Gestern konnte ich mich dann doch wieder zum regulären Oberstufentraining aufraffen. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte gekniffen, nach dem Motto: Lohnt doch eh nicht mehr in diesem Jahr, dann wieder Feiertag und Wochenende und dann ist ja sowieso eine Woche Risto ab dem 5.1.....WAAAAS? Eine Woche Risto??? Ohje - und ich weiß kaum noch, wie der Obi zu knoten ist!!! Also Tasche gepackt und bei frostigen Temperaturen tapfer mit dem Radel durch die Stadt zum Dojo. Dort war erstaunlich viel los und zu meiner großen Freude war sogar Beatrix aus dem fernen Hamburg da! Sie fehlt mir ja total - als Trainerin und als Trainingspartnerin! Jetzt hatte ich sie zwar nicht als Partnerin - aber man spornt sich glaub ich auch durch bloße Anwesenheit an.
Das Aufwärmtraining gabs von Jürgen. Also kein Randori, ich war ganz froh! Statt dessen munteres Hin- und Herlaufen in der Kampffläche und leichtes Touchieren der übrigen Karatekas beim Vorbeilaufen. Schön und gut - aber nach fünf Minuten ging wohl nicht nur mir die Puste allmählich aus! Dann etwas Stretching und schon übernahm Sensei Micha das Zepter, der überraschend früh eintraf. Selbstverständlich forderte er uns jetzt erst Recht heraus mit neuen Aufwärmübungen und Schmackazien! Ich versuchte, meine Kräfte einzuteilen und ärgerte mich gleichzeitig, weil ich nicht bis an meine Grenze gehen konnte (sollte). Dann gab es einen bunten Mix aus Kihon mit Halbfreikampfelementen (mit Suri-Ashis und freieren Bewegungen als im klassischen Kihon) und Partnerübungen. Mein Partner Karim schien die Sache leider wieder einmal nicht ganz so ernst zu nehmen. Aber das war mir diesmal fast ganz Recht, so war meine schlechte Form keine Gefahr für uns beide.
Neben den unzähligen Übungsanweisungen ließ Micha uns auch immer wieder wissen, wie wichtig es ist, Karate "ganz und gar" zu betreiben, also nicht "auf Sparflamme". Da fühlte ich mich dann natürlich prompt erwischt und gab bei der nächsten Kihon-Bahn wieder tatsächlich alles.
Die abschließende Sauna war dann die schöne Belohnung für das verausgabende Training! Jetzt fühle ich mich zwar nicht grade fit für die Intensiv-Woche in Frankfurt zumindest ist aber der Kampfgeist wieder geweckt und der Wille, alles, was mir möglich ist, zu geben!
OOOOSSSSSS!
Mittwoch, 31. Dezember 2008
Sonntag, 28. Dezember 2008
Den Anfängergeist bewahren
Als Betreiber einer traditionellen Kampfkunst sollte man sich ja immer den Anfängergeist bewahren. Allerdings ist dieses Gebot wohl nicht so gemeint, wie es sich für mich derzeit praktisch offenbart: Ich hatte seit einigen Wochen immer wieder gesundheits- oder familienbedingte Auszeiten, so dass ich ständig das Gefühl habe, mit dem Training wieder von vorne zu beginnen!
Nun denn, die Adventszeit und Weihnachten waren wieder gespickt mit Nicht-Karate-Terminen: Vorbereitung der Kommunionkinder (darunter Tochter Johanna) zum Krippenspiel (ausgerechnet durch mich!) und die Reise nach Rom mit Sohn Felix - dann noch der ein oder andere Infekt, der permanent im Wege stand. An Weihnachten dann Bescherung, Besuch, Eishalle (mit Unterarmfraktur bei Johanna) und einen kranken Ehemann daheim. Kurzum: Seit dem Lehrgang von Sensei Schulze (bei dem ich auch vorher nicht regelmäßig im Dojo stand!) hatte ich einfach kein Karate mehr gemacht!
