Bunkai-Übungen wurden "am Partner" praktiziert. Aber die eigentliche Besonderheit dieses Lehrgangs waren die Übungen mit Han-Bos. Man merkte gleich zu Beginn, dass der überwiegende Teil der Lehrgangsteilnehmer nicht mit dem Umgang dieser Stöcke vertraut war. Jedoch nahm Sensei Jörg sich ausreichend Zeit, um allen Teilnehmern mit viel Geduld die einzelnen Übungen zu erklären. Zunächst demonstrierte er uns die Kata-Anwendungen mit einem Partner. Anschließend ging Jörg durch die Halle und gab den Übenden Hinweise, falls die Durchführung noch zu verbessern war. Mir persönlich hat das Training mit den Han-Bos sehr viel Spaß gemacht. Hatte man erst einmal die Hemmschwelle überwunden, mit dem Stock auf den Partner "einzuschlagen" und wusste man, dass man auf die Effektivität der gegnerischen Abwehrtechniken vertrauen konnte, gab es (fast) kein Halten mehr! Die Übungen konnten gut nachvollzogen werden, so dass bald "ein Hauch von Hollywood" in der Hallenluft lag und die Kampfeslust in den Augen meiner Partner blitzte. Nach mehrmaligem Üben begannen einige erfahrene Karatekas dann auch eigenständig, die vorgegebene Übung zu variieren und bauten Fußfeger, Tsukis oder sonstige Abwandlungen ein. Gewöhnlich tue ich mich leider immer etwas schwer mit der Umsetzung von Übungen dieser Art. Aber Dank der guten Erklärungen von Jörg und Dank meiner rücksichtsvollen und verständnisvollen Partner "fluppten" die Abfolgen bald "wie geschmiert"! Lediglich die Übungsanteile, bei denen es darum ging, den Partner duch Verdrehen der Hand auf den Boden zu befördern, bedurften bei mir verstärkter "Nachhilfe". Ich wusste einfach nie spontan, wie ich die gegnerische Hand richtig packen und in welche Richtung ich sie verdrehen sollte! Viel zu lange musste ich jeweils überlegen - für den "Ernstfall" natürlich undenkbar! Wenn es dann aber mal funktionierte und sogar manch gestandenes Mannsbild plötzlich vor mir auf dem Boden lag, dann war mein innerlicher Triumph groß!
Bereits die Aufwärmübungen des Lehrgangs, der aus zwei Einheiten à 90 Minuten bestand, hatten es in sich: Zu Beginn war Reaktion und Ausweich-Flexibilität gefordert, als ein Partner versuchen sollte, den anderen mit dem Gürtel zu treffen. Hier habe ich mich schon mal tüchtig blamiert, als ich gegen einen, vor einigen Jahren dem Nationalkader angehörenden Schwarzgurt ganz schlecht aussah! Bei anderen Reaktionsübungen, wie z. B. zu Anfang der zweiten Einheit, befand ich mich nur allzu häufig auf den Fäusten im Liegestütz, weil ich nicht schnell genug ausgewichen war. Aber dennoch haben bereits diese Übungen viel Spaß gemacht.
Die Gis trieften bereits nach dem Warming-Up nicht nur wegen der angenehmen frühsommerlichen Außentemperaturen. Jörg forderte von uns ein hohes Maß an Ausdauer und Muskelkraft, da er uns unterschiedliche Bahnen der Kata ohne Pause wiederholt laufen ließ. So war es kein Wunder, dass die Konzentration und auch Kondition der meisten Teilnehmer schon kurz vor Ende der zweiten Einheit merklich nachließ. Ein Yame vor Ende des Lehrgangs wollte sich dennoch niemand erlauben. Viel zu interessant waren Jörgs Interpretationen der Kata.
So sind neben einigen blauen Flecken von der Bekanntschaft mit dem Han-Bo und einigen Prellungen vom Bodenkontakt viele Eindrücke geblieben, die wohl allen Lehrgangsteilnehmern helfen, die Kata Jitte demnächst in einem anderen Licht zu sehen und vor allem auch beim Katatraining nicht zu vergessen: Kata ist Kampf!
Oss, Icky
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