Sonntag, 12. Januar 2014

Kraft-, Koordinations- und Konditionstraining für Kinder und Jugendliche

Krafttraining für Kinder und Jugendliche ist sinnvoll und wichtig - sollte aber m. E. im Regelfall aber anders ausgeführt werden, als bei Erwachsenen.

Statt Kniebeugen, Situps, Liegestütze etc. in endlosen Wiederholungsschleifen durchzuziehen, wie es im Training mit Erwachsenen üblich ist, können besser Bewegungsabläufe gewählt werden, die bei Kindern eher an der Tagesordnung sind. Oder das Krafttraining wird in kleine Geschichten verpackt.

I. Beispiel Krafttraining 4 bis 6-jährige: 

Haushaltsgeräte spielen  Die Kinder laufen kreuz und quer durch den Raum. Auf Kommando von Trainerin oder Trainer werden folgende Übungen ausgeführt:
1. Bügelbrett: in den Unterarmstütz gehen und halten
2. Mixer: schnell auf der Stelle drehen
3. heiße Herdplatte: auf der Stelle wiederholt schnell hochspringen und "heiß, heiß, heiß" rufen (ok, hier spielen die Kinder nicht das Haushaltsgerät, sondern tun so, als stünden sie auf der heißen Herdplatte, aber das hat bisher noch kein Kind gestört :-) )
4. Stehlampe: Die Kinder stellen sich stocksteif in den Raum und halten die Arme und Hände über dem Kopf wie einen Lampenschirm. Bei Bedarf kann ergänzt werden: Licht an = Zunge rausstrecken und Augen zukneifen - das finden die Kids immer total witzig :-)
5. Tisch oder Bank: In den Vierfüßlerstand gehen und halten
6. Rührschüssel (Pendant zum Mixer): auf den Rücken legen, Arme und Beine gestreckt zur Decke halten, möglichst noch Schultern und Kopf anheben
7. Stuhl: mit gebeugten Knien so hinstellen, als würde man auf einem unsichtbaren Stuhl sitzen
8. Nudelholz: seitlich auf den Boden legen und hin und her rollen
9. Wäschespinne: wie eine Spinne "rückwärts" auf alle viere, Trainer/in kann "Wäschestücke aufhängen"
Die Geräteauswahl ist absolut beliebig und kann frei ergänzt oder geändert werden, hier sind der Fantasie der Trainerin/des Trainers keine Grenzen gesetzt!


Um die Wette (auch gutes Konditionstraining)
Absolut erschöpfend sind alle Wettläufe:
- auf allen Vieren durch die Halle (entweder mit dem Rücken zur Decke zeigend oder auch mit dem Bauch zur Decke zeigend)
- eher bei älteren Kindern, da auch von der Koordination anspruchsvoll: seitlich durch die Halle krabbeln - hierbei Hände und Füße überkreuz setzen
- seitlich durch die Halle rollen (Trainer/in muss Zusammenstöße vermeiden, die Kinder verlieren hier gelegentlich die Orientierung in der Halle!)
- durch die Halle robben
- Medizinball-Staffel: In (zwei) Gruppen aufstellen. Jede Gruppe bekommt einen Medizinball. In einer Entfernung von ca. 10 Metern wird eine Markierung platziert (z. B. eine Handpratze ausgelegt). Das erste Kind einer Gruppe rollt den Medizinball jetzt über den Boden und zwar so, dass er einmal um die Markierung herumgeführt wird und wieder zur Gruppe zurück. Dann den Ball an das nächste Kind übergeben - zu Beachten ist, dass die Hände der Kinder immer nah am Ball bleiben, damit der Ball nicht unkontrolliert durch die Halle rollt.
- Pratzen-Staffel: In (zwei) Gruppen aufstellen. Jede Gruppe bekommt z. B. eine Handpratze. Das erste Kind läuft mit der Pratze in der Hand einmal am Hallenrand entlang um die ganze Halle (zur Orientierung und damit nicht "abgekürzt" wird, kann man Markierungen (z. B. weitere Handpratzen) an vier Ecken auf dem Hallenboden platzieren, um die die Kinder zwingend außen herum laufen müssen). Die Pratze wird dem nächsten Kind übergeben, dass dann auch wieder los läuft. Die andere Gruppe läuft anders herum. Darauf achten, dass es keine Zusammenstöße gibt! Die Gruppe, die als erstes durch ist, hat gewonnen.