Heute war dann endlich mal so ein richtig schöner Gammeltag. Zwar standen so lästige Dinge wie Wäsche und Haushalt auf dem Programm, aber das läuft ja beides nicht weg. Also nachmittags die Sachen gepackt und wenigstens für ein Stündchen ins Dojo, bevor der Sohn vom Übernachtungsbesuch bei einem Freund abgeholt werden wollte.
Das ist schon ganz schön hart, im Dojo zu stehen, ganz alleine mit dem inneren Schweinehund! Die Sauna lockt dann auch schon ohne trainiert zu haben! Aber nein, jetzt heißt es erst Recht, diszipliniert zu sein! Also als erstes mal die neue ACDC eingelegt und in die Halle gestellt! Zu Beginn etwas Krafttraining und dann alle bekannten Katas einmal durchgelaufen. Oh, bei der ein oder anderen stellte sich direkt schon ein kleiner Kampfgeist ein! Zum Abschluss gabs dann noch etwas Makiwaratraining dann war die Stunde auch schon um.
Schnell in die Sauna, geduscht und wieder ab zur Familie. Vielleicht schaffe ich es ja morgen und Dienstag noch ins Training!
Nun denn, die Adventszeit und Weihnachten waren wieder gespickt mit Nicht-Karate-Terminen: Vorbereitung der Kommunionkinder (darunter Tochter Johanna) zum Krippenspiel (ausgerechnet durch mich!) und die Reise nach Rom mit Sohn Felix - dann noch der ein oder andere Infekt, der permanent im Wege stand. An Weihnachten dann Bescherung, Besuch, Eishalle (mit Unterarmfraktur bei Johanna) und einen kranken Ehemann daheim. Kurzum: Seit dem Lehrgang von Sensei Schulze (bei dem ich auch vorher nicht regelmäßig im Dojo stand!) hatte ich einfach kein Karate mehr gemacht!
Heute war dann endlich mal so ein richtig schöner Gammeltag. Zwar standen so lästige Dinge wie Wäsche und Haushalt auf dem Programm, aber das läuft ja beides nicht weg. Also nachmittags die Sachen gepackt und wenigstens für ein Stündchen ins Dojo, bevor der Sohn vom Übernachtungsbesuch bei einem Freund abgeholt werden wollte.
Das ist schon ganz schön hart, im Dojo zu stehen, ganz alleine mit dem inneren Schweinehund! Die Sauna lockt dann auch schon ohne trainiert zu haben! Aber nein, jetzt heißt es erst Recht, diszipliniert zu sein! Also als erstes mal die neue ACDC eingelegt und in die Halle gestellt! Zu Beginn etwas Krafttraining und dann alle bekannten Katas einmal durchgelaufen. Oh, bei der ein oder anderen stellte sich direkt schon ein kleiner Kampfgeist ein! Zum Abschluss gabs dann noch etwas Makiwaratraining dann war die Stunde auch schon um.
Schnell in die Sauna, geduscht und wieder ab zur Familie. Vielleicht schaffe ich es ja morgen und Dienstag noch ins Training!
Samstag, 27. Dezember 2008
Montag, 15. Dezember 2008
Rom 2008
Als mein Sohn Felix sich in der Schule noch mit Latein herumgeplagt hatte, nahm ich mir vor, ihm zu zeigen, dass dies mal eine lebendige Sprache war - und plante eine Reise nach Rom mit ihm. Intensiv suchte ich nach einer bezahlbaren Variante - war nix mit Flug für 29 Euro! Unter rund 170 Euro pro Person (Flug!!!) lief nichts und dafür hatte man noch nicht mal eine Bleibe oder etwas zu Essen!
Dann fand ich doch noch einen günstigen Anbieter, der uns für knapp 400 Euro ein viertägige Reise unter dem Motto "Weihnachtsshopping" bot. Also werden wir am kommenden Donnerstag Mann und Mädchen allein zu Hause lassen und die italienische Hauptstadt besuchen.
