Montag, 24. September 2007

Selbstverteidigung mit aktuellem Hintergrund

Auf ausdrücklichen Wunsch einer Teilnehmerin des vorigen Karate-Anfängerkurses führten Thorsten Rabeneck (4. Dan Shotokan Karate) und ich einen Kurs zur Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen ab 14 Jahren durch. Dieser fand an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden je samstags und sonntags von 14 bis 16 Uhr statt. "Unglücklicher Weise" sollte ausgerechnet an diesen Tagen der in diesem Jahr sehnsüchtig vermisste Sommer ein bombastisches Gastspiel geben. Die Teilnehmerzahl bewegte sich zwischen 17 und 12 Personen. Bei schlechterem Wetter wären sicher einige mehr erschienen, zumal der Kurs ja für Vereinsmitglieder kostenlos war. Immerhin nahmen aber sieben Frauen und Mädchen teil, die zuvor noch nichts mit Kampfsport zu tun hatten.

Zu Beginn des Kurses wurden Schlagübungen an der Pratze durchgeführt, damit besonders die kampfsportunerfahrenen Frauen ein Gefühl der eigenen Kraft bekamen und lernten, die Hemmschwelle zu überwinden, feste irgendwo gegen zu schlagen. Diese Übungen wurden dann auch in jeder Einheit zum Aufwärmen wiederholt. Allmählich wurden die einfachen Basisschläge zu Schlag-Tritt-Kombinationen ausgebaut, bei denen die Kursteilnehmerinnen auch dazu angehalten wurden, die eigene Körperdeckung nicht zu vernachlässigen.

Als Tritttechniken lernten die Teilnehmerinnen seitliche Low-Kicks in das Kniegelenk des Angreifers und Frontal-Kicks oder Kniestöße in die Genitalien. Auch diese Tritte wurden ausgiebig an Pratzen geübt.

Ein wichtiger Trainingsaspekt war das Lösen von Griffen und aus Umklammerungen. Wichtig hierbei: die Übungen nicht zu komplex werden lassen, so dass jede Teilnehmerin am Kursende in der Lage ist, sich ohne groß zu überlegen, zu befreien. Oder: schnell Alternativen parat zu haben wie z. B. Schläge und Tritte mit freien Armen oder Beinen.

Zum Abschluss der Übungsreihe wurde dann das Befreien aus der Bodenlage geübt. Wenn es soweit kommt, ist die Situation schon sehr verfahren und problematisch. "Einen kühlen Kopf bewahren und nicht in Panik verfallen," riet Kursleiter Thorsten. Einfacher gesagt, als getan, dachte sich wohl die ein oder andere Kursteilnehmerin. Denn grade in der Vorwoche war es unweit des Dojos zu einem Überfall mit Vergewaltigung auf eine Inlineskaterin gekommen. So übten alle umso eifriger und es war wirklich erstaunlich, wie besonders auch die stets wiederholten Schläge und Tritte der Teilnehmerinnen ohne Vorkenntnisse immer bestimmter und kräftiger wurden!

Dass man bzw. frau sich auch ohne viel Kraft selbst verteidigen kann, zeigten die Übungen, bei denen es darum ging, vitale Schmerzpunkte zu treffen und/oder dem Gegner z. B. kurzfristig die Atmung zu unterbrechen. Ansonsten hieß es aber auch: "Nicht zimperlich sein!" So sollte frau sich an die Vorstellung gewöhnen, dem Angreifer ruhig den ein oder anderen Finger zu brechen oder ihm mit den Fingern in die Augen zu greifen.

Selbstverteidigung mit Waffen wurde nicht geübt, aber besprochen. So wies Thorsten Rabeneck darauf hin, dass das Mitführen von Tränengas, Schockgeräten oder Messern auch Nachteile habe, denn diese Waffen könnten entrissen und dann gegen einen selbst verwendet werden. Ungünstig auch, wenn sich z. B. die Spraydose mit dem Tränengas in der Handtasche befindet und nicht schnell parat ist. Eine trügerische Sicherheit!

Neben juristischen Aspekten ("Was passiert, wenn ich -als Kampfsportlerin- den Angreifer ernsthaft verletze?", "Wo hört die Notwehr auf und wird zum Gewaltdelikt?") wurden den Frauen und Mädchen auch ganz einfache und praktische Tipps mit auf den Weg gegeben: Nicht vor lauter Angst daheim bleiben. Aber: "Wenn ihr nachts z. B. mit dem Fahrrad unterwegs seid, fahrt möglichst mindestens zu zweit. Nehmt lieber den Umweg über stärker frequentierte Straßen als die Abkürzung durch den Wald. Und: weg mit mp3-Player und co! Wenn Ihr unterwegs Musik hört, seid Ihr wie taub und blind und jederzeit ein leichtes Opfer!"

So rundum mit handfesten Übungen, juristischem Hintergrund und praktischen Tipps versorgt, ließ man - pardon: frau - den letzten Übungstag noch auf der dojoeigenen Terrasse mit Kaffee und selbstgebackenem Kuchen ausklingen.

Fazit: SV-Kurs haut rein! Und: machen wir mal wieder. Vielleicht nächstes mal einen eintägigen Crash-Kurs und für externe "Wiederholerinnen" zum halben Preis oder so.

Andrea Haeusler
Pressereferentin
Shotokan-Karate-Dojo Münster e. V.
1. Dan

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