Durch den Tunnel robben
Die Kinder stehen in einer Reihe und beugen dann den Oberkörper vorne herunter, so dass sie mit den Händen den Boden berühren. Zwischen Händen und Beinen soll genug Platz bleiben, damit andere Kinder hindurch krabbeln oder robben können. Ein Kind krabbelt/robbt jetzt unter den anderen hindurch und stellt sich außen neben das letzte Kind, verlängert dort den Tunnel. Dann kommt das nächste Kind. Man kann entweder immer warten, bis ein Kind ganz hindurch gekommen ist oder schon bei ausreichendem Abstand zum "Vordermann" das nächste Kind folgen lassen. Je größer die Abstände zwischen den Kindern sind, desto anstrengender ist die Übung für die "Tunnelkinder", da es richtig anstrengend ist, so lange in der gebeugten Position zu bleiben.



II. Beispiel Konditions- und Koordinationstraining für 4 bis 6-jährige:

Fangenspielen mit Karateständen: 
Die meisten Kinder spielen gerne Fangen. Hier bietet es sich an, das Fangenspielen mit dem Üben von Karateständen zu verbinden. Statt der japanischen Namen können hier deutsche Übersetzungen wie "Vorwärtsstellung", "Reiterstellung" und Rückwärtsstellung" gewählt werden. Es sollten ausschließlich Stände sein, bei denen die Beine eine Art Brücke bilden. Es gibt einen Fänger, der bis zum Wechsel durch Trainerin oder Trainer in dieser Rolle bleibt. Sobald der Fänger ein anderes Kind abschlägt, nimmt das gefangene Kind eine Karatestellung ein. Es kann dadurch befreit werden, dass ein anderes, noch nicht gefangenes Kind, durch die geöffneten Beine krabbelt. Trainerin und Trainer müssen hier ggf. die laufenden Kinder auf die zu befreienden aufmerksam machen, da die kleinen Kinder häufig so sehr mit dem Laufen beschäftigt sind, dass sie die anderen Kinder nur begrenzt wahrnehmen.

Alternativ: Sanitäterfangen
Das klappt erstaunlicher Weise schon mit kleinen Kindern! Trainerin und Trainer müssen ggf. etwas mehr unterstützen, als beim regulären Fangenspiel.
Beim Sanitäterfangen gibt es einen oder mehrere festgelegte Fänger. Wenn diese ein anderes Kind berühren, fällt das gefangene Kind zu Boden und muss ins "Krankenhaus". Das Krankenhaus ist ein vorher definierter Ort in der Halle, z. B. eine bestimmte Matte oder eine feste Stelle am Hallenrand. Da das Kind "verletzt" ist, kann es nicht alleine ins Krankenhaus, sondern muss von zwei anderen Kindern dorthin gebracht werden. Hier muss aufgepasst werden, dass sich die Kinder beim Transport nicht wirklich verletzen, also, dass die zu tragenden Kinder nicht achtlos über den Boden geschleift oder fallen gelassen werden und dass sich die Träger nicht verheben. Trainerin und Trainer müssen hier ggf. unterstützend eingreifen, Ratschläge zum "Transport" geben oder mit Hand anlegen.

Koordinationsleiter
Ich habe in einem Kurs einen Jungen, der aus nicht erklärbaren Gründen nicht gerne Fangen spielt. Hier bietet sich das Konditionstraining mit der Koordinationsleiter an: Leiter auslegen und Kinder in verschiedenen Bewegungsarten über die Leiter laufen lassen - auf ausreichenden Abstand zwischen den Kindern achten - ggf. mit dem Unterarm am Anfang der Leiter eine Art "Schranke" bilden, die erst hochklappt und das nächste Kind durchlässt, wenn das voranlaufende Kind ausreichend weit weg ist. Die verschiedenen Schrittarten sind für die ganz kleinen Kinder noch sehr schwierig umzusetzen! Hier muss trotzdem viel gelobt werden und die Kinder sollten auch langsamer durch die Leiter gehen dürfen, um die Aufgabe richtig erfüllen zu können. Die "Sprossen" der Leiter werden auch gerne als "Feuerstreifen" angesehen, so dass sich ein Kind die "Füße verbrennt", wenn es auf eine Sprosse tritt.
Koordinationsleiter kann natürlich auch super bei den Jugendlichen eingesetzt werden! Je einfacher die Schrittvorgabe ist, desto höher der Konditions- und geringer der Koordinationsanteil der Übung.