Einen besonderen Kick gibt es derzeit noch: Haben sich die Regenfälle und daraus resultierenden Überschwemmungen bis dahin gelegt?
Dann fand ich doch noch einen günstigen Anbieter, der uns für knapp 400 Euro ein viertägige Reise unter dem Motto "Weihnachtsshopping" bot. Also werden wir am kommenden Donnerstag Mann und Mädchen allein zu Hause lassen und die italienische Hauptstadt besuchen.
Einen besonderen Kick gibt es derzeit noch: Haben sich die Regenfälle und daraus resultierenden Überschwemmungen bis dahin gelegt?
Mittwoch, 10. Dezember 2008
Kids, Kantine und Karate
Vorgestern habe ich für mich eine wichtige Entscheidung getroffen: Ich werde mein Studium der Rechtswissenschaften bei der Fernuni Hagen wieder auf Eis legen! So schwer mir dieser Entschluss auch gefallen ist - es ist wohl besser drei Sachen mit voller Konzentration zu betreiben, als vier und die jeweils nur oberflächlich und mit geteilter Aufmerksamkeit.
In vorderster Front stehen derzeit meine Kinder, die ich - mit wechselndem Erfolg - bei der Bewältigung ihrer Schullaufbahn zu unterstützen versuche. Da hat sich doch einiges getan seit dem Ende meiner Schulzeit. Und die verkürzte Oberstufe tut ihr übriges. Man sollte meinen, dass dies ja im Prinzip nur das Kind betrifft, welches grade auf dem Gymnasium ist. Weit gefehlt! Bereits in der Grundschule werden die Grundlagen für mehr Vollgas auf dem Gymi gelegt. Und auch die Realschule (vermutlich auch die Hauptschule) muss sich ja anpassen, damit unser Schulsystem ach so durchlässig bleibt (wie das dann "in echt" fuktinonieren soll, ist mir allerdings schleierhaft, wenn ich die Unterschiede zwischen Realschule und Gymi sehe....).
Daneben gibt es noch meinen Job, der mir viel Spaß macht. Hier hatte sich ja im Laufe der letzten dreieinhalb Jahre ein Wechsel ergeben, so dass ich weg bin von der jura-nahen Sachbearbeitung (Schadensachbearbeitung, Regressteam) und jetzt vertriebsorientiert in der Verkaufsförderung arbeite. Jura ist zwar auch hier nicht ganz am Thema vorbei, direkten Kontakt hat man aber seltener (eventuell in Projektgruppen wie zum Umweltschadensgesetz).
Der wohl wichtigste Grund, die Weiterführung des Studiums in die fernere Zukunft zu verschieben, ist, dass ich während des Studiums das Karatetraining einschränken müsste. Und ich kann mir ehrlich gesagt im Moment nichts schrecklicheres vorstellen, als auf Karate verzichten zu müssen. Karate ist mir eine echte Bereicherung, ist viel mehr als Ausgleichssport. Die Zeit beim Karatetraining gehört zu den wenigen Phasen am Tag (oder ist es die einzige Phase?), während der ich weit weg bin vom Alltag, während der kein Platz ist für Gedanken und Probleme. Es ist eine Zeit, in der man ganz auf sich und den Körper, die Bewegungsabläufe und Trainingskommandos konzentriert ist - und sich doch bis zur totalen Erschöpfung bewegen darf (nichts ist für mich schlimmer, als z. B. bei einem Autogenen Training reglos auf einer Matte liegen und mich "entspannen" zu müssen). Karate ist eben Moving Zen, wie auch Buchautor C. W. Nicol schon feststellte. Karate im Kumite ist außer vielleicht dem Tanzen die einzige nonverbale, physische Kommunikation mit einem fremden Körper ohne Sex zu haben. Karate ist die Vitaminpille, die mein Immun- und Selbstwertgefühl stärkt. Karate ist Inspiration. Karate ist die Kraftquelle des Alltags, an der ich meinen Akku aufladen kann.
