Freitag, 15. Februar 2008

Volleyball meets Selbstverteidigung

Der Selbstverteidigungskurs im vergangenen September war für unseren Verein recht erfolgreich, konnten wir doch auch einige externe Frauen und Mädchen für die Teilnahme gewinnen. So auch meine Kollegin Claudia, die mit Kampfsport sonst nichts am Hut hat. Sportlich ist sie aber - sehr sogar! So ist sie langjähriges Mitglied des Bundesliga Volleyballclubs USC Münster und ihr Mann ist dort derzeit der Co-Trainer. Schnell war sie der Meinung, der 1. Damen-Mannschaft des USC-Münster würde so ein Selbstverteidigungskurs sicher auch Spaß machen und eine Menge bringen. Ruck-zuck war auch der Kontakt zu Trainer Axel Büring geknüpft, es ging nur noch darum, ein spielfreies Wochenende zu finden, an dem auch SV-Trainer Thorsten Rabeneck (4. Dan Shotokan-Karate) und ich (als Partnerin und "Opfer") Zeit hatten. So konnten wir erst Anfang Februar den Plan in die Tat umsetzen.

Nach und nach trudelten die Mädels des USC ein und schnupperten wohl erstmals Dojoluft. Plötzlich fühlte ich mich mit meinen knappen 1,70 m ganz klein! Die Damen waren bis auf wenige Ausnahmen mindestens 1,80 m lang und blickten milde lächelnd auf mich herab. Erster "Kulturschock": Wir trainieren barfuß - das waren die sonst stets gut beschuhten Profisportlerfüße zunächst nicht gewohnt, aber Profi ist Profi und so passte man sich schnell an und das anfangs vielleicht ungewohnte Gefühl wurde rasch vergessen.

Thorsten stellte kurz das für die nächsten zwei mal zwei Stunden geplante Programm vor. Anschließend gab es eine kleine funktionsgymnastische Aufwärmphase und dann ging es an die ersten Fausttechniken, die wir als "Schattenboxen" noch zum Aufwärmen praktizierten. Schnell kristalisierte sich heraus, wer von den Volleyballerinnen nicht nur ein gutes Ballgefühl hatte, sondern auch ein Talent für Kampfsport. Ausgerechnet eine Spielerin, die von Größe und Statur eher mir glich als ihren Kolleginnen, hatte richtig "Pfeffer" im Blut und schien ordentlich Spaß zu haben. Bei anderen Teilnehmerinnen sah man zum Teil eher vorsichtige Ausführungen der Techniken, besonders, als wir nach dem Aufwärmen die Pratzen mit ins Spiel brachten. Bei einer Dame fielen mir lange, aufwändig gestaltete Fingernägel auf, mit denen ich weder Karate machen, noch Volleyballspielen könnte, vermutlich könnte ich mir damit nicht einmal die Schuhe zubinden!

Kampfgeist haben sie, die Mädels rund um Axel Büring, das weiß man, wenn man auch nur einmal eines ihrer Spiele beobachtet hat! Überwindung kostete nun aber der ungewohnte Körperkontakt bei den Partnerübungen. Volleyball, als kontaktlose Sportart bekannt, hat so gar nichts in dieser Richtung zu bieten und so war es nicht verwunderlich, dass die USC-Damen hier zunächst etwas zaghafter zur Sache gingen. Nach einigem Üben war aber auch hier das Eis gebrochen und schließlich warf sich die Creme de la Creme des Volleyball gegenseitig auf den Boden, stöhnte, ächzte und bat sich gegenseitig um Gnade!

Die Trainer Axel Büring und Uli Vetter, die eigentlich nur zum Zuschauen daneben standen, mussten zum Teil auch mal "ran" und die Pratze halten, wenn Thorsten Schläge und Tritte demonstrierte. Dass die Herren hierbei auch heftig durchgeschüttelt wurden, wurde von ihren Schützlingen natürlich süffisant grinsend zur Kenntnis genommen. Die Trainer beobachteten interessiert die Wandlung ihrer Mädels. Besonders wertvoll aus Trainerperspektive war wohl der abschließende Teil des Kurses, als Thorsten die Damen noch einmal das komplette Pratzen-und Befreiungs-Programm wiederholen ließ. Diesmal bat er um absolute Konzentration, wie wir es beim Kampfsport kennen. Das fiel den Spielerinnen zunächst gar nicht so einfach und so wurde zwischen den Techniken und wärhrend der Wartephasen, bis man selber wieder dran war, häufig getuschelt, gekichert, getrunken. Soweit auch ok, denn wir wollten ja nicht innerhalb weniger Stunden aus den Profi-Ligisten Karateka machen. Während der Technikkombinationen sollten sie sich aber unbedingt konzentrieren, nicht nach links schauen und nicht nach rechts, nicht kichern, quatschen, sondern einfach nur am Ball, pardon: am Mann bleiben. Es war vielleicht nicht einfach, aber es hat funktioniert und ich denke alle Teilnehmerinnen sind recht zufrieden und um eine Erfahrung reicher heim gefahren.

Auch für uns Trainer war der Umgang mit echten Sport-Profis eine tolle Erfahrung. Selbstverteidigung sollte kein Fremdwort sein, ob Teen-Ager, Hausfrau oder Spitzensportler.

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