Koordinationsübung zur Vorbereitung auf das Partnertraining
Kleine Kinder können sich meist noch nicht gut auf andere Kinder einstellen. Karate-Partnertraining ist hier darum sehr schwierig. Es fehlen häufig Respekt und Rücksichtsnahme voreinander und es wird (speziell unter Jungs) gerne versucht, den anderen ein bisschen zu "piesacken" ;-) Daher mache ich kein direktes Partnertraining, wie wir es sonst im Shotokan-Karate kennen. Eine schöne Vorübung ist allerdings das "Pferdchenspiel", da es ein gewisses Einfühlungsvermögen und Rücksichtsnahme fördert. Hierzu sucht sich jedes Kind ein anderes als Partner/in - am besten möglichst gleich groß und stark, wichtiger ist m. E. aber, dass sich die Kinder gut leiden können. Ein Kind legt den Obi ab, denn dieser wird als Zügel benötigt und dem anderen Kind um den Bauch gelegt. Wichtig: Die Kinder unbedingt darauf hinweisen, dass der Obi NIEMALS um den Hals gelegt werden darf! Ein Kind hat also jetzt den Zügel um den Bauch gelegt und das andere hält beide Enden in der Hand. Die Kinder sollen sich jetzt in verschiedenen Gangarten durch die Halle bewegen: Schritt, Trab und Gallopp. Hierbei sollen sie aufpassen, dass immer genug Zug auf dem Zügel ist und dieser nicht herunterrutscht. Und natürlich sollen sie den "Verkehr" im Auge behalten und nicht mit den anderen "Gespannen" zusammenstoßen. Nach einer Weile wechseln Reiter und Pferd die Rollen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Kinder dieses Spiel lieben :-)


III. Beispiel Krafttraining für Jugendliche
Je älter die Jugendlichen sind, desto eher sehen sie schon den Sinn des Krafttrainings und sind auch mit Vielfachwiederholungen wie im Erwachsenentraining zu begeistern. Allerdings macht es vermutlich mehr Spaß, wenn auch bei ihnen das Krafttraining in eine kleine Geschichte verpackt wird. Hier ein Beispiel (Krafttraining am Ende einer Karatestunde):
Die Kinder sollen sich mit dem Rücken auf den Boden legen und auf den Unterarmen abstützen - ausruhen. Puh, erstmal ausruhen! Sie sollen sich vorstellen, sie lägen am Strand. Jetzt kommt die Flut und eine Welle schwappt an den Liegeplatz, so dass die Kinder ihr Gesäß vom Boden hochheben (und halten!) sollen.
Als nächstes sollen die Kinder gucken, wer da noch so am Strand liegt. Hierzu drehen sich alle erstmal auf die rechte Körperseite. Oh, wieder eine Welle! Die Kinder sollen das Gesäß seitlich hoch heben (seitlicher Unterarmstütz). Ah! Da ist ja eine Freundin/ein Freund! Einmal mit dem oberen Arm winken! Damit der Freund / die Freundin uns besser sieht, heben wir auch noch das gestreckte Bein hoch. Dasselbe dann zur anderen Seite.
Dann wieder auf den Boden setzen, Unterarme aufstützen und - am Strand kann ja die Zeit auch mal lang werden....alle Bücher sind durchgelesen, der Akku vom Handy ist leer, da könnten wir mal aus Langeweile Buchstaben in die Luft malen: Beine werden gestreckt angehoben und dann kann mit den Fußspitzen in der Luft das ganze Alphabet gemalt werden (das ist gaaaanz schön lang!!! ;-) ) Die Übung kann man auch mit den ganz kleinen Kindern versuchen, dann aber Formen wie Kreis und Dreieck in die Luft malen, da die meisten noch nicht (lesen und) schreiben können.
Schließlich können wir noch schwimmen gehen! Alle legen sich auf den Bauch, Fußballen auf dem Boden aufstützen, Knie anheben, Gesäß angespannt und Gesicht mit der Nase Richtung Boden (dann ist die Wirbelsäule grade). Die Arme vor dem Kopf zusammen führen und dann mit den Armen Bewegungen wie beim Brustschwimmen ausführen.

Super geeignet sind im Jugendtraining natürlich auch auch alle Art von Rauf- und Rangelübungen. Im Kleinkindertraining ist hier meiner Einschätzung nach das Verletzungsrisiko zu groß.

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