Studieren kann ich noch, wenn ich alt und grau bin. Aber kann ich dann noch zufriedenstellend Karate trainieren? Vielleicht. Jedes Alter hat sein Karate. Aber dann bin ich ja im Ruhestand und die Kinder sind aus dem Haus .... ;-)
In vorderster Front stehen derzeit meine Kinder, die ich - mit wechselndem Erfolg - bei der Bewältigung ihrer Schullaufbahn zu unterstützen versuche. Da hat sich doch einiges getan seit dem Ende meiner Schulzeit. Und die verkürzte Oberstufe tut ihr übriges. Man sollte meinen, dass dies ja im Prinzip nur das Kind betrifft, welches grade auf dem Gymnasium ist. Weit gefehlt! Bereits in der Grundschule werden die Grundlagen für mehr Vollgas auf dem Gymi gelegt. Und auch die Realschule (vermutlich auch die Hauptschule) muss sich ja anpassen, damit unser Schulsystem ach so durchlässig bleibt (wie das dann "in echt" fuktinonieren soll, ist mir allerdings schleierhaft, wenn ich die Unterschiede zwischen Realschule und Gymi sehe....).
Daneben gibt es noch meinen Job, der mir viel Spaß macht. Hier hatte sich ja im Laufe der letzten dreieinhalb Jahre ein Wechsel ergeben, so dass ich weg bin von der jura-nahen Sachbearbeitung (Schadensachbearbeitung, Regressteam) und jetzt vertriebsorientiert in der Verkaufsförderung arbeite. Jura ist zwar auch hier nicht ganz am Thema vorbei, direkten Kontakt hat man aber seltener (eventuell in Projektgruppen wie zum Umweltschadensgesetz).
Der wohl wichtigste Grund, die Weiterführung des Studiums in die fernere Zukunft zu verschieben, ist, dass ich während des Studiums das Karatetraining einschränken müsste. Und ich kann mir ehrlich gesagt im Moment nichts schrecklicheres vorstellen, als auf Karate verzichten zu müssen. Karate ist mir eine echte Bereicherung, ist viel mehr als Ausgleichssport. Die Zeit beim Karatetraining gehört zu den wenigen Phasen am Tag (oder ist es die einzige Phase?), während der ich weit weg bin vom Alltag, während der kein Platz ist für Gedanken und Probleme. Es ist eine Zeit, in der man ganz auf sich und den Körper, die Bewegungsabläufe und Trainingskommandos konzentriert ist - und sich doch bis zur totalen Erschöpfung bewegen darf (nichts ist für mich schlimmer, als z. B. bei einem Autogenen Training reglos auf einer Matte liegen und mich "entspannen" zu müssen). Karate ist eben Moving Zen, wie auch Buchautor C. W. Nicol schon feststellte. Karate im Kumite ist außer vielleicht dem Tanzen die einzige nonverbale, physische Kommunikation mit einem fremden Körper ohne Sex zu haben. Karate ist die Vitaminpille, die mein Immun- und Selbstwertgefühl stärkt. Karate ist Inspiration. Karate ist die Kraftquelle des Alltags, an der ich meinen Akku aufladen kann.
Studieren kann ich noch, wenn ich alt und grau bin. Aber kann ich dann noch zufriedenstellend Karate trainieren? Vielleicht. Jedes Alter hat sein Karate. Aber dann bin ich ja im Ruhestand und die Kinder sind aus dem Haus .... ;-)
Sonntag, 7. Dezember 2008
In the Dojo - A Guide to the Rituals and Etiquette of the Japanese
Autor: Dave Lowry
Gelesen und kommentiert von Dr. Volker Tschannerl (2. Dan Shotokan-Karate)
Es gibt Fragen, die kann, muß man sich aber als Mitglied eines Karate-Vereines nicht
stellen:
„Weshalb stehen die höheren Grade zumeist rechts des Eingangs? Gibt es einen
Zusammenhang zwischen der Dojo-Architektur und dem Daoismus? Weshalb ist der
Karate-Gi weiß? Muß ich mich verbeugen? Gibt es ein japanisches Pendant zum
„Wintertraining“, Kangeiko, wenn es im Sommer stattfindet? Wie soll ich ein
lebenslanges Training meistern?“ Usw. usf.
