Dienstag, 29. Juli 2008

Endlich wieder Karate!

Über einen Mangel an Bewegung kann ich mich diesen Sommer ja wahrlich nicht beklagen: der tolle und anspruchsvolle Wanderurlaub, fast jeden Tag im Freibad und bis 2 km Schwimmen - fit wie ein Turnschuh halt!

Mit Karate haben diese Aktivitäten allerdings nur am Rande zu tun (z. B. was die Ausdauer und einen gewissen Ehrgeiz/Kampfgeist angeht). Der erste Schritt ins Dojo nach dem Urlaub kostete dann doch wieder einiges an Überwindung. Bekam ich den Obi überhaupt noch richtig zugebunden?

Nun denn irgendwann plagte mich dann aber das bekannte schlechte Gewissen und ich fand einfach keine Ausrede mehr, die mich vor dem Dienstags-Training bei Sensei Michael abhalten konnte. Also ab ins Dojo mit dem vertrauten mulmigen Gefühl im Bauch.

Im Aufenthaltsraum sah ich dann meine potenziellen Trainingskollegen: alles Männer und alles Dan-Träger. Na prima, dann geht es ja gleich richtig in die Vollen, dachte ich mir - zumal es dienstags stets Randori zum Aufwärmen gibt. Das "geschickte" Aufstellen und dadurch möglicherweise Beeinflussen der "Partnerwahl" hatte sich als unwirksam erwiesen, da Trainer Thorsten sich mich direkt vorknüpfte. Heute also keine "Damenwahl" :-\ Nach der ersten lockeren Runde Randori bemerkte Thorsten, ich sei recht schnell geworden, aber käme nicht nah genug an meinen Gegner ran. Ja, leider. Mal herausfinden, woran das liegt .....

Da noch einige Karateka nach Trainingsbeginn hinzukamen, ergab sich für mich ein neuer Partner für die zweite und dritte Runde: Gast-Karateka und Nidan-Anwärter Manfred zeigte mir, wo die Glocken hingen! Vor allem die zweite Runde mit ihm (und die dritte insgesamt) schien einfach kein Ende zu nehmen! Allmählich gingen mir die Ideen aus und ich sehnte das "Yame" herbei. Endlich war es dann soweit und es stellte sich heraus, dass die Verlängerung unseres Randori auf die Verletzung eines Karateka zurückzuführen war: er hatte einen Riss an der Schläfe und die Wunde musste schnell im Krankenhaus genäht werden.

Als Sensei Michael das Training anschließend übernahm, ergab sich für mich ein neuer Trainingspartner. Erstmals hatte ich das Vergnügen, mit unserem recht stattlichen norwegischen Karateka Andreas trainieren zu können. Zunächst übte jeder für sich eine Schrittfolge: Abstoßen mit dem hinteren Bein und Vorgleiten mit Suri-Ashi, dann einen ganzen Schritt nach vorne mit Kizami, Oi-Tsuki oder Gyaku-Tsuki, später dann mit Fußtechniken. Anschließend übten wir zunächst diese Kombinationen mit Partner. Am Ende der Einheit gab es dann Jiju-Ippon-Kumite mit speziellen Ausweich- und Blocktechniken. Das machte sehr viel Spaß und hatte einen "Hauch von Hollywood" ;-))

Nach dem recht erschöpfenden und anspruchsvollen Randori zu Beginn der Einheit spürte ich die Energie durch meinen Körper fließen! Zumindest vor meinem inneren Auge war jeder Tsuki tödlich, jeder Geri eine Gefahr für meinen imaginären Gegner! So macht Karate Spaß - mit ein bischen "Musik" und Energie in der Luft!

Anschließend ging es noch zum Relaxen und für ein schönes Gespräch mit Sensei Michael in die Sauna.

Mir war klar, dass ich, um "ganz" anzukommen, auch ein Training bei Sensei Jörg Gantert absolvieren musste! Also begab ich mich am Donnerstag derselben Woche zu ihm ins Dojo. Nach einer herzlichen Begrüßung war es dann aber auch schon vorbei mit den Freundlichkeiten und ich staunte über eine unglaublich schlagkräftige Anja! Nie zuvor hab ich sie so energisch erlebt! Beim Gohon-Ippon-Kumite schenkten wir uns nichts und nur Fenster bzw. Spiegel konnten uns stoppen.

Als Kata hatte Sensei Jörg sich die Unsu ausgesucht - ein anspruchsvolles Stückchen Karate, und DAS ausgerechnet nach einer dreiwöchigen Pause! Kein Katatraining bei Jörg ohne Bunkai und diesmal hatte er ausgerechnet MICH als Sparringspartnerin ausgesucht - mir blieb auch wirklich NICHTS erspart! Die erste Kombination konnte ich erstaunlich gut bewältigen. Die verstärke Übung von Bunkai-Kombinationen läßt mich doch allmählich etwas "verständiger" werden, was diesen Trainingsbereich angeht. Block von Kizami mit der linken Hand, dann greifen und verdrehen des Partnerarms. Anschließend Hiza-Geri und Mae-Geri auf den Oberschenkels des Partners, um schließlich mit einem Ren-Tsuki zu enden. Das klappte recht gut, obgleich ich im Zweikampf mit dem Sensei allen Mut und Kampfgeist zusammennehmen musste! Die zweite Bunkaiübung fiel mir dann wesentlich schwerer, obwohl sie koordinativ gar nicht so komplex war: In einer Art Liegestütz auf dem Boden warten, bis der Gegner mit Tsuki zum Kopf angreift, dann mit dem linken Arm blocken und mit dem rechten von unten kommen und den Arm des Gegners fassen und zur Seite bewegen - zweiter Angriff durch Tori und Vorbewegung mit gleichzeitiger Blockbewegung. Es fällt mir schon schwer, diese Bewegung zu beschreiben - die Ausführung gelang mir noch schlechter! Selbst der Sensei verlor einen kurzen Augenblick lang seinen konzentrierten Gesichtsausdruck und konnte sich ein Schmergeln bei dem Anblick meiner ungeschickten Techniken nicht verkneifen. Ich zwang mich aber, nicht bei der schlechten, vergangenen Technik zu verweilen und nicht zu verzweifeln, sondern positiv denkend den nächsten Versuch zu wagen und es dann vielleicht besser zu machen.

Am nächsten Tag bekam ich spontan noch Besuch von Jörg und wir philosophierten in meiner Mittagspause noch ausgiebig über Karate und das Leben. Diese Momente lassen mich dann jeden eventuellen Trainingsfrust vergessen :-)

Heute Nachmittag setze ich mich in den Zug nach Hannover zum Gasshuku, wo ich meine Vereinskameraden und andere Karatefreunde treffe, um eine schöne Rest-Karate-Woche zu haben....

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