Am nächster Tag besuchten wir zunächst den Naminoue Gu Schrein, direkt an Nahas einzigem Stadt-Strand (nicht besonders schön und direkt an einer Autobahnbrücke) und frühstückten im Nieselregen vor einem Family Mart. Dann ging es zum Asato Dojo - wir waren insgesamt nur 6 Trainierende zuzüglich Trainer: James und Josh aus England bzw. USA, ein Holländer, eine Okinawanerin, Torsten und ich. Trainer Andy Sloane ist ein auf Okinawa stationierter US Amerikaner (Pennsylvania).
Das Seminar sollte drei Stunden dauern. Die ersten beiden Einheiten bestanden aus Kihon im Isshinryu Stil. Hierbei gab es einige Besonderheiten im Vergleich zu unserem Shotokan-Stil:
- Ungewohnte Fausthaltung (tate-tsuki, dabei den Daumen nicht außen vor die eingerollten Finger legen, sondern oben auflegen, so dass die Kuppe des Daumens gegen das mittlere Glied des eingerollten Zeigefingers drückt. Hierdurch soll die Faust stabiler werden. In der Tat erhöhte sich dadurch die Spannung in der Daumengegend. Meine Fäuste hatten jedoch, um die Spannung auszugleichen, dann die Tendenz, nicht mehr grade - als Verlängerung des Unterarms - zu verlaufen, sondern knickten zur Rückseite des Oberarms hin ab!
- Bei den Blocktechniken fehlte die letzte Drehung, was für mich zum Teil Sinn machte, da ein Block mit der Elle eine große Verletzungsgefahr birgt (besonders beim gedan barei). So übten wir dann uchi uke, age uke und gedan barei mit "Blockfläche" Oberseite des Unterarms.
- Eine mae geri Variante wurde mit den Zehen getreten, indem man den zweiten Zeh über den großen Zeh legen sollte. Der Sensei trat dann ähnlich wie mae geri kekomi, nur dass die Trefferflächen die Zehen waren und von oben nach unten getreten werden sollte (Ziel möglichst Genitalien).
In den ersten 50 Minuten trainierten wir speziell den Oberkörper - jeweils mit zehn Schritten vorwärts. Tachi waza war eine Art hangetsu dachi, allerdings etwas breiter (Fußinnenseiten sollten so breit auseinander stehen wie die Außenseiten der Schultern). Vorgehen wie im hangetsu dachi (Füße halbkreisförmig nach vorne bewegen). Es wurden 15 genau festgelegte Techniken bzw. Technikfolgen - tsuki oder auch Blocktechniken und Konter bzw. Mehrfachfauststöße - ausgeführt. Das Kihon-Programm scheint im Isshin Ryu einem beinahe rituellem Muster zu folgen.
Im zweiten Trainingsdrittel gab es keri waza - bekannte Tritte wie mae geri, yoko geri keage und den schon oben beschriebenen Tritt mit den Zehen.
Zwischen Einheit zwei und drei gab es kote kitae - Abhärten des Körpers durch spezielle Drill-Übungen: Ein Partner führt choku tsuki aus, der andere schlägt mit shuto uke auf den ausgestreckten Unterarm - wenn man Pech hatte, wurde ein Nerv getroffen und die Lust auf die Übung ließ schlagartig nach! Die nächste Variante war choku tsuki, der mit uchi uke spiegelgleich geblockt wurde, der andere Arm ging überkreuz und griff den tsuki Arm, leitete ihn zur anderen Seite ab und der Block-Arm konterte.
Schließlich gab es noch die Kata Kusanku - eine Vor-Form unserer Kanku Dai https://www.youtube.com/watch?v=v-p4W803EpA Ich konnte erstaunlich leicht folgen und wir liefen die Kata etappenweise und mehrfach wiederholend durch. Auch hier ein paar Besonderheiten: Zu Beginn der Kata ein Nach-Vorne-Beugen, bei dem man in den Gegner quasi hineinfällt. An zwei Stellen wurde mit dem hinteren Fuß auf den Boden gestampft, es sollte wohl ein kakato keri sein (mit der Ferse auftreffen) aber der Sensei hob nur die Ferse an und stieß sie wieder zu Boden. Die Kata hat zwei Kiai - allerdings absichtlich VOR einer Technik (in dem verlinkten Video scheint das anders zu sein)- um den Gegner zu verwirren.
Sensei Andy hatte einen sehr auffälligen Aufnäher auf seinem Dogi - eine Frauengestalt, die mit einem Drachen im Wasser ringt.
Insgesamt war es ein sehr interessanter Nachmittag mit einem Karatestil, der nur noch von einer sehr kleinen Gruppe praktiziert wird. Gerne hätte ich auch noch die Kobudo-Seite des Stils kennen gelernt. Vielleicht beim nächsten Mal.
(enthält 330 Euro Weiterbezahlung Urlaub) |
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