Wollen wir Antworten, so brauchen wir einen Fachmann, der nicht nur selbst Budoka
ist, sondern sich noch dazu in der japanischen Sprache und Kultur sehr gut auskennt.
Und dann sollte er auch noch einigermaßen verständlich schreiben können. Eine
schwere Herausforderung. Who´s that guy?
Dave Lowry ist ein im anglo-amerikanischen Raum sehr bekannter Budoka, von Haus
aus Kendoka, der in zahlreichen Fachzeitschriften viele Beiträge zu verschiedenen
Kampfkünsten und anderen Exotika Japans veröffentlicht hat. Hinzu kommen u. a. eine
Autobiographie, die in der Hauptsache seine langen Aufenthalte in Japan behandelt,
und ein Sushi-Führer für den Besucher Nippons. Will heißen, der Mann kennt sich aus
und blickt über so manchen Tellerrand.
Das macht auch das zu besprechende Buch aus. Es ist kein Technik-Lehrbuch, kein
Lebensratgeber, keine Lebenslegende. Dafür sind die Themen umso spannender und so
weitgefächert, daß jeder Budoka und Japan-Interessierte etwas mitnehmen kann:
DAS DOJO
„Das Zentrum, das Herz des Dojo ist das „Embu-Jo“, der tatsächliche Trainingsraum, der „Jo“, in dem der „Krieger“ (bu) „agiert“ (em). Hier wird weder gesprochen, noch
theoretisiert.“ (28)
BESUCHER (O-Kyaku-San)
„Window-shoppers passen gut zu einem Autohändler oder einem Juwelier. In einem
Dojo haben sie meistens nichts zu suchen und sie merken das gewöhnlich auch recht
schnell selbst.“ (32)
DIE UNIFORM (Keikogi)
„Das Tragen eines Keikogi ist sichtbares Zeichen dafür, daß man etwas Besonderes tut.“ (60)
DER HAKAMA
Japanisches Sprichwort: „Kae nai, karare nai, tatame nai“: „Kann´s mir nicht leisten,
kann´s nicht tragen, kann´s nicht falten.“ (78)
WAFFEN (Buki)
„Werden in einem Dojo Waffen öffentlich abgelegt so erinnern sie uns daran, daß jede
Kampfkunst des Budo tödlich sein kann.“ (93f)
DER SHINTO-SCHREIN (Kamidana)
„Letztlich betrachtet das Shinto das Leben als „Fluß“ – nagare (96). Der Budoka lebt im Dojo neben einem großen Fluß. Er kann darin ganz eintauchen, daraus fischen, oder
sich immer wieder auf das Ufer zurückziehen. (99) Egal welcher Religion: Der Budoka
hat in seinem Training an der Strömung Anteil.“ (112)
KONTEMPLATION (Mokuso)
„Moku“ heißt „zum Schweigen bringen“, „So“ heißt „Denken“. „Man kann das als
„Meditation“ verstehen. Besser ist vielleicht: „Ein Moment des Übergangs“. (113) „Wenn wir diese Momente dazu nutzen, die Übergänge des Lebens zu akzeptieren und sie zu leben, dann sind sie nicht umsonst.“ (115)
VERBEUGUNG (Ojirei)
„Bewege Dich nicht spastisch. Neige Deinen Oberkörper so sanft als möglich ... Mach
eine kurze Pause und strecke ihn wieder mit derselben Langsamkeit. Nacken und
Wirbelsäule sollten eine Linie bilden. … Um sich voreinander zu verbeugen sollte immer die rechte Distanz herrschen. Man kann sich korrekt verbeugen und doch die andere Person im Visier behalten. Im Stehen sollte man sich soweit von seinem Gegenüber befinden, daß man sich korrekt verbeugen und dennoch immer dessen Füße sehen kann.“ (121 ff.)
