Mit Wehmut betraten wir zum letzten Mal das Honbu-Dojo. Heute hatten wir erneut im "Parkett-Dojo" Training, also nicht ganz oben unterm Dach, in dem Raum, welcher mit Tatami ausgelegt ist, sondern in der Etage darunter. Das hat schon ein spezielles Flair, auf diesem auf Hochglanz polierten Boden zu stehen! Die Gruppe war schon merklich geschrumpft, was daran gelegen haben kann, dass einige schon abreisen mussten (Tobias, z. B.) und vielleicht hatte der ein oder andere bei der Party am Vorabend auch zu tief ins Glas geschaut ;-)
Chubachi Sensei leitete das Training und er führte auch selbst das Aufwärmen durch. Deutlich merkte man ihm an, dass er an einer Verletzung am rechten Knie laborierte! Auch Chubachi Sensei ließ uns mit Kizami-Tsuki / Gyaku-Tsuki starten! Und zwar in mehreren Sätzen und beidseitig, so dass wir ganz schnell sehr warm wurden!
Anschließend gab es weiter Basics: vor stehen im ZK mit Gy Ts, dann Tate Shuto Uke und den hinteren Fuß zum Standbein ranziehen (oder leicht dran vorbei) und nicht absetzen bzw. "ohne Gewicht" mit zeitgleichem Tsuki. Hierbei war darauf zu achten, dass die Körperhaltung aufrecht blieb, das Niveau (Höhe) gehalten wurde und die Hüfte, ja, die Hüfte, die musste mit nach vorne - und das war für mich der Knackpunkt! Hui, war das schwer! Anschließend dasselbe Bein wieder hinten mit Gy Ts absetzen. Hierbei auf die korrekt eingedrehte Hüfte achten. Auch diese Übung in mehreren Sätzen, beidseitig - und die Betriebstemperatur näherte sich dem Siedepunkt! Als sei das noch nicht genug gewesen, das Ganze jetzt mit Partner/in! Der Partner hält das vordere Knie fest und achtet darauf, dass der Winkel gleich bleibt, sich das Knie nicht verändert. Am linken Knie war das für mich die Hölle und Torsten spürte auch jeden Knirscher im Gelenk in seinen Händen! Rechts war es dann anstrengend, aber machbar.
Durch diese Vorübung erlangten wir eine Idee davon, welche Festigkeit wir im Kihon, Kumite und in der Kata an den Tag legen sollten. Anschließend ging es dann auch direkt weiter mit Kumite, und zwar Kihon-Ippon-Kumite mit Jodan und Chudan Tsuki, "migi" und "hidari". Wir trainierten mit vielen Partnerwechseln und steigender Intensität.
Chubachi Sensei erklärte wieder einmal das Geheimnis vom "Belasten und Benutzen", das wir ja alle schon von Risto Sensei kennen. Aber auch andere Kumite-Prinzipien wurden gefestigt, die wir von unserem hoch geschätzten finnischen Sensei kennen - so z. B. auch die Forderung, mit dem vorderen Fuß nicht vor dem vor dem vorderen Fuß des anderen zu stoppen, sondern zu versuchen, mit dem Fuß zwischen die Beine des anderen zu gelangen und dadurch richtig "Druck" zu machen! Das war dann in den Partnerübungen sehr schwer umzusetzen, weil viele vor dem ersten Angriff eine zu große Distanz wählten! Wenn ich dann angreifen wollte und die für mich passende Distanz wählte, wichen die meisten mit großen Augen zwei Schritte zurück, so dass ich mich wieder neu ausrichten musste.
Was mich überrascht hatte, war die Zaghaftigkeit, mit der hier beim Spring Camp trainiert wird. Ich hatte in der Trainingsgruppe 3. und 4. Dan ehrlich gesagt mit einem kontrollierten Kontakt von Tori und Uke gerechnet! So trainieren wir ja auch zu Hause! Aber den meisten meiner Trainingspartner scheint alles, was über das Touchieren der Gi-Oberfläche hinaus geht, schon zu hart zu sein! So wurde ich nach einem - in meinen Augen kontrollierten - chudan Kontakt von einem Japaner mit der Ermahnung "No contact! No contact!" zurecht gewiesen. Ich frage mich ernsthaft, wie man grade die heute vermittelten Prinzipien von Druck und Körperspannung vollkommen ohne Kontakt trainieren soll!
Nach dem Training machten wir uns frisch und gingen zusammen mit unserer Karate-Freundin Sai auf Tour: Ziel war Kamakura, ein Ort etwa 50 km südlich von Tokio und mit einigem Aufwand in rund eineinhalb Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Dort liegt unter anderem der Engakuji Tempel, in dem sich die Gedenktafel Funakoshi Gichins befindet. Vorher waren wir noch bei dem großen Daibuzi, der zweitgrößten Buddha-Statue Japans (die größte steht in Nara) aus dem Jahr 1252! Hier wurde ich unvermittelt angestupst und vernahm meinen Namen. Als ich mich umdrehte, blickte ich in das lachende Gesicht von Jan aus Freiburg, der zufällig mit ein paar Leuten aus seinem Dojo ebenfalls grade dort war! Wir machten natürlich erst einmal ein Erinnerungsfoto :-)
Die Engakuji Tempelanlage war so weitläufig, dass wir sicher zwei Stunden dort verbrachten und sicher zu den letzten Besuchern gehörten! Es war einfach wunder-wunderschön dort! Die Anlage ist noch in Betrieb, so dass wir gegen 18 Uhr einige Mönche zum Gebet eilen sahen!
Erst gegen 19.30 Uhr waren wir zurück im Hotel und gingen dann noch im Tokyo Dome Areal etwas essen. Hier war der Bär los - wie auch schon am Vormittag. Vormittags hatten wir zunächst eine riesen Schlange am Eingang zum Baseballstadium gesehen. Mittags, bei unserem Kafffee-Snack-Päuschen, waren viele Animé-Fans zu sehen und jetzt am Abend, war alles in der Hand der weiblichen japanischen Jugend! Hintergrund war wohl ein Auftritt einer japanischen Boy-Band, Johnnys genannt.
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