DIE BUDO-SPRACHE (Heigo)
„Ausdrücke der `Militärsprache´ sind nicht Teil des umgangssprachlichen Vokabulars
des durchschnittlichen Japaners. Heigo ist eine japanische Sondersprache mit eigenen
Regeln und Anwendungsbereichen. Benutze sie nur in diesem Zusammenhang“ (135 ff.)
SENSEI
„Glück und Schicksal haben es ihm ermöglicht, ein gewisses Maß an technischem
Können und den Willen, dies zu verbreiten, zu vereinen. … Er ist kein Coach, keine
Vaterfigur, kein Orakel, kein allwissender Heiliger oder gar unbesiegbar. (138ff) … Er ist den Budo-Weg ein wenig – oder vielleicht auch viel – weiter gegangen und
zurückgekehrt, um Schüler zu unterrichten. Da er denselben Pfad noch einmal, aber
nicht zum ersten Male geht, um andere zu führen, sieht er eine andere Reise vor sich,
(24) oder er betrachtet sie zumindest mit anderen Augen. Sensei und Deshi lernen in diesem Prozess gegenseitig voneinander.“ (158f)
GELD (Okane)
„Das Geld wird dann zu einem Problem und zu einer Befleckung, wenn es in einem Dojo
an die erste Stelle rückt – anstatt der Förderung und Perfektionierung des Budo.“ (162)
DER SCHÜLER (Deshi)
„Ein Deshi ist nicht nur ein neuer Schüler. Er ist jemand, der Teil einer Familie werden möchte. Ein neuer, in diesem Sinne junger Deshi ist im Japanischen auch ein
Shoshinsha: ,Eine Person mit dem Anfängergeist´. Ein weiser Schüler bleibt sein Leben
lang ein Shoshinsha. (163) Ein weiterer Ausdruck für den Deshi ist Monjin: ,Eine Person,die an der Eingangspforte steht.´ (164) … In dem Augenblick, in dem man einem Dojo beitritt, befindet man sich in einer hierarchischen Struktur. Diejenigen, die vorher beitraten, sind Sempais, diejenigen, die später beitraten, Kohais. (168)
DAS DOJO-JAHR
„Jedes Dojo hat seine regelmäßigen, alljährlichen Trainingszyklen und auch Feiern.
Versuche, an möglichst vielen teilzunehmen.“ (187)
Der Ton von D. L. ist – wie immer – knapp, präzise und nicht selten von Ironie begleitet. Das macht auch die Übersetzungen so schwierig. Die Kapitel sind durchweg äußerst informativ und hier wird mit so manchen westlichen Idealisierungen aufgeräumt. Dabei bleibt der Autor immer „traditionell“ oder „konservativ“. Er sucht nach rationalen, zumeist kulturellen und historischen Erklärungen. Er findet das rechte Maß, um zwischen der Andersartigkeit fernöstlicher Weltsicht und dem westlichen Bedürfnis nach Erklärung zu vermitteln. Zudem ist D. L. eigenwillig und spekulativ. So manches Statement soll wohl bewusst provozieren und man kann sich darüber trefflich streiten. Hier wird der Leser aufgefordert, mitzudenken und sich mit sich selbst und seiner „Kampfkunst“ kritisch auseinanderzusetzen.
Meiner Meinung nach sollte dieses kleine Büchlein in keiner Budo-Bibliothek fehlen. Es ist eine kurze, aber nicht leichtgewichtige Einführung in die Welt japanischer
Kriegskünste und Weltsicht.
Herzlichen Dank, Volker, für die Rezension und die Erlaubnis, diesen Text in meinem Blog zu veröffentlichen!
Gelesen und kommentiert von Dr. Volker Tschannerl (2. Dan Shotokan-Karate)
Es gibt Fragen, die kann, muß man sich aber als Mitglied eines Karate-Vereines nicht
stellen:
„Weshalb stehen die höheren Grade zumeist rechts des Eingangs? Gibt es einen
Zusammenhang zwischen der Dojo-Architektur und dem Daoismus? Weshalb ist der
Karate-Gi weiß? Muß ich mich verbeugen? Gibt es ein japanisches Pendant zum
„Wintertraining“, Kangeiko, wenn es im Sommer stattfindet? Wie soll ich ein
lebenslanges Training meistern?“ Usw. usf.
Wollen wir Antworten, so brauchen wir einen Fachmann, der nicht nur selbst Budoka
ist, sondern sich noch dazu in der japanischen Sprache und Kultur sehr gut auskennt.
Und dann sollte er auch noch einigermaßen verständlich schreiben können. Eine
schwere Herausforderung. Who´s that guy?
Dave Lowry ist ein im anglo-amerikanischen Raum sehr bekannter Budoka, von Haus
aus Kendoka, der in zahlreichen Fachzeitschriften viele Beiträge zu verschiedenen
Kampfkünsten und anderen Exotika Japans veröffentlicht hat. Hinzu kommen u. a. eine
Autobiographie, die in der Hauptsache seine langen Aufenthalte in Japan behandelt,
und ein Sushi-Führer für den Besucher Nippons. Will heißen, der Mann kennt sich aus
und blickt über so manchen Tellerrand.
Das macht auch das zu besprechende Buch aus. Es ist kein Technik-Lehrbuch, kein
Lebensratgeber, keine Lebenslegende. Dafür sind die Themen umso spannender und so
weitgefächert, daß jeder Budoka und Japan-Interessierte etwas mitnehmen kann:
DAS DOJO
„Das Zentrum, das Herz des Dojo ist das „Embu-Jo“, der tatsächliche Trainingsraum, der „Jo“, in dem der „Krieger“ (bu) „agiert“ (em). Hier wird weder gesprochen, noch
theoretisiert.“ (28)
BESUCHER (O-Kyaku-San)
„Window-shoppers passen gut zu einem Autohändler oder einem Juwelier. In einem
Dojo haben sie meistens nichts zu suchen und sie merken das gewöhnlich auch recht
schnell selbst.“ (32)
DIE UNIFORM (Keikogi)
„Das Tragen eines Keikogi ist sichtbares Zeichen dafür, daß man etwas Besonderes tut.“ (60)
DER HAKAMA
Japanisches Sprichwort: „Kae nai, karare nai, tatame nai“: „Kann´s mir nicht leisten,
kann´s nicht tragen, kann´s nicht falten.“ (78)
WAFFEN (Buki)
„Werden in einem Dojo Waffen öffentlich abgelegt so erinnern sie uns daran, daß jede
Kampfkunst des Budo tödlich sein kann.“ (93f)
DER SHINTO-SCHREIN (Kamidana)
„Letztlich betrachtet das Shinto das Leben als „Fluß“ – nagare (96). Der Budoka lebt im Dojo neben einem großen Fluß. Er kann darin ganz eintauchen, daraus fischen, oder
sich immer wieder auf das Ufer zurückziehen. (99) Egal welcher Religion: Der Budoka
hat in seinem Training an der Strömung Anteil.“ (112)
KONTEMPLATION (Mokuso)
„Moku“ heißt „zum Schweigen bringen“, „So“ heißt „Denken“. „Man kann das als
„Meditation“ verstehen. Besser ist vielleicht: „Ein Moment des Übergangs“. (113) „Wenn wir diese Momente dazu nutzen, die Übergänge des Lebens zu akzeptieren und sie zu leben, dann sind sie nicht umsonst.“ (115)
VERBEUGUNG (Ojirei)
„Bewege Dich nicht spastisch. Neige Deinen Oberkörper so sanft als möglich ... Mach
eine kurze Pause und strecke ihn wieder mit derselben Langsamkeit. Nacken und
Wirbelsäule sollten eine Linie bilden. … Um sich voreinander zu verbeugen sollte immer die rechte Distanz herrschen. Man kann sich korrekt verbeugen und doch die andere Person im Visier behalten. Im Stehen sollte man sich soweit von seinem Gegenüber befinden, daß man sich korrekt verbeugen und dennoch immer dessen Füße sehen kann.“ (121 ff.)
DIE BUDO-SPRACHE (Heigo)
„Ausdrücke der `Militärsprache´ sind nicht Teil des umgangssprachlichen Vokabulars
des durchschnittlichen Japaners. Heigo ist eine japanische Sondersprache mit eigenen
Regeln und Anwendungsbereichen. Benutze sie nur in diesem Zusammenhang“ (135 ff.)
SENSEI
„Glück und Schicksal haben es ihm ermöglicht, ein gewisses Maß an technischem
Können und den Willen, dies zu verbreiten, zu vereinen. … Er ist kein Coach, keine
Vaterfigur, kein Orakel, kein allwissender Heiliger oder gar unbesiegbar. (138ff) … Er ist den Budo-Weg ein wenig – oder vielleicht auch viel – weiter gegangen und
zurückgekehrt, um Schüler zu unterrichten. Da er denselben Pfad noch einmal, aber
nicht zum ersten Male geht, um andere zu führen, sieht er eine andere Reise vor sich,
(24) oder er betrachtet sie zumindest mit anderen Augen. Sensei und Deshi lernen in diesem Prozess gegenseitig voneinander.“ (158f)
GELD (Okane)
„Das Geld wird dann zu einem Problem und zu einer Befleckung, wenn es in einem Dojo
an die erste Stelle rückt – anstatt der Förderung und Perfektionierung des Budo.“ (162)
DER SCHÜLER (Deshi)
„Ein Deshi ist nicht nur ein neuer Schüler. Er ist jemand, der Teil einer Familie werden möchte. Ein neuer, in diesem Sinne junger Deshi ist im Japanischen auch ein
Shoshinsha: ,Eine Person mit dem Anfängergeist´. Ein weiser Schüler bleibt sein Leben
lang ein Shoshinsha. (163) Ein weiterer Ausdruck für den Deshi ist Monjin: ,Eine Person,die an der Eingangspforte steht.´ (164) … In dem Augenblick, in dem man einem Dojo beitritt, befindet man sich in einer hierarchischen Struktur. Diejenigen, die vorher beitraten, sind Sempais, diejenigen, die später beitraten, Kohais. (168)
DAS DOJO-JAHR
„Jedes Dojo hat seine regelmäßigen, alljährlichen Trainingszyklen und auch Feiern.
Versuche, an möglichst vielen teilzunehmen.“ (187)
Der Ton von D. L. ist – wie immer – knapp, präzise und nicht selten von Ironie begleitet. Das macht auch die Übersetzungen so schwierig. Die Kapitel sind durchweg äußerst informativ und hier wird mit so manchen westlichen Idealisierungen aufgeräumt. Dabei bleibt der Autor immer „traditionell“ oder „konservativ“. Er sucht nach rationalen, zumeist kulturellen und historischen Erklärungen. Er findet das rechte Maß, um zwischen der Andersartigkeit fernöstlicher Weltsicht und dem westlichen Bedürfnis nach Erklärung zu vermitteln. Zudem ist D. L. eigenwillig und spekulativ. So manches Statement soll wohl bewusst provozieren und man kann sich darüber trefflich streiten. Hier wird der Leser aufgefordert, mitzudenken und sich mit sich selbst und seiner „Kampfkunst“ kritisch auseinanderzusetzen.
Meiner Meinung nach sollte dieses kleine Büchlein in keiner Budo-Bibliothek fehlen. Es ist eine kurze, aber nicht leichtgewichtige Einführung in die Welt japanischer
Kriegskünste und Weltsicht.
Herzlichen Dank, Volker, für die Rezension und die Erlaubnis, diesen Text in meinem Blog zu veröffentlichen!
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